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Die in der Hölle sind immer die anderen

Die in der Hölle sind immer die anderen

Titel: Die in der Hölle sind immer die anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Walker Jefferson
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heute so ganz anders verhielt als in der Vergangenheit.
    „Wann haben Sie den Entschluß gefaßt, Lacour den Gefallen nicht zu tun?“
    „Ich mußte keinen Entschluß treffen. Ich habe Khouraïchi Faye am übernächsten Tag nochmals verhört. Dabei hat er seine ursprüngliche Aussage widerrufen. Das Ergebnis dieses Verhörs hat alles entschieden.“
    „Wie denn so plötzlich? Haben Sie nicht gerade gesagt, Sie hätten ihm mit Abschiebung gedroht, und das hätte ihn nicht beeindruckt?“
    Schirra nahm einen großen Schluck aus dem Weinglas. Er schwieg eine halbe Minute und sah uns dann beide nacheinander an. Auf seinem Gesicht lag eine milde Zufriedenheit.
    „Ich bin vier Jahre in der Fremdenlegion gewesen: auf Korsika, in Algerien und ein Jahr im Tschad. Ich weiß, wie man mit Leuten wie Khouraïchi Faye reden muß, damit sie einen verstehen. Ich habe ihn am Abend vorgeladen und die ganze Nacht verhört, und zwar so, daß ihm klar wurde, daß ihm jetzt nicht der Entzug der Arbeitserlaubnis droht, sondern ganz was anderes. Nach zehn Stunden intensiver Kommunikation hat er ein Geständnis unterschrieben. Darin gibt er zu, daß er eine falsche Zeugenaussage gemacht und nicht mit Nicolai am dreizehnten Oktober Karten gespielt hat, weil Nicolai an diesem Tag nämlich gar nicht im La Carotte war. Als ich diesen Wisch in der Hand hatte, war klar, wie es mit Nicolai weitergehen würde.“
    „Und wie ging es weiter?“
    „Ich habe Nicolai am nächsten Tag damit konfrontiert, daß er kein Alibi mehr hat. Es hat nochmal acht Stunden gedauert, bis er endlich die Wahrheit gesagt hat. Vor zwei Wochen hat er ein Geständnis unterschrieben, das er gestern ebenfalls widerrufen hat. Aber das ist jetzt gleichgültig. Er hat kein Alibi für den Tag, die Indizien sind erdrückend, und all das, was er mir über den Mord an Florian erzählt hat, paßt genau ins Bild. Jetzt kann die Staatsanwaltschaft Anklage erheben.“
    Es war mittlerweile nach Mitternacht. Schirra hatte zwei Schachteln Zigaretten geraucht und die beiden Flaschen Wein fast alleine ausgetrunken. Wir waren alle drei müde, aber keiner von uns wollte das Gespräch beenden. Ich holte Mineralwasser aus der Küche und wir gingen auf den Balkon hinaus. Die Nacht war schwül und der Betonboden des Hinterhofes strahlte immer noch Wärme ab. Aus der Wohnung über uns drang orientalische Musik.
    Ich sah zum Himmel hinauf, es war Vollmond. Weit oben trieb ein warmer Wind weiße Wolkenfetzen über den Sternenhimmel dahin. Ich habe immer gerne zu den Sternen hinaufgeschaut und versucht, so viele Sternzeichen wie möglich zu erkennen. Als ich dreizehn war, hat mir mein Vater ein Teleskop geschenkt. Das, was für ihn nur ein Spielzeug war, wurde mein bester Gefährte in sternenklaren Nächten, wenn meine Eltern unten in der Gastwirtschaft waren oder sich vor dem Fernseher stritten. Wenn ich ganz allein und nicht selten vor Kälte zitternd auf dem Balkon durch mein Fernrohr schaute, kam oft eine friedliche, wunderbare Stimmung über mich, ein Gefühl, daß das Leben einen Sinn hätte und die Zukunft strahlend schön sein würde. Ich dachte an den einen Mann, den ich lieben würde, an eine Hochzeit in Weiß, an ferne Länder, die ich bereisen wollte, und an die vielen aufregenden Dinge im Leben, die noch vor mir lagen. Der Himmel ist der gleiche geblieben, immer noch rauscht der wilde Westwind in warmen Nächten durch die Platanen, wirbelt Blätter, Müll und Papier von den Straßen auf und treibt feine, durchsichtige Wolkenschleier nach Süden hin, dem Meer zu. Aber sonst ist in meinem Leben nichts mehr so, wie es einmal gewesen war.
    „Es ist ja schon nach Mitternacht“, sagte Schirra, als wir wieder im Wohnzimmer standen.
    „Jetzt ist es schon egal, ob Sie um zwei oder um drei Uhr morgens nach Hause kommen.“
    Schirra nickte und hob sein leeres Weinglas auf. Diesmal mußte Michael in den Keller gehen, um unsere letzte Flasche zu holen. Ich zündete eine Kerze an und dachte dabei an Florian, der viele Jahre immer um diese Zeit aufgewacht ist und erst wieder einschlief, nachdem wir ihm ein Licht ins Zimmer gestellt hatten. Als Schirra wieder eine brennende Zigarette in der einen und ein volles Glas in der anderen Hand hielt, stellte ich ihm die Frage, die mir seit Stunden im Kopf herumging.
    „Warum haben Sie nicht getan, was Lacour von Ihnen wollte?“
    Schirra atmete schnaufend aus.
    „Es gibt zwei Gründe – einen professionellen und einen persönlichen.“
    „Dürfen wir

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