Die Hyperion-Gesänge
Gewands auf dem Fels, Sekunden
später gefolgt von einem ekelerregendem Platschen, wie von einer weggeworfenen Melone, als sein Körper achtzig Meter tiefer auf einen Vorsprung prallte.
Ich brauchte eine Stunde, bis ich einen Weg zu ihm hinunter gefunden hatte. Noch bevor ich den gefährlichen Abstieg begann, war mir klar, dass jede Hilfe zu spät kam. Aber es war meine Pflicht.
Alphas Leichnam war halb zwischen zwei Felsen eingeklemmt. Er muss sofort tot gewesen sein; seine Arme und Beine waren gebrochen, die rechte Seite seines Schädels eingedrückt. Blut und Hirnmasse klebten an dem nassen Stein wie die Überreste eines traurigen Picknicks. Ich weinte, als ich über dem kleinen Mann stand. Ich weiß nicht, warum ich geweint habe, aber ich habe es getan. Und während ich geweint habe, habe ich ihm die Letzte Ölung verabreicht und gebetet, Gott möge die Seele dieser armen, geschlechtslosen kleinen Person zu sich nehmen. Später wickelte ich den Leichnam in Ranken, kletterte mühsam die achtzig Meter zur Klippe hinauf und zog den zerschmetterten Körper – gelegentlich innehaltend und vor Erschöpfung keuchend – zu mir herauf.
Als ich Alphas Leichnam ins Dorf trug, erntete ich kaum Aufmerksamkeit. Schließlich kamen Beta und ein halbes Dutzend andere herüber und sahen gleichgültig auf den Leichnam hinab. Niemand fragte mich, wie er gestorben war. Nach ein paar Minuten verlief sich die kleine Menge.
Später trug ich Alpha zu der Stelle, wo ich Tuk vor so vielen Wochen begraben hatte. Ich grub mit einem platten Stein ein flaches Grab, als Gamma auftauchte. Der Bikura riss die Augen auf, einen Moment glaubte ich, Emotionen auf den leeren Zügen zu sehen.
»Was machst du da?«, fragte Gamma.
»Ich begrabe ihn.« Ich war zu erschöpft, mehr zu sagen.
Ich lehnte mich an eine dicke Chalmawurzel und ruhte mich aus.
»Nein.« Es war ein Befehl. »Er gehört zur Kruziform.«
Ich sah Gamma nach, der sich umdrehte und ins Dorf zurückeilte. Als der Bikura fort war, zog ich das grobe Leichentuch aus Fasern weg, das ich um den Leichnam gewickelt hatte.
Alpha war ohne jeden Zweifel wirklich tot. Es spielte weder für ihn noch für das Universum eine Rolle, ob er zur Kruziform gehörte oder nicht. Der Sturz hatte ihm fast seine gesamte Kleidung und seine ganze Würde genommen. Die rechte Seite seines Kopfes war aufgeplatzt und ausgelaufen wie ein Frühstücksei. Ein Auge sah blicklos durch einen dicken Film zum Himmel Hyperions, das andere blickte träge unter einem halb geschlossenen Lid hervor. Die Rippen waren so gründlich zerschmettert, dass Splitter aus der Brust ragten. Beide Arme waren gebrochen, das linke Bein fast abgedreht. Ich hatte mit dem Medscanner eine oberflächliche Autopsie vorgenommen, die gravierende innere Verletzungen ergeben hatte; sogar das Herz des armen Kerls war durch die Wucht des Aufpralls zu Brei zerquetscht worden.
Ich berührte seine kalte Haut. Die Leichenstarre setzte ein. Meine Finger strichen über die kreuzförmige Wölbung auf seiner Brust, da zog ich rasch die Hand weg. Die Kruziform war warm.
»Geh weg!«
Ich blickte auf und sah Beta und die restlichen Bikura, die um mich herum standen. Ich zweifelte nicht daran, dass sie mich im nächsten Augenblick ermordet hätten, wäre ich nicht von der Leiche weggegangen. Während ich gehorchte, stellte ein zur Narretei verängstigter Teil meines Denkens fest, dass die Fünf Dutzend und Zehn nun die Fünf Dutzend und Neun waren. In dem Moment schien das komisch zu sein.
Die Bikura hoben den Leichnam hoch und gingen zum Dorf zurück. Beta sah zum Himmel auf, sah mich an und sagte: »Es ist bald Zeit. Du kommst mit.«
Wir stiegen in die Kluft hinab. Der Leichnam wurde vorsichtig in einen Korb aus Ranken gebunden und mit uns hinuntergelassen.
Die Sonne erhellte das Innere der Basilika noch nicht, als sie Alphas Körper auf den breiten Altar legten und die Fetzen seiner Kleidung entfernten.
Ich weiß nicht, was ich als Nächstes erwartet habe – möglicherweise einen rituellen Akt des Kannibalismus. Nichts hätte mich überrascht. Stattdessen hob einer der Bikura die Arme, als die ersten bunten Lichtstrahlen in die Basilika fielen, und stimmte an: »Du wirst dem Kreuz alle Tage folgen.«
Die Fünf Dutzend und Neun knieten nieder und wiederholten den Satz. Ich blieb stehen. Ich sagte nichts.
»Du wirst alle Tage zur Kruziform gehören«, sagte der kleine Bikura, und in der Basilika hallten die Stimmen, die den Satz
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