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Die im Dunkeln

Die im Dunkeln

Titel: Die im Dunkeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Fläche, von den beiden Büros getrennt durch ein Geländer ähnlich dem in Gerichtssälen. Dahinter standen fünfzig metallene Klappstühle in fünf Zehnerreihen. Einige Stühle waren grau, einige braun, einige schwarz, und alle waren alt.
    Jenseits der Stühle, am Hinterende des Raums, stand ein langer goldener Eichentisch parallel zur Rückwand, darauf ein zur Wand gedrehtes Rednerpult. Um den Tisch weitere fünfzehn Klappstühle für Vorstandsberatungen, Podiumsdiskussionen undall jene, die an Samstagnachmittagen vorbeikamen, um aufzuräumen und mit der Post zu helfen.
    Vor der blanken Backsteinwand ruhte eine Kaffeemaschine (fünf Gallonen) auf einem Stahlfaß (fünfzig Gallonen). Neben der Maschine gab es drei Gallonenbüchsen Yuban-Kaffee, sechs kleine Dosen Pet-Milch und einen Zehnpfünder-Pappsack mit C&H-Zucker. Sechs Kartons Styroporbecher lagen unter dem Tisch.
    An den Wänden gab es keine Poster, keine Slogans, keine Fotos. Die einzige Dekoration war eine riesige amerikanische Flagge; sie stand kopf, das traditionelle Notsignal. Der General fand die umgedrehte Flagge pubertär und brachte die Sache bei jeder Vorstandssitzung zur Sprache. Aber sein Antrag, die Flagge korrekt anzubringen, wurde immer mit 7 zu 6 abgelehnt.
    Der General saß, wie er fast immer saß, nicht ganz in Habacht-Haltung, die Knie fast zusammen, die Hände auf den Oberschenkeln, den Mantel auf den Knien gefaltet, den Hut auf dem Mantel, den Rücken durchgedrückt, ohne die Lehne zu berühren. Winfield hatte rastlose leuchtendblaue Augen, die entfernte Dinge noch scharf sahen, aber zum Lesen eine Brille brauchten. Sie überflogen den großen Raum und bemerkten alle Veränderungen – sogar ein nicht weit entfernt liegendes Exemplar von ›El País‹ per Luftpost aus Madrid zugestellt. Er schloß, Patrokis habe die Zeitung wohl neuerdings abonniert.
    Irgendwann ruhte der Blick des Generals auf Emory Kites Hinterkopf. Er stellte fest, daß der Privatdetektiv Kopfhörer trug, während er in seinen Computer tippte. Winfield mochte Kite nicht und hatte dagegen gestimmt, ihm Büroraum zu vermieten. Aber die 1100 $ Monatsmiete, die Kite für ein Büro im dritten Stock ohne Aufzug zu zahlen bereit war, kamen für die Organisation als ein derartiges Himmelsgeschenk, daß der General seinen Einwand zurückgezogen hatte.
    AlsKite eine Pause machte, um sich zu rekeln, beide Hände hoch über dem Kopf, blickte der General wieder zur umgedrehten Flagge. Kite wandte sich um 180 Grad, registrierte, daß der General wie gebannt dorthin starrte, und nutzte die Gelegenheit, um ihn auf Anzeichen von Ausschweifung oder Senilität hin zu untersuchen. Er fand lediglich Flächen und Winkel, die ein entschlossenes Kinn bildeten, eine überscharfe Nase, einen ziemlich strengen Mund, eine kluge hohe Stirn, einen straffen Hals und viel dichtes weißes Haar, weder kurz noch lang, das eng am schmalen Kopf lag und aussah, als habe man es bei der Geburt links gescheitelt.
    Kite fragte sich gerade, wie viele Männer wohl noch richtige Hüte trugen, als Patrokis schließlich sein Telefongespräch beendete, sich dem General zuwandte und fragte: »Haben Sie eine Idee, wo wir fünftausend Dollar in bar auftreiben könnten?«
    Als Patrokis’ kratziger Bariton durch Kites Kopfhörer kam, wandte er sich schnell wieder seinem Computer zu, schaltete einen versteckten Minirecorder ein und begann langsam, zu tippen: »Jetzt ist für alle guten Männer die Stunde, ihrer Partei zu Hilfe zu eilen«; er tippte dies wieder und wieder, während er das Gespräch zwischen den beiden Gründern von Victims of Military Intelligence Treachery gleichzeitig aufnahm und belauschte.
    Es dauerte einen Moment oder zwei, bis General Winfeld Patrokis’ Frage mit einem Seufzer und einer Gegenfrage beantwortete: »Fünftausend wofür?«
    »Ein ehemaliger Captain der Armee von El Salvador, illegal im Land, hockt irgendwo an der Columbia Road und behauptet, er hat Fakten, Daten und Namen über Geld aus Langley, das neunzehnhundertneunundachtzig abhanden gekommen ist.«
    »Was bedeutet bei ihm ›abhanden gekommen‹?«
    »Daß das Geld von Langley an US-Army-Berater gegangen ist, die davon nur die Hälfte an Offiziere der Salvador-Armee weitergegeben haben.«
    »Die Hälfte von wieviel?«
    »Zwei Komma vier Millionen Dollar.«
    »Wie viele Leute von uns stecken drin?«
    »Nur zwei. Ein Captain und ein Colonel.«
    »Keine Namen, natürlich.«
    »Für fünftausend kriegen wir Namen«, sagte

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