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Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Hirngespinsten heimgesucht – einmal, er würde etwas Kaltes und Glitschiges in der Dunkelheit berühren, und zweitens, er könnte in den Raum stolpern, wo er wiedergeboren war, und dort seinen noch wie im Grab verwesenden Leichnam sehen. Duré schrie, aber der Schrei ging im tornadoartigen Dröhnen seines eigenen Pulses unter, als die Gezeiten der Zeit mit unverhohlener Wucht wieder einsetzten.
    Der Schlafsaal war dunkel, jene schreckliche Dunkelheit, die aus dem völligen Fehlen von Licht besteht, aber Durés Augen paßten sich an, und er stellte fest, daß der Möbiuskubus selbst schwach leuchtete und die Anzeigen blinkten.
    Er stolperte durch den unordentlichen Raum, packte die Box und hob das schwere Ding mit einem plötzlichen Adrenalinstoß hoch. Die zusammenfassenden Bandaufzeichnungen des Konsuls hatten diesen Gegenstand erwähnt – Masteens geheimnisvolles Gepäckstück während der Pilgerfahrt –, ebenso die Tatsache, daß sich möglicherweise ein Erg darin befand, eine der außerirdischen Kraftfeldkreaturen, die benützt wurden, die Raumschiffe der Tempelritter anzutreiben. Duré hatte keine Ahnung, weshalb der Erg jetzt so wichtig war, aber er drückte das Kästchen an die Brust, während er den Korridor zurückstolperte, hinaus, die Stufen hinunter und tiefer ins Tal.
    »Hier!« rief der Konsul vom ersten Höhlengrab am Ansatz der Felswand. »Hier ist es besser.«
    Duré stolperte den Pfad hinauf und ließ vor Verwirrung und plötzlicher Erschöpfung fast den Kubus fallen; der Konsul half ihm die letzten dreißig Schritte in das Grab.
    Drinnen war es besser. Duré konnte das Auf und Ab der Zeitgezeiten unmittelbar vor dem Höhleneingang spüren, aber weit hinten in der Höhle, wo Leuchtkugeln mit ihrem kalten Licht komplexe Schnitzereien enthüllten, war es fast normal.
    Der Priester brach neben Sol Weintraub zusammen und stellte den Möbiuskubus neben die stumme, aber aufmerksame Gestalt von Het Masteen.
    »Er ist gerade wach geworden, als Sie gekommen sind«, flüsterte Sol. Die Augen des Babies waren im spärlichen Licht sehr groß und sehr dunkel.
    Der Konsul ließ sich neben den Tempelritter sinken. »Warum brauchen wir den Kubus? Masteen, warum brauchen wir ihn?«
    Het Masteens Blick wankte nicht; er blinzelte nicht. »Unser Verbündeter«, flüsterte er. »Unser einziger Verbündeter gegen den Herrn der Schmerzen.« Den Silben haftete der eigenwillige Dialekt der Tempelritterwelt an.
    »Wie ist er unser Verbündeter?« wollte Sol wissen und packte das Gewand des Mannes mit beiden Fäusten. »Wie können wir ihn einsetzen? Wann?«
    Der Blick des Tempelritters war auf etwas in unendlicher Ferne gerichtet. »Wir buhlten um die Ehre«, flüsterte er mit heiserer Stimme. »Die Wahre Stimme der Sequoia Sempervirens war der erste, der mit dem rekonstruierten Keats-Cybrid Verbindung aufgenommen hat ... aber mir wurde die Ehre von Muirs Erleuchtung zuteil. Die Yggdrasil, meine Yggdrasil wurde als Buße für unsere Sünden gegen den Muir geopfert.« Der Tempelritter machte die Augen zu. Das verhaltene Lächeln wirkte in seinem grimmigen Gesicht unpassend.
    Der Konsul sah Duré und Sol an. »Der klingt mehr nach der Terminologie des Shrike-Kults als nach dem Dogma der Tempelritter.«
    »Vielleicht ist es beides«, flüsterte Duré. »In der Geschichte der Theologie hat es schon seltsamere Bündnisse gegeben.«
    Sol legte dem Tempelritter eine Hand auf die Stirn. Der große Mann brannte vor Fieber. Sol kramte in ihrem einzigen Medsack nach einem Schmerzmittel oder Fieberpflaster. Als er eines fand, zögerte er. »Ich weiß nicht, ob Tempelritter der Standardmednorm entsprechen. Ich möchte nicht, daß er an den Folgen einer Allergie stirbt.«
    Der Konsul nahm das Fieberpflaster und befestigte es am dünnen Oberarm des Tempelritters. »Sie entsprechen der Norm.« Er beugte sich näher hin. »Masteen, was ist auf dem Windwagen geschehen?«
    Die Augen des Tempelritters öffneten sich, blieben aber verschwommen. »Windwagen?«
    »Ich verstehe nicht«, flüsterte Pater Duré.
    Sol nahm ihn beiseite. »Masteen hat seine Geschiehte nicht während der Pilgerfahrt erzählt«, flüsterte er. »Er verschwand in unserer ersten Nacht auf dem Windwagen. Blut blieb zurück – jede Menge Blut –, ebenso das Gepäck und der Möbiuskubus. Aber kein Masteen.«
    »Was ist auf dem Windwagen passiert?« wiederholte der Konsul nochmals. Er schüttelte den Tempelritter sachte, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. »Denken Sie

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