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Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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...
    Mein Gott, es war Spenser Reynolds, der Aktionskünstler, den ich zuletzt gesehen hatte, als er versuchte, das Gespräch beim Dinner im Treetops an sich zu reißen. Reynolds hatte sich den Kopf rasiert, so daß von seinem lockigen, frisierten Haar nur noch das Zöpfchen des Shrike-Kults übrig war, aber das Gesicht war immer noch braungebrannt und hübsch, wenn auch gerade vor gespieltem Haß und der fanatischen Überzeugung des wahren Gläubigen verzerrt.
    »Ergreift ihn!« schrie Reynolds, der Hetzer des Shrike-Kults, und deutete in meine Richtung. »Ergreift ihn und laßt ihn büßen für die Zerstörung unserer Heimat, den Tod eurer Familien, das Ende der Welt!«
    Ich drehte mich tatsächlich um, weil ich mir dachte, daß dieser anmaßende Schmierenkomödiant unmöglich mich meinen konnte.
    Aber er meinte mich. Und die Menge war schon soweit zum Mob geworden, daß eine Woge Menschen im Umkreis des brüllenden Demagogen in meine Richtung strömte, die Fäuste schwangen und sabberten, und diese Bewegung reichte aus, andere aus dem Zentrum mitzureißen, bis sich die Ausläufer der Menge unter mir ebenfalls in meine Richtung drängten, um nicht zertrampelt zu werden.
    Aus der Gruppe wurde eine brüllende, kreischende, plärrende Masse Aufständischer; in diesem Augenblick lag die Summe der IQs der Menge weit unter der des geistig ärmsten Mitglieds. Ein Mob kennt Leidenschaft, kein Hirn.
    Ich wollte nicht so lange bleiben, daß ich ihnen das erklären konnte. Die Menge teilte sich und stürmte auf beiden Seiten der zweigeteilten Treppe herauf. Ich drehte mich um und versuchte mein Glück an der Brettertür hinter mir. Sie war abgeschlossen.
    Ich trat dagegen, bis die Tür beim dritten Versuch nach innen splitterte, schlüpfte gerade noch vor zugreifenden Händen durch die Lücke und rannte die dunkle Treppe hinauf in einen Flur, der nach Alter und Schimmel roch. Schreie und Splittern waren zu hören, als der Mob die Tür hinter mir demolierte.
    Im dritten Stock befand sich eine Wohnung, die bewohnt war, obwohl das Gebäude einen verlassenen Eindruck gemacht hatte. Die Tür war nicht verschlossen. Ich machte die Tür auf, als ich gerade Schritte eine Treppenflucht unter mir hörte.
    »Bitte helfen ...«, begann ich und verstummte. In dem dunklen Zimmer hielten sich drei Frauen auf; möglicherweise drei weibliche Generationen derselben Familie, denn sie wiesen alle eine gewisse Ähnlichkeit auf. Alle drei saßen auf klapprigen Stühlen, waren in schmutzige Lumpen gekleidet, hatten weiße Arme ausgestreckt und blasse Finger um unsichtbare Kugeln gekrümmt; ich konnte das dünne Metallkabel sehen, das sich vom weißen Haar der ältesten Frau zum schwarzen Deck auf einem staubigen Tisch schlängelte. Identische Kabel entsprangen den Köpfen von Tochter und Enkelin.
    Kabeljunkies. Wie es aussah, im letzten Stadium von Verkabelungsanorexie. Jemand mußte ab und zu vorbeikommen, sie intravenös ernähren und ihre besudelte Kleidung wechseln, aber vielleicht waren die fürsorglichen Helfer vor der Kriegsgefahr geflohen.
    Schritte hallten auf der Treppe. Ich machte die Tür zu und lief zwei weitere Treppen hinauf. Verschlossene Türen oder verlassene Zimmer, wo Wasser aus offenliegenden Leitungen tropfte und Pfützen bildete. Leere Flashbackinjektoren lagen verstreut herum wie Tetrapacks. Keine bessere Gegend, dachte ich.
    Ich erreichte das Dach zehn Schritte vor der Meute. Den hirnlosen Eifer, den der Mob durch die Trennung von ihrem Guru eingebüßt hatte, machte die dunkle und beengte Umgebung des Treppenhauses wett. Sie hatten vielleicht vergessen, warum sie mich jagten, aber deshalb büßte der Gedanke, mich zu erwischen, nichts von seiner Faszination ein.
    Ich schlug die windschiefe Tür hinter mir zu, suchte nach einem Schloß, einer Barrikade, irgendetwas. Da war kein Schloß. Nichts, das groß genug gewesen wäre, den Eingang zu versperren. Eilige Schritte polterten die letzte Treppenflucht herauf.
    Ich sah mich auf dem Dach um: Miniaturparabolantennen wuchsen wie umgekehrte rostige Stockschwämmchen; eine Wäscheleine, die aussah, als wäre sie schon vor Jahren vergessen worden; die verwesten Kadaver von einem Dutzend Tauben; ein uraltes Vikken Scenic.
    Ich schaffte es bis zu dem EMV, bevor die ersten von dem Mob durch die Tür gestürmt kamen. Das Ding war ein Museumsstück. Schmutz und Taubendreck machten die Windschutzscheibe fast undurchsichtig. Jemand hatte die serienmäßigen Abstoßdüsen entfernt und

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