Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion
Freundes nach Firstsite geflogen.
Der Konsul nickte. »Sie gehörte Mike Osho, Großvater Merins Freund. Siri hat sie in ihrem Mausoleum gelassen, damit Merin sie finden konnte. Er hat sie mir gegeben, als ich noch ein Kind war – kurz vor der Schlacht im Archipel, wo er und der Traum von der Freiheit gestorben sind.«
Sol strich mit einer Hand über den jahrhundertealten Gegenstand. »Zu schade, daß sie hier nicht funktionieren kann.«
Der Konsul blickte auf. »Warum nicht?«
»Hyperions Magnetfeld liegt unter der kritischen Schwelle für EM-Vehikel«, sagte Sol. »Darum gibt es hier Zeppeline und Gleiter statt EMVs, und darum war die Benares keine Schwebebarke mehr.« Er verstummte, da er sich albern dabei vorkam, das einem Mann zu erklären, der elf hiesige Jahr Konsul der Hegemonie auf Hyperion gewesen war. »Oder irre ich mich?«
Der Konsul lächelte. »Sie haben recht, daß Standard-EMVs hier nicht zuverlässig sind. Zu ungünstiges Masse-Auftrieb-Verhältnis. Aber diese Hawkingmatte besteht praktisch nur aus Auftrieb und kaum aus Masse. Ich habe sie ausprobiert, als ich hier in der Hauptstadt gelebt habe. Es ist kein ruhiger Flug ... aber mit einer Person an Bord müßte es gehen.«
Sol blickte ins Tal zurück, an den leuchtenden Formen von Jadegrab, Obelisk und Kristallmonolith vorbei, bis dahin, wo die Schatten der Felswand die Eingänge der Höhlengräber verbargen. Er fragte sich, ob Pater Duré und Het Masteen noch allein waren ... noch lebten. »Denken Sie daran, Hilfe zu holen?«
»Einer von uns wird Hilfe holen. Das Schiff herbringen. Oder es zumindest befreien und unbemannt zurückschicken. Wir könnten Hölzchen ziehen, wer geht.«
Nun mußte Sol lächeln. »Denken Sie nach, mein Freund. Duré ist nicht in der Verfassung zu reisen, außerdem kennt er den Weg nicht. Ich ...« Sol hob Rachel, bis ihr Scheitel seine Wange berührte. »Die Reise könnte mehrere Tage dauern. Ich – wir – haben nicht mehrere Tage Zeit. Wenn etwas für sie getan werden kann, dann müssen wir hierbleiben und die Gelegenheit beim Schopf ergreifen. Sie müssen gehen.«
Der Konsul seufzte, widersprach aber nicht.
»Außerdem«, sagte Sol, »ist es Ihr Schiff. Wenn es jemand aus Gladstones Klammergriff befreien kann, dann Sie. Und Sie kennen den Generalgouverneur gut.«
Der Konsul sah nach Westen. »Ich frage mich, ob Theo noch an der Macht ist.«
»Gehen wir zurück und schildern wir Pater Duré unseren Plan«, sagte Sol. »Außerdem habe ich die Verpflegungspacks in der Höhle gelassen, und Rachel hat Hunger.«
Der Konsul rollte den Teppich zusammen, verstaute ihn in der Tasche und betrachtete Brawne Lamia und das geheimnisvolle Kabel, das in der Dunkelheit verschwand. »Wird ihr nichts geschehen?«
»Ich sage Paul, daß er mit einer Decke hierher kommen und auf sie aufpassen soll, während Sie und ich unseren Invaliden hertragen. Möchten Sie heute nacht noch aufbrechen oder bis Sonnenaufgang warten?«
Der Konsul rieb sich müde die Wangen. »Der Gedanke gefällt mir nicht, bei Nacht die Berge zu überqueren, aber wir dürfen keine Zeit verlieren. Ich breche auf, sobald ich ein paar Sachen zusammengepackt habe.«
Sol nickte und blickte zum Zugang des Tals. »Ich wünschte, Brawne könnte uns sagen, wo Silenus hin verschwunden ist.«
»Ich werde unterwegs nach ihm Ausschau halten«, sagte der Konsul. Er sah zu den Sternen empor. »Ich schätze, der Flug nach Keats dürfte sechsunddreißig bis vierzig Stunden dauern. Ein paar Stunden, bis ich das Schiff frei habe. Ich müßte binnen zwei Standardtagen wieder hier sein.«
Sol nickte und wiegte sein weinendes Kind. Sein müder, aber liebenswerter Ausdruck verbarg seine Zweifel nicht. Er legte dem Konsul eine Hand auf die Schulter. »Es ist recht, daß wir es versuchen, mein Freund. Kommen Sie, reden wir mit Pater Duré, sehen wir nach, ob unser Mitreisender wach ist, und essen wir gemeinsam etwas. Sieht aus, als hätte Brawne genügend Vorräte für eine Henkersmahlzeit mitgebracht.«
26
Als Brawne Lamia ein Kind und ihr Vater Senator gewesen waren, hatten sie ihr Zuhause, wenn auch nur vorübergehend, von Lusus in die bewaldete Wunderwelt des Regierungswohnkomplexes von Tau Ceti Center verlegt, und dort hatte sie als uralten Flachfilm Walt Disneys Zeichentrickfilm Peter Pan gesehen. Nach dem Film hatte sie das Buch gelesen und beides ins Herz geschlossen.
Monatelang hatte das fünf Standardjahre alte Mädchen darauf gewartet, daß Peter Pan
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