Die Indoeuropäer: Herkunft, Sprachen, Kulturen
1987: 26)
Lopadotemachoselachogaleokranioleipsanorimupotrimmatosilph-iiokarabomelitokatakechumenokichlepikossuphophattoperisteralek-truonoptokephalliokinklopeleiolagoiosiraiobaphetraganopterugon.
Es handelt sich um den Namen eines komplexen Gerichtes (Fisch, Krabben, Taube, Huhn u.a.) mit vielen Zutaten (Honig, neuer Wein u.a.).
Die Entwicklung des Formenschatzes des Proto-Indoeuropäischen in den einzelnen Sprachzweigen zeigt zweierlei Trends: zum einen ein Bewahren (oder sogar eine Verstärkung) des Synthetismus, zum anderen einen Übergang zu analytischen Ausdrucksweisen. In der Sprachtypologie der 1960er Jahre (Greenberg u.a.) sind die Grundlagen erarbeitet worden, das Verhältnis von Synthetismus zu Analytismus formal zu beschreiben. Der Synthetismusindexresultiert danach aus dem Verhältnis der Anzahl der Morpheme (= bedeutungstragende Einheiten wie Wortstamm oder grammatische Endungen) pro Wort, ausgedrückt im Maß M/W (morphemes per word). Nach Greenberg sind Sprachen mit einem Durchschnittswert über 2,0 synthetisch und solche unter 2,0 analytisch.
Im Bauplan einiger Sprachen bleibt die synthetische Architektur weitgehend erhalten. Beispiele dafür bieten das Slawische und Indo-Arische. Die meisten Suffixe des Indoeuropäischen bestehen aus jeweils einem Phonem (d.h. einem bedeutungsunterscheidenden Laut), während im Urslawischen Suffixe mit zwei Phonemen dominieren und sich die Suffixe in den modernen slawischen Sprachen aus zwei bis vier Phonemen zusammensetzen. Die slawischen Sprachen illustrieren also das Phänomen eines Anwachsens der Substanz formativer Elemente, und hierin manifestiert sich eine maximale Verstärkung des synthetischen Prinzips. Der Synthetismusindex des Altkirchenslawischen (M/W 2,29) liegt sogar höher als der des Finnischen (2,22), das nicht zum Kreis der indoeuropäischen Sprachen gehört.
Die Entwicklung vom altindischen zum mittelindischen Sprachstadium zeigt selektiv eine Zunahme des Synthetismus, beispielsweise im Pali mit Werten (je nach Textgenre) zwischen minimal 2,81 und maximal 3,30 (Elizarenkova/Todorov 1976: 245). Die Synthetismuswerte der Pali-Texte liegen sämtlich weit über dem Wert des Sanskrit (2,59). Werte über 3,0 signalisieren Polysynthetismus, d.h. ein extremes Maß an Gebundenheit von Morphemen am Wortstamm. Dies ist kein isoliertes Phänomen in der Sprachenlandschaft Indiens. Polysynthetismus ist dort auch in der Strukturtypik der dravidischen Sprachen vertreten (z.B. Tamil: 3,18).
In den anderen indoeuropäischen Sprachzweigen hat sich die Wirkung flektierender Sprachtechniken graduell abgeschwächt. Der synthetische Sprachbau hat sich in analytische Konstruktionen transformiert. Diese Transformationen werden im Vergleich der Werte für das M/W-Maß deutlich: z.B. Altgriechisch (2,07) vs. Neugriechisch (1,82); Altpersisch (2,41) vs. Neupersisch (1,52); Altenglisch (2,12) vs. Neuenglisch (1,68).
Insgesamt zeigt sich, dass analytische Tendenzen bei den indoeuropäischen Sprachen mit ihrer flektierenden Architektur eindeutig sekundäre Entwicklungen sind (Hinrichs 2004). Die graduelle Verstärkung des Analytismus kann berechtigterweise als Indiz für den Wandel vom hoch entwickelten flektierenden Typ mit seinen synthetischen Techniken (wie noch im Gotischen) in Richtung auf den isolierenden Typ mit analytischen Konstruktionen gewertet werden.
Kulturwandel und Sprachwechsel unter dem Druck der Elite
Mit der von Gimbutas konzipierten Kurgan-Theorie (s. Kap. 1) gab es ein Problem. Die von ihr postulierten Migrationen wurden als die Bewegungen von zahlenmäßig bedeutenden Bevölkerungsgruppen verstanden. Allerdings kann die Archäologie solche Migrationen nicht nachweisen, und auch die Humangenetik kann keine signifikanten Spuren im genomischen Profil späterer Bevölkerungen ausmachen. Die Vorstellung, dass riesige Reiterhorden aus der russischen Steppe nach Westen gestürmt wären, ist unhaltbar. Wie soll man sich nun aber die Verbreitung von Sprachen vorstellen, ohne dass gleichzeitig die Menschen, die Träger dieser Sprachkulturen, migrieren? Auf den ersten Blick scheint sich hier ein unlösbarer Widerspruch aufzutun, der aber dennoch ausgeräumt werden kann. Der Ansatz dafür liegt in der materiellen Hinterlassenschaft der Suvorovo-Kultur im Schwarzmeergebiet.
Die Gemeinschaften im Nordwesten des Schwarzen Meeres haben um die Mitte des 5. Jahrtausends v. Chr. einen durchgreifenden Wandel erlebt, und der lässt sich nicht anders als durch
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