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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Glasskulptur des Shrike. In der Brust, wo das Herz sein mochte, flatterte etwas, das wie ein großer, schwarzer Falter aussah, und schlug rußige Schwingen gegen Glas.

    Brawne holte tief Luft und drückte noch einmal. Das Shrike rutschte rückwärts auf der unsichtbaren Plattform, die sie sich mit ihm teilte, wankte und fiel. Brawne duckte sich unter den umschlungenen Armen hindurch, hörte und spürte, wie ihre Jacke zerriss, als scharfe Fingerklingen sich in dem Stoff verfingen und ihn zerrissen, als das Ding wankte, und dann stolperte sie selbst und ruderte mit dem unversehrten Arm, damit sie das Gleichgewicht nicht verlor, während das gläserne Shrike eine Umdrehung in der Luft ausführte, auf den Boden prallte und in tausend Scherben zerschellte.
    Brawne beschrieb eine Pirouette, fiel auf dem unsichtbaren Steg auf die Knie und kroch zu Martin Silenus zurück.
    Auf dem letzten halben Meter verließ sie ihr Selbstvertrauen, worauf die unsichtbare Stütze einfach verschwand und sie stürzte und sich den Knöchel verstauchte, als sie auf den Steinsims fiel und nur deshalb nicht abstürzte, weil es ihr rechtzeitig gelang, sich an Silenus’ Knie festzuhalten.
    Sie fluchte wegen der Schmerzen in der Schulter, dem gebrochenen Handgelenk, dem verstauchten Knöchel und den zerschnittenen Handflächen und Knien, während sie sich neben den Dichter hinaufzog.
    »Seit ich weg bin, sind offenbar einige reichlich merkwürdige Dinge passiert«, sagte Martin Silenus heiser. »Können wir jetzt gehen – oder haben Sie vor, als Zugabe auch noch auf dem Wasser zu wandeln?«
    »Halten Sie den Mund«, sagte Brawne zitternd. Es hörte sich fast nach Zuneigung an.
    Sie ruhte sich eine Weile aus, dann stellte sie fest, dass sie den immer noch schwachen Dichter am besten im Tragegriff die Stufen hinunter und über den mit Glassplittern übersäten Boden des Palastes des Shrike tragen konnte. Sie waren schon beim Eingang angelangt, als er ihr jovial auf den Rücken klopfte und sagte: »Was ist mit König Billy und den anderen?«

    »Später«, keuchte Brawne Lamia und ging ins Licht der aufkeimenden Dämmerung hinaus.
    Sie hatte hinkend zwei Drittel des Tals mit Silenus über der Schulter zurückgelegt, wo er wie ein schlaffes Bündel Wäsche hing, als der Dichter sagte: »Brawne, sind Sie noch schwanger?«
    »Ja«, sagte sie und hoffte, dass es nach den Anstrengungen des Tages noch stimmte.
    »Soll ich Sie tragen?«
    »Seien Sie still«, sagte sie und folgte dem Weg um das Jadegrab herum.
    »Sehen Sie«, sagte Martin Silenus, der sich umdrehte und deutete, obwohl er fast kopfunter von ihrer Schulter hing.
    Im dämmernden Licht des Morgens sah Brawne, dass das Ebenholzraumschiff des Konsuls auf der Hochebene am Eingang des Tals stand. Aber dorthin hatte der Dichter nicht gedeutet.
    Sol Weintraubs Silhouette zeichnete sich vor dem leuchtenden Eingang der Sphinx ab. Er hatte die Arme erhoben.
    Jemand oder etwas kam aus dem Leuchten.
     
    Sol sah sie zuerst. Eine Gestalt schritt inmitten der Fluten von Licht und flüssiger Zeit, die aus der Sphinx strömten. Eine Frau, sah er, deren Schattenriss sich vor dem gleißenden Tor abzeichnete. Eine Frau, die etwas trug.
    Eine Frau, die einen Säugling trug.
    Seine Tochter Rachel kam heraus – Rachel, wie er sie zuletzt als gesunde junge Erwachsene gesehen hatte, die aufgebrochen war, um ihre Doktorarbeit auf einer Welt namens Hyperion zu machen. Rachel Mitte zwanzig, vielleicht ein bisschen älter – aber Rachel, daran konnte kein Zweifel bestehen, Rachel, deren kupferfarbenes Haar immer noch kurz war und ihr in die Stirn fiel, deren Wangen gerötet waren wie immer, wenn sie für etwas Neues Feuer und Flamme war, deren Lächeln
sanft, fast verklärt wirkte und deren Augen – diese großen grünen Augen, in denen man gerade noch braune Sprenkel erkennen konnte – deren Augen Sol fixierten.
    Rachel trug Rachel. Der Säugling wand sich und drückte das Gesicht an die Schulter der jungen Frau, wobei er die Fäuste ballte und entspannte und zu überlegen schien, ob er wieder zu weinen anfangen sollte oder nicht.
    Sol stand wie vom Donner gerührt da. Er versuchte zu sprechen, schaffte es nicht und versuchte es noch einmal. »Rachel.«
    »Vater«, sagte die junge Frau, kam näher und legte dem Gelehrten den freien Arm um die Schultern, wobei sie sich ein wenig drehte, damit das Baby nicht zwischen sie geriet.
    Sol küsste seine erwachsene Tochter, umarmte sie, roch den sauberen Duft ihres

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