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Die Indoeuropäer: Herkunft, Sprachen, Kulturen

Die Indoeuropäer: Herkunft, Sprachen, Kulturen

Titel: Die Indoeuropäer: Herkunft, Sprachen, Kulturen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Haarmann
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Phrygisch, Armenisch, Tocharisch, Albanisch. Die Abspaltungsprozesse setzen in jedem Fall vor 1000 v. Chr. ein, in den meisten Fällen vor 2000 v. Chr. Die slawischen Sprachen differenzieren sich weiter erst ab etwa 600 n. Chr. aus, und der baltische Sprachzweig teilt sich in individuelle Einzelsprachen erst nach 1000 n. Chr.
    10 Die Ausgliederung regionaler Kulturkomplexe und Sprachzweige des Indoeuropäischen (nach Mallory/Adams 1997: 586)
A – Früheste Dokumentation regionaler Sprachzweige
B – Endphase des Proto-Indoeuropäischen vor der Spaltung in regionale Sprachzweige
C – Beginn des Neolithikums in den Regionen mit indoeuropäischen Populationen
D – Frühestes Auftreten von Indoeuropäern in einzelnen Regionen (nach dem Modell der Kurgan-Migrationen)
E – Zeitpunkt der Ausgliederung regionaler Sprachzweige (z.B. Proto-Keltisch, Proto-Germanisch, Anatolisch)
    Die historische Sprachwissenschaft hat elementare Spaltungsmuster erkannt. So werden im Hinblick auf die unterschiedliche Entwicklung der stimmlosen palatalen Konsonanten des Proto-Indoeuropäischen sämtliche Sprachen in zwei Großgruppen eingeteilt; als eine Art Marker fungiert dabei der Anlaut des Wortes für ‹100›:
Kentum(Centum)-Sprachen: Anatolisch ohne Luwisch, Germanisch, Griechisch, Italisch, Keltisch, Tocharisch
und Satem-Sprachen: Indo-Iranisch, Luwisch, Slawisch, Baltisch, Thrakisch, Albanisch, Armenisch.

4. Migration nach Westen (ab ca. 4000 v. Chr.)
    Binnen weniger Generationen wurden aus den Viehnomaden, die sich als Eliten im Siedlungsgebiet der Alteuropäer etablierten, selbst Ackerbauern. Zwar dominierte das Indoeuropäische im Kontakt mit den Alteuropäern, die Indoeuropäisierung Südosteuropas und später Westeuropas war aber keineswegs eine einseitig gerichtete Assimilationsbewegung und Verdrängung der autochthonen Sprachen. Vielmehr beeinflussten die Sprachen der Alteuropäer ihrerseits die Sprache der Elite.
    Das Proto-Indoeuropäische besaß eine spezialisierte, an nomadischen Lebensweisen und Viehhaltung orientierte Terminologie, die zu den ältesten Schichten seines Wortschatzes gehörte (s. Kap. 2). Als Folge der Akkulturation seiner Sprecher traten Elemente der Ackerbauterminologie als jüngste lexikalische Schicht des Proto-Indoeuropäischen hinzu (Mallory/Adams 2006: 166ff., Haarmann 2007b: 163).
    Die Distribution der Terminologien für Viehhaltung und Ackerbau scheint besonders plastisch im Wortschatz des Altgriechischen auf, d.h. in der ältesten Form des Indoeuropäischen in Europa, die schriftlich fixiert wurde. Während die vorgriechischen Sprachstadien – ebenso wie die indoeuropäischen und uralischen Proto-Sprachen – lediglich aufgrund historisch-komparatistischer Methoden rekonstruiert, also postuliert werden können, ist der altgriechische Wortschatz in Texten dokumentiert. Gerade das Altgriechische ist in besonderem Maße geeignet, die Fusionsprozesse zu illustrieren, die sich als Folge des «élite recruitment» entfalteten.
Die Symbiose mit Kultur und Sprachen Alteuropas
    Das Verdienst, den Charakter der vorindoeuropäischen Kulturen Südosteuropas als Zivilisation (im Sinne von Hochkultur) erkannt und dokumentiert zu haben, kommt Marija Gimbutas (1982, 1991) zu. Die Konturen der alteuropäischen Zivilisation – heute vorzugsweise als Donauzivilisation bezeichnet – sind durch neuere Forschungen bestätigt worden (z.B. Haarmann 2003a: 95ff., Anthony 2007: 225ff., Marler 2008). Einen visuellen Eindruck von der verfeinerten Kunstästhetik der Alteuropäer vermitteln Skulpturen, die nach Stil und Formgebung sogar Künstler der Moderne wie Constantin Brancusi oder Henry Moore beeindruckt haben (Haarmann 2009a: 223ff.; Abb. 11).
    Alteuropa hat den Indoeuropäern nicht nur agrarische Lebensweisen vermittelt, sondern auch sprachliche Spuren hinterlassen. Nicht-indoeuropäische Substrateinflüsse lassen sich sowohl im Wortschatz als auch in den grammatischen Strukturen des Altgriechischen nachweisen (Strunk 2003). Unter den mehr als tausend vorgriechischen Substratelementen sind vor allem solche von Interesse, die den Wert von diagnostischen Markern der prähistorischen Akkulturation besitzen. Sie finden sich in den verschiedensten Domänen des altgriechischen Wortschatzes und illustrieren den technologischen Entwicklungsstand der sesshaften Bevölkerung, deren Errungenschaften denen der indoeuropäischen Immigranten überlegen waren.
    Ausdrücke wie altgriech.
oinos
‹Wein›

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