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Die im Dunkeln

Die im Dunkeln

Titel: Die im Dunkeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Motels bedient hat, dürfte Millwed zurück zu seinem Wagen gefahren haben. Den hatte der Colonel beim Last Call gelassen, sagt Shawnee. Das ist eine Bar fast in Bethesda. Kennen Sie sie?«
    Partain schüttelte den Kopf. »So gut kenn ich mich in Washington nicht aus.«
    »Patrokis sagt, bei der Entfernung wäre es Millwed nicht möglich gewesen, Viar umzubringen.«
    »Warum zum Teufel sollte Millwed ihn umbringen wollen? Hank war vermutlich ihr Botenjunge, ihr Laufbursche, ihr Lügenlieferant auf Abruf. Wenn Millwed jemand hätte umbringen wollen, dann Shawnee Viar, um sein Band wiederzukriegen.«
    »Patrokis glaubt, es war der, wer auch immer, der das Foto gestohlen hat.«
    »Was für ein Foto?«
    »Von Viar, Millwed, Colonel Walker Hudson und Ihnen. In El Salvador.«
    »Was beweist denn ein Foto?«
    Winfield seufzte. »Das habe ich Patrokis auch gefragt.«
     
    Um acht Uhr früh klingelte das Telefon in Millicent Altfords Wohnzimmer. General Winfield, Jessica Carver und Partain waren sämtlich im Raum, jeder mit verschiedenen Teilen der ›Los Angeles Times‹ und der ›New York Times‹ versehen. Da Partain dem Telefon am nächsten war, meldete er sich mit einem »Hallo«.
    »Hier ist Emory Kite«, sagte die tiefe, grollende Stimme. »Ich hab was über Jack, den toten Türhüter. Wollen Sie’s am Telefon oder persönlich?«
    »Wie bezahlen wir Sie per Telefon?«
    Kite gluckste. »Sie werden schon bezahlen. Das ist mein Job. Leute zum Zahlen kriegen.«
    »Wir hätten es gern persönlich.«
    »Okay«, sagte Kite. »Wie wär’s mit sofort?«
    »Sofort ist in Ordnung«, sagte Partain.
     
    Kite saß in einem Sessel, mit dem Glas Orangensaft, das er annahm, nachdem er Kaffee abgelehnt hatte. Partain und Jessica Carver saßen auf einer Couch, General Winfield in einem Sessel Emory Kite gegenüber.
    Der kleinwüchsige Detektiv trank die Hälfte seines Orangensafts, stellte das Glas auf einen Tisch und wandte sich an General Winfield. »Ich weiß nicht, ob die Lady das alles hören darf.«
    »Sie darf«, sagte der General.
    »Na schön. Also: John Byford Thomson mit ohne ›p‹. Geboren am einunddreißigsten Januar neunzehnhundertsechzig in Boulder, Colorado. Sohn von Mr. und Mrs. Richard Clark Thomson; er ist Versicherungsvertreter, sie Hausfrau. Ein jüngerer Bruder, eine ältere Schwester, beide verheiratet. Jack war zwei Jahre an der University of Colorado, Hauptfach Sprechen, was immer das ist, Nebenfach Spanisch. Abgebrochen für nen Job als Nachrichtensprecher im Radio, KOA, in Denver. Das war neunzehnhunderteinundachtzig. Gefeuert neunzehnhundertdreiundachtzig. OAG.«
    »Was heißt OAG?« sagte Jessica Carver.
    »Ohne Angabe von Gründen«, sagte Kite und fuhr fort in seinem Bericht ohne Notizen. »Angestellt bei Golden Assets, Inc., so n Hinterhofladen, der per Telefon Pennyaktien verkauft hat. Jack muß am Telefon ganz gut gewesen sein, war bei Golden Assets, bis die anderthalb Jahre später vom Staat dichtgemacht wurden. Thomson muß n bißchen was auf die Seite gebracht haben, er ist dann nämlich nach Mexiko gegangen, war vor allem in Guadalajara und hat sich da als selbständiger Touristikberater ausgegeben, was immer das ist, bis ihn anno neunundachtzig die Mexikaner rausgeschmissen haben. Neunzehn-hundertneunzig ist er dann hier in L.A., tut sich mit ner Agentin zusammen, die ihm ein bißchen Arbeit als Schauspieler besorgt, meistens Zwei- oder Dreizeiler in Pilotsachen, Fernsehen, aus denen nie was geworden ist.
    Sie besorgt ihm auch ein bißchen Radiowerbung und Sprechsachen in der Fernsehwerbung, aber nicht genug, um davon zu leben. Aber Jack wird Mitglied bei der Schauspielergewerkschaft und dann, neunzehnhundertneunzig, ein bißchen mehr als zwei Jahre her, fängt er hier als Nachtportier an. Hat nie ein Bankkonto oder Kreditkarten gehabt, war aber in der Credit Union der Schauspielergewerkschaft. Sein Lohnhier im Eden war vierzehnhundert pro Monat plus Trinkgeld.
    Also, er fängt an, jeden Monat hundert, zweihundert, ein- oder zweimal sogar dreihundert auf sein Credit-Union-Konto einzuzahlen. Ich nehm an, das sind seine Trinkgelder oder vielleicht Geld vom Radio. Die ganze Zeit lebt er in so nem schäbigen Einraumapartment Nähe Pico in West L.A. Fährt nen einundachtziger Honda Civic. Aber letztes Jahr, am fünften November, zahlt er fünftausend bar auf sein Credit-Union-Konto.
    Jack hat keine feste Freundin, keinen Freund, auch nix von früher, trotzdem wird er vor zwei Tagen hier draußen

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