Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
unser Verbündeter?«, wollte Sol wissen und packte das Gewand des Mannes mit beiden Händen. »Wie können wir ihn einsetzen? Wann?«
    Der Blick des Tempelritters war auf etwas in unendlicher Ferne gerichtet. »Wir buhlten um die Ehre«, flüsterte er mit heiserer Stimme. »Die Wahre Stimme der Sequoia Sempervirens war der Erste, der mit dem rekonstruierten Keats-Cybrid Verbindung aufgenommen hat – aber mir wurde die Ehre von Muirs Erleuchtung zuteil. Die Yggdrasil, meine Yggdrasil wurde als Buße für unsere Sünden gegen den Muir geopfert.« Der Tempelritter machte die Augen zu. Das verhaltene Lächeln wirkte in seinem grimmigen Gesicht unpassend.
    Der Konsul sah Duré und Sol an. »Der klingt mehr nach der Terminologie des Shrike-Kults als nach dem Dogma der Tempelritter.«
    »Vielleicht ist es beides«, flüsterte Duré. »In der Geschichte
der Theologie hat es schon seltsamere Bündnisse gegeben.«
    Sol legte dem Tempelritter eine Hand auf die Stirn. Der große Mann brannte vor Fieber. Sol kramte in ihrem einzigen Medsack nach einem Schmerzmittel oder Fieberpflaster. Als er eines fand, zögerte er. »Ich weiß nicht, ob Tempelritter der Standardmednorm entsprechen. Ich möchte nicht, dass er an den Folgen einer Allergie stirbt.«
    Der Konsul nahm das Fieberpflaster und befestigte es am dünnen Oberarm des Tempelritters. »Sie entsprechen der Norm.« Er beugte sich näher hin. »Masteen, was ist auf dem Windwagen geschehen?«
    Die Augen des Tempelritters öffneten sich, blieben aber verschwommen. »Windwagen?«
    »Ich verstehe nicht«, flüsterte Pater Duré.
    Sol nahm ihn beiseite. »Masteen hat seine Geschichte während der Pilgerfahrt nicht erzählt«, flüsterte er. »Er verschwand in unserer ersten Nacht auf dem Windwagen. Blut blieb zurück – jede Menge Blut –, ebenso das Gepäck und der Möbiuskubus. Aber kein Masteen.«
    »Was ist auf dem Windwagen passiert?«, wiederholte der Konsul nochmal. Er schüttelte den Tempelritter sachte, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. »Denken Sie nach, Wahre Stimme des Baums Het Masteen!«
    Das Antlitz des großen Mannes veränderte sich, seine Augen blickten klarer, das vage asiatische Gesicht bildete die vertrauten strengen Linien aus. »Ich habe den Elementargeist aus seinem Gefängnis befreit …«
    »Den Erg«, flüsterte Sol dem fassungslosen Priester zu.
    »… und ihn mit der Gedankendisziplin gefesselt, die ich in den Hohen Ästen gelernt habe. Aber dann kam ohne Vorwarnung der Herr der Schmerzen über uns.«
    »Das Shrike«, flüsterte Sol mehr zu sich als zu dem Priester.

    »Wurde Ihr Blut dort vergossen?«, fragte der Konsul den Tempelritter.
    »Blut?« Masteen zog die Kapuze nach vorn, um seine Verwirrung zu verbergen. »Nein, es war nicht mein Blut. Der Herr der Schmerzen hielt … ein Opfer … in den Händen. Der Mann wehrte sich. Versuchte, den Stacheln der Buße zu entkommen …«
    »Was ist mit dem Erg?«, beharrte der Konsul. »Der Elementargeist. Welche Hilfe hatten Sie sich von ihm versprochen? Dass er Sie vor dem Shrike beschützt?«
    Der Tempelritter runzelte die Stirn und griff sich mit einer zitternden Hand an die Schläfe. »Er… war nicht bereit. Ich war nicht bereit. Ich verstaute ihn wieder in seinem Gefängnis. Der Herr der Schmerzen berührte mich an der Schulter. Ich war … erfreut … dass meine Buße innerhalb einer Stunde nach dem Opfer meines Baumschiffes stattfinden sollte.«
    Sol beugte sich näher zu Duré. »Das Baumschiff Yggdrasil wurde am selben Abend im Orbit zerstört«, flüsterte er.
    Het Masteen machte die Augen zu. »Müde«, flüsterte er mit erschöpfter Stimme.
    Der Konsul schüttelte ihn wieder. »Wie sind Sie hierhergekommen? Masteen, wie sind Sie vom Grasmeer hierhergekommen?«
    »Ich erwachte zwischen den Gräbern«, flüsterte der Tempelritter, ohne die Augen aufzuschlagen. »Erwachte zwischen den Gräbern. Müde. Muss schlafen.«
    »Lassen Sie ihn ausruhen«, sagte Pater Duré.
    Der Konsul nickte und bettete den in sein Gewand gehüllten Mann in Schlafstellung.
    »Nichts ergibt einen Sinn«, flüsterte Sol, als die drei Männer und der Säugling im spärlichen Licht beisammensaßen und das Auf und Ab der Zeitgezeiten draußen spürten.
    »Wir verlieren einen Pilger, wir bekommen einen dazu«,
flüsterte der Konsul. »Es ist, als würde hier ein bizarres Spiel gespielt werden.«
    Eine Stunde später hatten sie die Schüsse durch das Tal hallen gehört.
     
    Sol und der Konsul kauerten neben der

Weitere Kostenlose Bücher