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Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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achten.
    »Oben!«
    Ich wirbelte herum, zielte und feuerte im selben Augenblick, hörte, wie das Gewehr nach einer Salve leer war und sah den zweiten Gleiter seine Raketen eine Sekunde abfeuern, bevor er sich in tausend Trümmer verbogenen Metalls und zerfetzten Fleisches verwandelte. Ich ließ Johnny auf das Pflaster fallen, warf mich auf ihn und versuchte, die freiliegenden Körperstellen mit meinem Körper zu decken.
    Die Raketen detonierten gleichzeitig, mehrere in der Luft, aber mindestens zwei schlugen ein. Johnny und ich wurden in die Luft gewirbelt und mindestens fünfzehn oder zwanzig Meter den wankenden Fußweg entlanggeschleudert. Ein Glück. Der Fußgängerstreifen aus Legierung und Stahlbeton, wo wir noch vor einer Sekunde gewesen waren, brannte, schlug Blasen, hing durch und stürzte dann auf die brennende Passage weiter unten. So war ein natürlicher Graben entstanden, eine Kluft zwischen dem Großteil der Bodentruppen und uns.
    Ich stand auf, legte das nutzlose Minigewehr samt Gurt ab, streifte die nutzlosen Fetzen meiner Rüstung ab und hob Johnny mit beiden Armen. Sein Helm war zerschossen worden und sein Gesicht sah übel zugerichtet aus. Blut quoll aus mehreren Rissen in der Rüstung. Sein rechter Arm und der linke Fuß waren völlig weggerissen worden. Ich drehte mich um und trug ihn die Treppe des Shrike-Tempels empor.
    Mittlerweile erfüllten Sirenengeheul und Polizeigleiter den Luftraum über dem Concourse. Die Goondas auf den oberen Etagen und auf der anderen Seite des eingebrochenen Gehwegs rannten in Deckung. Zwei des Kommandos, das mit Liftpacks gesprungen war, folgten mir im Laufschritt die Treppe hinauf. Ich drehte mich nicht um. Ich mußte bei jedem Schritt mein steifes und nutzloses Bein heben. Ich wußte, ich hatte schwere Verbrennungen am Rücken und den Flanken, und darüber hinaus noch überall Schrapnellsplitter.
    Die Gleiter kreisten und gingen in Tiefflug, mieden aber die Tempeltreppe. Gewehrfeuer ratterte durch die Mall. Ich hörte metallische Schritte hinter mir, die rasch aufholten. Ich schleppte mich drei Stufen weiter. Zwanzig Stufen weiter oben, unglaublich weit entfernt, stand der Bischof inmitten von hundert Priestern des Tempels.
    Ich ging noch eine Stufe hoch, dann betrachtete ich Johnny. Er hatte ein Auge offen und sah mich an. Das andere war von Blut und geschwollenem Gewebe verklebt. »Alles wird gut«, flüsterte ich und stellte zum ersten Mal fest, daß auch mein eigener Helm fort war. »Alles wird gut. Wir sind fast da.« Ich bewerkstelligte noch einen Schritt.
    Die beiden Männer in strahlenden Gefechtsrüstungen versperrten mir den Weg. Beide hatten von Deflektornarben gezeichnete Visiere hochgeklappt, ihre Gesichter waren grimmig.
    »Leg ihn hin, du Fotze, dann lassen wir dich vielleicht leben.«
    Ich nickte erschöpft und war zu müde, noch eine Stufe hochzugehen oder etwas anderes zu machen als nur dazustehen und ihn in beiden Armen zu halten. Johnnys Blut tropfte auf weißen Stein.
    »Ich habe gesagt, leg den Drecksack hin, dann ...«
    Ich erschoß sie beide, einen ins linke, den anderen ins rechte Auge, ohne Dads Automatik zu heben, die ich unter Johnnys Körper trug.
    Sie polterten an mir vorbei hinunter. Ich schaffte noch eine Stufe. Und noch eine. Ich ruhte ein wenig aus und hob dann den Fuß auf die nächste.
    Oben auf der Treppe wich die Gruppe roter und schwarzer Talare auseinander. Das Tor war sehr hoch und sehr dunkel. Ich drehte mich nicht um, hörte aber anhand des Lärms hinter mir, daß die Menge auf dem Concourse gewaltig sein mußte. Der Bischof ging an meiner Seite, als ich durch das Tor ins Halbdunkel trat.
    Ich legte Johnny auf den kühlen Boden. Talare raschelten um uns herum. Ich streifte meine Rüstung ab, wo ich konnte, dann kümmerte ich mich um die von Johnny. Sie war an mehreren Stellen mit dem Fleisch verschmolzen. Ich berührte seine verbrannte Wange mit meiner unversehrten Hand. »Es tut mir leid ...«
    Johnny drehte den Kopf ein wenig und schlug ein Auge auf. Er hob die rohe linke Hand und berührte meine Wange, mein Haar, den Hinterkopf. »Fanny ...«
    Da spürte ich, wie er starb. Und ich spürte auch den Sog, als seine Hand den Neuralstecker fand, die weißglühende Hitze des Stroms zur Schrön-Schleife, als alles, das Johnny Keats jemals war oder sein würde, in mich hineinexplodierte; es war beinahe, beinahe wie sein Orgasmus in mir vor zwei Nächten, das Strömen und Pulsieren, die plötzliche Wärme und Ruhe danach, und

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