Die in der Hölle sind immer die anderen
wolle einen Mitschüler anrufen, um sich nach den Hausaufgaben zu erkundigen.“
„Warum hast du ihn da nicht zurückgebracht? Das wäre doch die beste Gelegenheit gewesen, diesen Alptraum zu beenden. Du hättest Florian doch nur beim McDonald‘s aussteigen lassen müssen, auf dem Parkplatz. Er ist ein gescheites Kind gewesen, er wäre schon nach Hause gekommen, er hätte jemanden gefragt, man hätte uns angerufen, wir wären sofort da hingefahren. Und alles wäre anders gekommen.“
Weigandt hält schluchzend inne. Die Tränen laufen ihm über die Wangen.
„Weil es mich wieder überkam. Als ich gegessen hatte, fühlte ich mich besser, die Nervosität war weg. Ich hatte die ganze Zeit Angst gehabt, daß uns jemand entdecken würde, aber bis dahin ist nichts geschehen. Und deshalb dachte ich, daß ich mit dem Jungen nochmal in den Wald gehen kann.“
„Und dann bist du wieder zurückgefahren?“
„Ja.“
„Hattest du zu dem Zeitpunkt bereits den Plan gefaßt, Florian zu töten?“
„Wie oft soll ich Ihnen denn noch sagen, daß ich den Jungen überhaupt nicht töten wollte, daß das eine Kurzschlußreaktion war?“
„Das war die Strategie deiner Verteidiger, aber das ist nicht die Wahrheit. Du bist in den Wald zurückgefahren, um Florian umzubringen, weil dich da keiner sehen konnte und du ihn da in aller Ruhe verscharren konntest. So war es doch, oder?“
Nicolai schüttelt den Kopf und redet einfach weiter.
„Nein, nein, so war es nicht, ich wollte ihn nicht umbringen. Ich bin also wieder in St. Ingbert rausgefahren und hab auf demselben Parkplatz angehalten. Ich habe den Jungen an die Hand genommen und ihn wieder unter die Büsche hinein gezogen, nur bin ich dieses Mal weiter in den Wald hinein. Da fängt der Junge wieder an zu weinen. Er bittet, heult und fleht mich an, ihn nicht wieder auszuziehen, ihm nicht mehr wehzutun. Aber ich kann mich da nicht mehr beherrschen. Ich war zwar vorher einmal gekommen, aber die sadistische Lust, die ist noch lange nicht vorbei, wenn die sexuelle Lust nicht mehr da ist, die ist viel stärker, ich war ja noch vollkommen unbefriedigt. Wenn mich meine Veranlagung , ich nenn das jetzt mal so, im Griff hatte, dann war alles aus, da gab es keinen eigenen Willen mehr oder so. Ich ziehe also den Jungen mit wenigen Griffen aus, ich reiße ihm die Klamotten in Fetzen, alles, alles soll kaputt sein, so wie der Junge auch, ich will den Jungen richtig kaputtmachen. Sein Geschrei geht mir auf die Nerven, aber es erregt mich auch immer stärker. Ich wollte jetzt endlich alles tun, was ich mir schon immer vorgestellt habe: das Ausziehen, das Quälen, das Schreien des Jungen und dann das Töten. Der Junge wehrt sich verbissen mit Händen und Füßen, er kratzt und beißt mich, ich will meine Hose ausziehen, aber er stößt mich immer wieder weg. Ich werfe ihn mit aller Kraft auf den Boden, trete ihm in den Bauch und in die Nieren, er schreit und heult und flennt, ich schlage ihm ins Gesicht, trete ihn immer wieder, er liegt jetzt nackt auf dem Boden, er ist schon halbtot, aber ich schlage immer wieder zu, immer wieder, das macht richtig Spaß. Und dann vergewaltige ihn noch einmal und schließlich nochmal. Und dann ist die Erregung des Morgens auf einen Schlag weg, total weg. Ich verspüre Abscheu und Ekel vor mir selbst, aber gleichzeitig bin ich total befriedigt und angenehm müde.“
Weigandt schweigt lange.
„Und dann?“
„Dann habe ich den Jungen getötet.“
Kapitel 16
Im Juni 1994 kam weitere Bewegung in den Fall, aber nicht durch Schirras neuerworbene Kenntnisse im Täter-Profiling, sondern durch einen aufmerksamen Duisburger Gebrauchtwagenhändler. Florians Fall war einige Tage zuvor im Fernsehen in Aktenzeichen XY … ungelöst gezeigt worden. Noch am selben Abend meldete sich der Autohändler bei der Polizei und gab an, im Januar 1993 einen blauen Opel Corsa mit Saarbrücker Kennzeichen gekauft zu haben. Wir erfuhren die Neuigkeiten erst, als Schirra uns drei Wochen später anrief. Michael winkte mich heran und stellte auf Lautsprecher. Es war Schirras Stimme anzuhören, daß die Soko Dreirad kurz vor einem Durchbruch stand.
„Warum sind Sie so sicher, daß Sie diesmal den richtigen Wagen haben?“ fragte Michael.
„Weil der frühere Besitzer zur Tatzeit in Saarbrücken gewohnt hat.“
„Haben Sie den früheren Besitzer ermittelt?“
„Ja. Der Gebrauchtwagenhändler muß ein ziemlich ordentlicher Geschäftsmann sein, er hat sich
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