Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
lässt sich unmöglich abschätzen, wann die Farcasterverbindung zu diesen Stöcken wiederaufgenommen werden kann. Es besteht kein Zweifel, dass die Kirche
des Shrike verantwortlich ist. Die anfänglichen Unruhen im Stock Bergstrom haben mit Demonstrationen fanatischer Anhänger des Kults begonnen, der Bischof hat sich ins Hiv-Programm eingeblendet, bis er unterbrochen wurde durch …«
    Gladstone senkt den Kopf. »Also ist er wieder auf der Bildfläche erschienen. Hält er sich gerade auf Lusus auf?«
    »Das wissen wir nicht, M. Präsidentin«, erwidert Hunt. »Die Transitbehörden versuchen ihn und seine Helfershelfer aufzuspüren.«
    Gladstone dreht sich zu einem jungen Mann um, den ich im ersten Moment nicht erkenne. Es ist Kommandant William Ajunta Lee, Held der Schlacht von Maui-Covenant. Als man zuletzt von ihm gehört hatte, war der junge Mann ins Outback versetzt worden, weil er sich erdreistet hatte, vor seinen Vorgesetzten seine Meinung zu sagen. Jetzt sind die Epauletten seiner FORCE:Marine-Uniform mit den goldenen und smaragdgrünen Abzeichen eines Konteradmirals geschmückt.
    »Was halten Sie davon, um jede einzelne Welt zu kämpfen?«, fragt Gladstone ihn, ohne auf ihr eigenes Verdikt zu achten, wonach die Entscheidung endgültig war.
    »Ich halte es für einen Fehler, Präsidentin«, sagt Lee. »Alle neun Schwärme sind zum Angriff entschlossen. Der einzige, um den wir uns drei Jahre lang keine Sorgen machen müssen – vorausgesetzt, wir können unsere Streitkräfte abziehen –, ist der Schwarm, der gerade Hyperion angreift. Wenn wir unsere Flotte – und sei es nur die halbe Flotte – darauf konzentrieren, uns der Bedrohung von God’s Grove entgegenzustellen, liegt das Risiko bei fast einhundert Prozent, dass es uns nicht gelingen wird, die Truppen zur Verteidigung der anderen acht Welten der ersten Angriffswelle abzuziehen.«
    Gladstone reibt sich die Oberlippe. »Und was schlagen Sie vor?«
    Konteradmiral Lee holt tief Luft. »Ich empfehle, wir beschränken
unsere Verluste, vernichten die Singularitätssphären in diesen neun Systemen und bereiten einen Angriff auf die Schwärme der zweiten Angriffswelle vor, bevor diese bewohnte Sternsysteme erreichen.«
    Aufruhr bricht am Tisch aus. Senatorin Feldman von Barnards Welt springt auf und brüllt etwas.
    Gladstone wartet, bis sich der Sturm gelegt hat. »Sie meinen, die Front in ihre Reihen verlegen? Die Schwärme selbst angreifen und nicht auf einen Angriff ihrerseits warten?«
    »Ja, M. Präsidentin.«
    Gladstone deutet auf Admiral Singh. »Lässt sich das machen? Können wir derartige Gegenangriffe binnen« – sie konsultiert die Datenreihen über sich – »vierundneunzig Standardstunden planen, vorbereiten und starten?«
    Singh schnappt in Habachtstellung. »Ob sich das machen lässt? Äh … möglicherweise, Präsidentin, aber die politischen Folgen, wenn wir neun Welten aus dem Netz verlieren … äh … die logistischen Probleme bei …«
    »Ist es möglich?«, drängt Gladstone.
    »Äh … ja, M. Präsidentin. Aber wenn …«
    »Dann machen Sie es!«, befiehlt Gladstone. Sie steht auf, und die anderen am Tisch beeilen sich ebenfalls, auf die Beine zu kommen. »Senatorin Feldman, ich werde Sie und die anderen betroffenen Repräsentanten in meinen Gemächern empfangen. Leigh, Allan, bitte halten Sie mich wegen der Aufstände auf Lusus informiert. Der Kriegsrat wird sich in vier Stunden wieder hier versammeln. Guten Tag, meine Damen und Herren.«
     
    Ich ging wie benommen durch die Straßen und lauschte den Echos in meinem Verstand. Abseits vom Fluss Tethys, wo die Kanäle seltener und die Fußgängerwege breiter waren, drängten sich Menschenmengen auf den Straßen. Ich ließ mich
von meinem Komlog zu verschiedenen Terminexen führen, aber jedes Mal waren die Schlangen noch länger. Ich brauchte ein paar Minuten, bis mir klar wurde, dass es sich nicht nur um Einwohner von Renaissance V handelte, die hinaus wollten, sondern auch um Schaulustige aus dem ganzen Netz, die hinein wollten. Ich fragte mich, ob jemand in Gladstones Evakuierungsplanungsstab an das Problem von Millionen Neugierigen gedacht hatte, die her’casteten, um den Anfang des Krieges zu sehen.
    Ich hatte keine Ahnung, wie ich von Unterhaltungen in Gladstones Stabszimmer träumen konnte, zweifelte aber nicht daran, dass sie der Wirklichkeit entsprachen. Wenn ich jetzt zurückdachte, fielen mir Einzelheiten meiner Träume während der vergangenen Nacht ein –

Weitere Kostenlose Bücher