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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Wüsten und kahlen Ländern jenseits des Bridle Range. Im Tal der Zeitgräber. Im Reich des Shrike.
    Und Moneta hatte auf ihn gewartet. Sie hatten sich geliebt – und als ein Trupp der Ousters landete, um den Gefangenen zurückzuholen, hatten Kassad, Moneta und die nur halb erahnte Präsenz des Shrike das Schiff der Ousters lahmgelegt, den Landungstrupp gestellt und die Mitglieder niedergemetzelt. Eine kurze Zeitspanne hatte Oberst Fedmahn Kassad aus den Elendsvierteln von Tharsis, Kind und Enkel und Urenkel von Flüchtlingen, Bürger des Mars in jedem Sinne des Wortes, die reine Ekstase gekannt, Zeit als Waffe einzusetzen, sich unsichtbar inmitten seiner Feinde zu bewegen, auf eine Weise
ein Gott des Todes und der Zerstörung zu sein, wie es sich sterbliche Krieger im Traum nicht vorstellen konnten.
    Doch als sie nach dem Gemetzel der Schlacht miteinander kopuliert hatten, hatte sich Moneta verändert, war zu einem Monster geworden. Oder das Shrike hatte sie verdrängt. Kassad konnte sich nicht an die Einzelheiten erinnern, wollte sich nicht daran erinnern, wenn es zum Überleben nicht zwingend notwendig war.
    Aber er wusste, er war zurückgekehrt, um das Shrike zu finden und zu töten. Um Moneta zu finden und zu töten. Sie zu töten? Das wusste er nicht. Oberst Fedmahn Kassad wusste nur, dass die große Leidenschaft eines leidenschaftlichen Lebens ihn an diesen Ort und diesen Zeitpunkt geführt hatte, und wenn der Tod hier auf ihn wartete, dann sollte es eben so sein. Und wenn Liebe und Ruhm und ein Sieg auf ihn warteten, der Walhalla erbeben lassen würde, so sollte eben das sein.
     
    Kassad klappt das Visier herunter, steht auf und rennt schreiend aus dem Jadegrab. Seine Waffe feuert Rauchgranaten und Störfolien auf den Monolithen, aber diese bieten wenig Deckung für die Strecke, die er zurücklegen muss. Irgendjemand lebt in dem Turm und feuert noch; Kugeln und Pulsladungen explodieren auf seinem Weg, während er von Düne zu Düne springt und von einem Geröllhaufen zum nächsten läuft.
    Salven treffen seinen Helm und die Beine. Das Visier bekommt einen Sprung, Warnlichter blinken. Kassad blinzelt die taktischen Displays fort und lässt lediglich die Nachtsichthilfe an. Solide Hochgeschwindigkeitsgeschosse treffen seine Schultern und Knie; Kassad lässt sich fallen, muss sich fallenlassen. Der Schutzpanzer wird starr, entspannt sich wieder, und dann läuft Kassad wieder und spürt schon, wie sich schmerzhafte Blutergüsse bilden. Sein Chamäleonpolymer
bemüht sich verzweifelt, das Niemandsland zu spiegeln, durch das er sich bewegt: Nacht, Flammen, Sand, geschmolzener Kristall und brennender Stein.
    Als er fünfzig Meter vom Monolithen entfernt ist, erstrahlen rechts und links von ihm Lanzen aus Licht und verwandeln mit ihrer Berührung Sand in flüssiges Glas; sie rasen mit einer Geschwindigkeit auf ihn zu, der nichts und niemand ausweichen kann. Killerlaser hören auf zu spielen und zielen auf ihn – mit der Hitze von Sternen auf Kopf, Herz und Lenden. Sein Kampfpanzer wird grell wie ein Spiegel und wechselt binnen Mikrosekunden die Frequenzen, um sich dem wechselnden Farbenspiel des Angriffs anzupassen. Eine Aura überhitzter Luft umgibt ihn, Mikroschaltkreise brennen durch, als sie die Hitze ableiten und ein mikrometerdünnes Kraftfeld bilden, um diese von Fleisch und Knochen fernzuhalten.
    Kassad schleppt sich die letzten zwanzig Meter weiter und überwindet mittels Energieunterstützung Barrieren aus gesplittertem Kristall. Auf allen Seiten donnern Explosionen, werfen ihn um und reißen ihn wieder hoch. Der Anzug ist vollkommen starr; Kassad ist eine Puppe, die zwischen Flammenhänden hin und her geworfen wird.
    Das Bombardement hört auf. Kassad erhebt sich auf die Knie, dann auf die Füße. Er blickt an der Fassade des Kristallmonolithen hinauf und sieht Flammen und Risse, aber sonst wenig. Sein Visier ist gesprungen und tot. Kassad klappt es hoch, atmet Rauch und ionisierte Luft ein und betritt das Grab.

Seine Implantate verraten ihm, dass die anderen Pilger auf sämtlichen Komkanälen mit ihm Verbindung aufnehmen wollen. Er schaltet sie ab. Er nimmt den Helm ab und taumelt in die Dunkelheit.
    Es handelt sich um einen einzigen Raum, groß und quadratisch und dunkel. In der Mitte hat sich ein Schacht aufgetan,
und Kassad sieht hundert Meter hoch zu einem zerschmetterten Oberlicht. Auf der zehnten Etage, sechzig Meter hoch, wartet eine Gestalt, deren Silhouette sich vor den Flammen

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