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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Duré unseren Plan«, sagte Sol. »Außerdem habe ich die Verpflegungspacks in der Höhle gelassen, und Rachel hat Hunger.«
    Der Konsul rollte den Teppich zusammen, verstaute ihn in der Tasche und betrachtete Brawne Lamia und das geheimnisvolle Kabel, das in der Dunkelheit verschwand. »Wird ihr nichts geschehen?«
    »Ich sage Paul, dass er mit einer Decke hierherkommen und auf sie aufpassen soll, während Sie und ich unseren anderen Invaliden hertragen. Möchten Sie heute nacht noch aufbrechen oder bis Sonnenaufgang warten?«
    Der Konsul rieb sich müde die Wangen. »Der Gedanke gefällt
mir nicht, bei Nacht die Berge zu überqueren, aber wir dürfen keine Zeit verlieren. Ich breche auf, sobald ich ein paar Sachen zusammengepackt habe.«
    Sol nickte und blickte zum Zugang des Tals. »Ich wünschte, Brawne könnte uns sagen, wohin Silenus verschwunden ist.«
    »Ich werde unterwegs nach ihm Ausschau halten«, sagte der Konsul. Er sah zu den Sternen empor. »Ich schätze, der Flug nach Keats dürfte sechsunddreißig bis vierzig Stunden dauern. Ein paar Stunden, bis ich das Schiff frei habe. Ich müsste binnen zwei Standardtagen wieder hier sein.«
    Sol nickte und wiegte sein weinendes Kind. Sein müder, aber liebenswerter Ausdruck verbarg seine Zweifel nicht. Er legte dem Konsul eine Hand auf die Schulter. »Es ist recht, dass wir es versuchen, mein Freund. Kommen Sie, reden wir mit Pater Duré, sehen wir nach, ob unser Mitreisender wach ist, und essen wir gemeinsam etwas. Sieht aus, als hätte Brawne genügend Vorräte für eine Henkersmahlzeit mitgebracht.«
    26
    Als Brawne Lamia ein Kind und ihr Vater Senator gewesen war, hatten sie ihr Zuhause wenn auch nur vorübergehend von Lusus in die bewaldete Wunderwelt des Regierungswohnkomplexes von Tau Ceti Center verlegt, und dort hatte sie als uralten Flachfilm Walt Disneys Zeichentrickfilm Peter Pan gesehen. Nach dem Film hatte sie das Buch gelesen und beides ins Herz geschlossen.
    Monatelang hatte das fünf Standardjahre alte Mädchen darauf gewartet, dass Peter Pan eines Nachts erscheinen und sie mitnehmen würde. Sie hatte Zettel mit dem Weg zu ihrem Zimmer unter der schindelgedeckten Mansarde hinterlassen. Sie hatte das Haus verlassen, wenn ihre Eltern schliefen, sich
ins weiche Gras auf dem Rasen des Deer Park gelegt, den milchiggrauen Nachthimmel von TC 2 betrachtet und von dem Jungen aus Nimmerland geträumt, der sie eines Nachts mit sich nehmen und zum zweiten Stern von rechts fliegen würde, bis zum Morgengrauen. Sie würde seine Gefährtin sein, die Mutter der verlorenen Jungs, gemeinsame Nemesis des bösen Hook und vor allem Peters neue Wendy – die neue kindliche Freundin des Kindes, das nie erwachsen wurde.
    Jetzt, zwanzig Jahre später, war Peter sie endlich holen gekommen.
     
    Lamia hatte keine Schmerzen verspürt, nur den plötzlichen, eisigen Sog der räumlichen Versetzung, als der Stahlstachel des Shrike in die Neuralsteckdose hinter ihrem Ohr eingedrungen war. Dann war sie unterwegs und flog.
    Sie war schon einmal durch die Dateiebene in die Datensphäre eingedrungen. Erst vor Wochen ihrer Zeit war Lamia mit ihrem Lieblingscyberpuke, dem dummen BB Surbringer, in die Matrix des TechnoCore geritten, um Johnny zu helfen, seine Cybrid-Persönlichkeitsrekonstruktion zu stehlen. Sie waren in die Peripherie eingedrungen und hatten die Persönlichkeit gestohlen, aber dabei einen Alarm ausgelöst, und BB war gestorben. Lamia wollte nie wieder in die Datensphäre eindringen.
    Aber jetzt war sie dort.
    Das Erlebnis war nicht mit anderen vergleichbar, die sie zuvor mit Komlogverbindungen oder Modulen gehabt hatte. Dies war wie eine Rundum-Stimsim, als befände sie sich in einem Holorama in Farbe und mit dreihundertsechzig Grad Stereo – dies war Dabeisein.
    Peter war endlich gekommen und hatte sie mitgenommen.
    Lamia stieg über die Krümmung der planetaren Ausdehnung von Hyperion empor und sah die rudimentären Kanäle
der Mikrowellendatenströme und Richtstrahlkomverbindungen, die hier als primitive Datensphäre galten. Sie verweilte nicht, um sich einzuklinken, denn sie folgte einer orangefarbenen Nabelschnur himmelwärts zu den wahren Alleen und Straßen der Dateiebene.
    Der Weltraum um Hyperion war von FORCE und dem Schwarm der Ousters erobert worden, beide hatten die komplexen Netzwerke und Gitter der Datensphäre mit sich gebracht. Mit ihren neuen Augen konnte Lamia die tausend Ebenen der Datenströme von FORCE erkennen, ein aufgewühlter grüner

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