Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die im Dunkeln

Die im Dunkeln

Titel: Die im Dunkeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
Vom Netzwerk:
links angewinkelt und die Füße gekreuzt, die in schwarzen Wildlederpumps mit 5-cm-Absätzen steckten, passend zu ihrer Handtasche. Neben den Füßen stand ein abgeschabter Koffer aus schwarzem Leder mit Silberbeschlägen, der alt und teuer aussah.
    Ehe Partain etwas sagen konnte, sagte sie: »Ich hab Sie vor fünf Minuten angerufen, aber Jessie sagte, Sie wären schon unterwegs.«
    Er nickte zum Koffer. »Endgültiger Aufbruch?«
    »Aufbruch nach Washington.«
    »Warum?«
    »Weil ich heute früh gegen halb acht einen Anruf gekriegt habe, vom Rechtsberater eines dreiköpfigen Unterausschusses des Repräsentantenhauses; die haben sich mit Wahlkampffinanzierung beschäftigt, mit besonderem Augenmerk auf größere Mengen Bargeld – meine Spezialität. Dieser Typ sagt, ich könnte jetzt unverbindlich plaudern oder demnächst unter Strafandrohung vorgeladen werden.«
    »Ich dachte, Ihr Kandidat hätte gewonnen«, sagte Partain.
    »Hat er auch, aber ein paar meiner Freunde im Kongreß nicht. Einer von ihnen war Vorsitzender in diesem Unterausschuß. Ein alter CIO-Linker, ursprünglich aus der Lagerarbeiter-Gewerkschaft, als er anno vierundfünfzig unter Eisenhower zum ersten Mal gewählt worden ist.«
    »Lieber Himmel. Wie alt ist er denn?«
    »Siebenundsiebzig. Er wollte aber eine allerletzte Periode. Na ja, wollen die alle, aber er hatte harte Konkurrenz bei den Vorwahlen. Ehemaliges Blumenkind, inzwischen Neuer Demokrat undmittelalter Trottel. Deshalb hatte ich meinem alten Kumpel ein kleines Päckchen geschickt.«
    »Wieviel ist ein kleines Päckchen?«
    »Hunderttausend. Mein Typ hat um dreihundertsechsundzwanzig Stimmen verloren. Und raten Sie mal, wer Mitglied in diesem Unterausschuß für Wahlkampffinanzierung ist?«
    »Der mittelalte Trottel«, sagte Partain. »Was will er denn – Rache?«
    Sie hob die Schultern. »Das – oder vielleicht will er bloß ins Fernsehen. Ist der Wagen unten?«
    »Soll ich Sie zum Flughafen fahren?«
    Sie starrte ihn an. »Bißchen langsam heute früh, was? Schwere Nacht?« Ohne auf eine Antwort zu warten, stand sie auf und sagte: »Ich versuch’s mit ganz kurzen Sätzen. Sie und ich fahren zum Flughafen. Da stellen wir den Wagen beim Langzeitparken ab. Zerbrechen Sie sich nicht den Kopf wegen der fünfzehn Dollar pro Tag, oder was die jetzt haben wollen. Dann besteigen wir ein Flugzeug. Bitte beachten Sie das ›wir‹. Wir fliegen dann nonstop bis Dulles, erster Klasse. Da mieten wir einen Wagen, fahren nach Washington und checken im Mayflower ein.«
    »Ich hab nichts gepackt«, sagte Partain, nur um zu sehen, wie sie reagierte.
    »Was wollen Sie denn packen? Sie haben einen netten blauen Anzug an, ein sauberes weißes Hemd und einen blau-braunen Schlips. Sie sehen ein bißchen aus nach Secret-Service-Mann, der sechs Kinder durchfüttern muß. Wenn wir in Washington sind, kaufen wir Ihnen einen Mantel und einen Anzug, der sitzt. Der da sieht ein paar Nummern zu klein aus.«
    »Ich sollte wohl besser dem General Bescheid sagen«, sagte er.
    »Nicht nötig«, sagte sie. »Er und Jessie fliegen heute abend nach Washington. Economy.«
    Millicent Altford kam aus der Klinik, gefolgt von Partain, der ihrenKoffer trug. Der Lexus Coupé war knapp links vom Eingang geparkt. Mit einem Druck auf den elektronischen Schlüssel schloß Partain beide Türen auf. Altford stieg auf der Beifahrerseite ein, die der Klinik zugewandt war. Partain ging vorn um den Wagen, öffnete die Fahrertür und betätigte den Knopf, der den Kofferraum entriegelte.
    Er hatte den Kofferraum fast erreicht, als ein gelbes Taxi in die Auffahrt bog und bis auf Schrittempo abbremste. Partains Rücken war dem Taxi zugekehrt, als der Schalldämpfer der Halbautomatik aus dem heruntergelassenen hinteren Fenster lugte. Das Gerät hustete zweimal, fast entschuldigend, und zwei Kugeln schlugen in Partains Rücken, genau zwischen die Schulterblätter. Das Taxi sauste die gebogene Einfahrt hinab, bog nach rechts auf den Olympic Boulevard und raste nach Westen.
    Partain ließ zuerst den Koffer los, fiel dann vornüber, auf Hände und Knie. Millicent Altford, die in den Rückspiegel schaute, sah ihn fallen. Sekunden später war sie aus dem Wagen und kniete neben ihm, aber inzwischen war er auf die Ellenbogen gesackt.
    »Wie schlimm?« sagte sie.
    »Treffer ... zwei.«
    »Ich hol einen Arzt.«
    »Nein«, sagte er; langsam kam er wieder hoch auf Hände und Knie. Er holte tief Luft. »In Wyoming«, sagte er; dann hielt er inne, rang

Weitere Kostenlose Bücher