Die Hyperion-Gesänge
hatte gleich nach seiner Rückkehr vom Tribunal zu trinken angefangen, und seine Laune, die schon mies
gewesen war, als Theo und Arundez ihm auf den Rücken geklopft und ihn zu seinem Überleben beglückwünscht hatten, war nach der Starterlaubnis durch den Schwarm nicht besser geworden; ebensowenig in den zwei Stunden, die er allein mit Trinken verbrachte, während sie Richtung Hyperion beschleunigten.
»Meina Gladstone wird nicht kapitulieren«, sagte der Konsul. »Wartet nur ab.«
An Bord des Schlachtschiffs HS Stephen Hawking, dem dreiundzwanzigsten Raumschiff der Hegemonie, das den Namen des verehrten klassischen Wissenschaftlers trug, sah General Arthur Morpurgo von der C 3 -Konsole auf und brachte seine beiden Brückenoffiziere zum Schweigen. Normalerweise verfügte ein Schiff dieser Klasse über eine fünfundsiebzigköpfige Besatzung. Da der Todesstrahl des Core im Waffenhangar geladen und scharf gemacht worden war, bestand die gesamte Besatzung lediglich aus Morpurgo und vier Freiwilligen.
Displays und diskrete Computerstimmen verrieten ihnen, dass die Stephen Hawking im Zeitplan war und konstant auf Fast-Quantengeschwindigkeit beschleunigte, während sie sich dem militärischen Farcasterportal am LaGrange-Punkt zwischen Madhya und dessen übergroßem Mond näherte. Das Portal von Madhya führte direkt zum mit allen Mitteln verteidigten Farcaster im Raum um Hyperion.
»Eine Minute achtzehn Sekunden bis zum Transferpunkt«, sagte Brückenoffizier Salumun Morpurgo, der Sohn des Generals.
Morpurgo nickte und aktivierte die In-System-Breitbandübertragung. Die Monitore der Brücke waren mit den Daten der Mission überfrachtet, daher duldete der General für die Übertragung der Präsidentin lediglich Audioübermittlung. Er
musste unwillkürlich lächeln. Was würde Meina sagen, wenn sie wüsste, dass er Kapitän der Stephen Hawking war? Es war besser, dass sie es nicht wusste. Ihm blieb nichts anderes übrig. Er zog es vor, die Folgen seiner präzisen, persönlich überreichten Befehle der vergangenen zwei Stunden nicht mehr zu erleben.
Morpurgo betrachtete seinen ältesten Sohn so stolz, dass es fast schmerzte. Die Anzahl der Schlachtschiffbesatzungen, denen er die Mission hatte anvertrauen können, war begrenzt, und sein Sohn hatte sich als Erster freiwillig gemeldet. Der Enthusiasmus der Familie Morpurgo hätte, wenn schon nichts anderes, den Argwohn des Core erregen können.
»Meine Mitbürger«, sagte Gladstone, »dies ist meine letzte Ansprache an Sie als Regierungschefin. Wie Sie wissen, wurde der schreckliche Krieg, der bereits drei unserer Welten verwüstet hat und in Kürze eine vierte verwüsten wird, uns als Invasion der Ouster-Schwärme gemeldet. Das ist eine Lüge.«
Interferenzen rauschten auf den Komkanälen, die daraufhin erloschen. »Auf Fatline gehen«, sagte General Morpurgo.
»Eine Minute drei Sekunden bis Transferpunkt«, warf sein Sohn ein.
Gladstones Stimme ertönte wieder, aber jetzt gefiltert und leicht gedämpft durch Fatlinecodierung und Decodierung. »… die Erkenntnis, dass unsere Vorfahren – und wir selbst – einen Faustschen Pakt mit einer Macht geschlossen hatten, der nichts am Schicksal der Menschheit gelegen war. Der Core steckt hinter der Invasion. Der Core ist verantwortlich für unser langes, bequemes dunkles Zeitalter der Seele. Der Core ist verantwortlich für die derzeitigen Versuche, die Menschheit zu vernichten, uns aus dem Universum zu eliminieren und durch eine selbstgeschaffene Gott-Maschine zu ersetzen.«
Brückenoffizier Salumun Morpurgo nahm keinen Blick von
seinen Instrumenten. »Achtunddreißig Sekunden bis Transferpunkt.«
Morpurgo nickte. Die Gesichter der beiden anderen Besatzungsmitglieder auf der C 3 -Brücke waren schweißnass. Der General stellte fest, dass auch sein Gesicht nass war.
»… haben bewiesen, dass der Core seinen Sitz – schon immer – in den dunklen Weiten zwischen den Farcasterportalen hat. Sie halten sich für unsere Herren. So lange das Netz existiert, so lange unsere geliebte Hegemonie mit Farcastern verbunden ist, werden sie unsere Herren sein.«
Morpurgo sah auf sein Missionschronometer. Achtundzwanzig Sekunden. Der Transfer ins Hyperion-System würde – für menschliche Sinne – augenblicklich erfolgen. Morpurgo war überzeugt, dass der Todesstrahler des Core irgendwie programmiert war, dass er detonieren würde, sobald sie sich im Raum um Hyperion befanden. Die Schockwelle des Todes würde den
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