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Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Unterlippe verweilte immer noch kurz vor einem Lächeln. Er bemerkte die leicht fragend hochgezogenen Augenbrauen, die kleinen Ohren, die er geküßt und in die er so oft geflüstert hatte. Den weichen Hals, wo er so oft die Wange ruhen ließ, um ihrem Puls zu lauschen.
    Kassad hob das Gewehr und richtete es auf sie.
    »Wer bist du?« fragte sie. Ihre Stimme war so sanft und sinnlich, wie er sie in Erinnerung hatte, der leichte Akzent kaum wahrnehmbar.
    Kassad hielt mit dem Finger am Abzug inne. Sie hatten sich so oft geliebt, kannten einander seit Jahren aus seinen Träumen und ihrer Liebeslandschaft militärischer Simulationen. Aber wenn sie sich wirklich rückwärts in der Zeit bewegte ...
    »Ich weiß«, sagte sie mit ruhiger Stimme und offenbar ohne etwas von dem Druck zu ahnen, den sein Finger schon auf den Abzug ausübte, »du bist derjenige, den der Herr der Schmerzen angekündigt hat.«
    Kassad rang heftig nach Luft. Als er sprach, klang seine Stimme rauh und gepreßt. »Du kannst dich nicht an mich erinnern?«
    »Nein.« Sie legte den Kopf schief und sah ihn fragend an. »Aber der Herr der Schmerzen hat mir einen Krieger versprochen. Es ist Schicksal, daß wir uns begegnen.«
    »Wir sind uns schon vor langer Zeit begegnet«, brachte Kassad heraus. Das Gewehr würde automatisch auf das Gesicht zielen und Wellenlängen und Frequenzen jede Mikrosekunde verändern, bis der Hautanzug besiegt war. Zusammen mit Höllenpeitsche und Laserstrahlen würden einen Augenblick später Projektile und Pulsladungen abgefeuert werden.
    »Ich habe keine Erinnerungen an längst Vergangenes«, sagte sie. »Wir bewegen uns in unterschiedlichen Richtungen im allgemeinen Strom der Zeit. Mit welchem Namen kennst du mich in meiner Zukunft und deiner Vergangenheit?«
    »Moneta«, keuchte Kassad und wollte seine verkrampften Finger der Hand zum Abdrücken zwingen.
    Sie lächelte, nickte. »Moneta. Das Kind von Memory, der Erinnerung. Welch grimmige Ironie.«
    Kassad mußte an ihren Verrat denken, an ihre Verwandlung, als sie zum letzten Mal im Sand über der verlassenen Stadt der Dichter mit ihm kopuliert hatte. Sie war entweder zum Shrike geworden oder hatte zugelassen, daß das Shrike an ihre Stelle getreten war. Das hatte aus einem Akt der Liebe etwas Obszönes gemacht.
    Oberst Kassad drückte ab.
    Moneta blinzelte. »Die funktioniert hier nicht. Warum möchtest du mich töten?«
    Kassad knurrte, warf die nutzlose Waffe über das Geländer, leitete Energie in die Handschuhe und sprang.
    Moneta gab sich keine Mühe, ihm auszuweichen. Sie sah, wie er die zehn Schritte lief; er hatte den Kopf gesenkt, sein Schutzpanzer stöhnte, während er die Kristallzusammensetzung der Polymere veränderte, und Kassad schrie. Sie senkte die Arme, um dem Aufprall zu begegnen.
    Kassads Geschwindigkeit und Masse rissen Moneta von den Füßen, beide stürzten, Kassad versuchte, ihr die Hände in den Handschuhen um den Hals zu legen, Moneta hielt seine Handgelenke wie ein Schraubstock, während sie über den Absatz zum Rand der Plattform rollten. Kassad wälzte sich auf sie, um sich die Schwerkraft bei der Wucht seines Angriffs zunutze zu machen, hielt die Arme ausgestreckt, die Handschuhe starr, die Finger zu tödlichen Krallen gekrümmt. Sein linkes Bein hing über dem sechzig Meter tiefen Abgrund.
    »Warum möchtest du mich töten?« flüsterte Moneta und drängte ihn auf eine Seite, so daß sie beide über den Rand der Plattform stürzten.
    Kassad schrie und klappte mit einer ruckartigen Kopfbewegung das Visier herunter. Sie fielen durch die Leere, hatten gegenseitig die Beine wie Scheren um die Körper geschlungen, und sie hielt Kassads Hände mit ihrem Klammergriff um seine Gelenke von sich fern. Die Zeit schien sich zu verlangsamen, bis sie in Zeitlupe fielen, die Luft strich wie eine Decke über Kassad hinweg, die langsam über sein Gesicht gezogen wurde. Dann beschleunigte die Zeit wieder, wurde normal: Sie fielen die letzten zehn Meter. Kassad schrie und gab den erforderlichen Impuls, damit sein Panzer starr wurde, dann erfolgte ein schrecklicher Aufprall.
    Fedmahn Kassad kämpfte sich aus blutroter Ferne zur Oberfläche des Bewußtseins zurück und wußte, daß nur eine oder zwei Sekunden verstrichen waren, seit sie auf dem Boden aufgeschlagen waren. Er taumelte auf die Füße. Moneta stand ebenfalls langsam auf, sie hatte sich auf ein Knie aufgerichtet und betrachtete den Keramikboden, den ihr Absturz zertrümmert hatte.
    Kassad leitete

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