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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Deer Park machen. Und danach … ich weiß nicht … vielleicht mache ich ein Nickerchen.«
    Hunt schüttelte wieder den Kopf und eilte weiter.
    13
    Der erste Schuss verfehlt Fedmahn Kassad um nicht einmal einen Meter und zersplittert einen Felsen, den er eben passiert hat, aber Kassad handelt, noch ehe die Druckwelle ihn erreicht; er wälzt sich in Deckung, aktiviert sein Tarnpolymer, härtet den Schutzpanzer, hält das Gewehr bereit und schaltet das Visier auf Zielsuchmodus. Kassad bleibt eine ganze Weile so liegen, spürt seinen Herzschlag und sucht Hügel, Tal und die Gräber nach der winzigsten Andeutung von Wärme oder
Bewegung ab. Nichts. Er grinst hinter dem schwarzen Spiegel seines Visiers.
    Er ist sicher, wer auf ihn geschossen hat, hat ihn verfehlen wollen. Sie hatten eine Standardpulsladung benützt, die von einer 18-mm-Patrone gezündet wurde, und wenn der Schütze nicht zehn oder mehr Kilometer entfernt war … konnte er gar nicht danebenschießen.
    Kassad steht auf, um in den Schutz des Jadegrabs zu fliehen, da erwischt ihn der zweite Schuss und schleudert ihn rückwärts.
    Dieses Mal knurrt er, rollt sich weg und läuft, sämtliche Sensoren aktiviert, zum Eingang des Jadegrabs. Der zweite Schuss war eine Gewehrkugel. Wer auch immer mit ihm spielen mag, er benützt eine FORCE-Vielzweckangriffswaffe ähnlich wie seine eigene. Er vermutet, der Angreifer hat gewusst, dass er einen Körperpanzer trägt und die Gewehrkugel wirkungslos sein würde. Aber die Vielzweckwaffe birgt noch andere Möglichkeiten, und wenn die nächste Stufe des Spiels den Killerlaser bedeutet, ist Kassad tot. Er wirft sich in den Eingang des Grabs.
    Immer noch keine Wärme oder Bewegung auf seinen Sensoren, abgesehen von den rotgelben Abbildern der rasch abkühlenden Fußabdrücke seiner Pilgergefährten, die die Sphinx vor mehreren Minuten betreten haben.
    Kassad benützt seine taktischen Implantate und wechselt die Displays, wobei er nacheinander durch VHF und die optischen Komkanäle schaltet. Nichts. Er vergrößert das Tal hundertfach, speist Windgeschwindigkeit und Sanddichte in den Computer ein und aktiviert einen Zielsucher für bewegliche Ziele. Nichts Größeres als ein Insekt bewegt sich. Er löst Radar, Sonar und Lorfopulse aus und fordert den Heckenschützen heraus, diese unter Beschuss zu nehmen. Nichts. Er ruft taktische Displays der beiden ersten Schüsse ab; blaue Ballistikbahnen leuchten auf.

    Der erste Schuss ist von der Stadt der Dichter gekommen, mehr als vier Klicks im Südwesten. Der zweite Schuss, keine zehn Sekunden später, vom Kristallmonolithen, fast einen ganzen Klick im Tal drinnen, im Nordosten. Die Logik schreibt vor, dass es zwei Schützen sein müssen. Kassad ist sicher, dass es nur einer ist. Er justiert die Displayskala. Der zweite Schuss wurde hoch oben auf dem Monolithen abgegeben, mindestens dreißig Meter hoch an der glatten Fläche.
    Kassad schwingt sich hinaus, schaltet die Vergrößerung höher und späht durch die Nacht und die letzten Ausläufer des Sand- und Schneesturms zu dem riesigen Gebilde. Nichts. Keine Fenster, keine Scharten, überhaupt keine irgendwie geartete Öffnung.
    Nur die Milliarden Kolloidpartikelchen, die nach dem Sturm noch in der Luft schweben, machen den Laser einen Sekundenbruchteil sichtbar. Kassad sieht den grünen Strahl, nachdem dieser ihn an der Brust getroffen hat. Er rollt sich in den Eingang des Jadegrabs zurück und fragt sich, ob die grünen Mauern eine Lichtlanze abhalten können, während Supraleiter in seinem Kampfanzug Hitze nach allen Richtungen abführen und sein taktisches Display ihm verrät, was er schon weiß: Der Schuss ist von hoch oben am Kristallmonolithen gekommen.
    Kassad verspürt einen stechenden Schmerz in der Brust, sieht an sich hinunter und wird gewahr, dass aus einem fünf Zentimeter durchmessenden Loch des Unverwundpanzers geschmolzene Hartfasern auf den Boden tropfen. Nur die letzte Schicht hat ihn gerettet. Sein ganzer Körper in dem Anzug trieft vor Schweiß, und Kassad stellt fest, dass die Wände des Grabs buchstäblich glühen, so viel Hitze hat der Anzug abgeleitet. Biomonitoren verlangen Aufmerksamkeit, bringen aber keine weltbewegenden Neuigkeiten; die Anzugsensoren melden einige Schaltkreisschäden, aber nichts Unersetzliches,
und seine Waffe ist immer noch geladen, voll und einsatzbereit.
    Kassad denkt darüber nach. Alle Gräber sind unermessliche archäologische Schätze, die seit Jahrhunderten für künftige

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