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Die Indoeuropäer: Herkunft, Sprachen, Kulturen

Die Indoeuropäer: Herkunft, Sprachen, Kulturen

Titel: Die Indoeuropäer: Herkunft, Sprachen, Kulturen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Haarmann
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jahrhundertelang mit Ostseefinnen im Kontakt. Diese nicht-indoeuropäischen Populationen wurden nicht einfach verdrängt, sondern es bestanden über den Tauschhandel enge Wechselbeziehungen. Aus langfristigen Siedlungsgemeinschaften gingen ethnisch gemischte Nachkommen hervor, die in der Regel zweisprachig waren. Anders lässt es sich kaum erklären, dass so zahlreiche Lehnwörter herüber und hinüber wechselten. Bis zu 28 % Wörter nicht-indoeuropäischer Herkunft leben im elementaren Wortschatz der germanischen Sprachen weiter. Auch Grammatik und Lautsystem der im Kontakt stehenden Sprachen beeinflussten sich wechselseitig. Es wird angenommen, dass die von anderen indoeuropäischen Sprachen abweichende Anfangsbetonung im Germanischen auf Einwirkung ostseefinnischer Sprachen zurückgeht. Umgekehrt übernahmen die finnisch-ugrischen Sprachen im Ostseeraum (Finnisch, Estnisch u.a.) flektierende Techniken für bestimmte Bereiche ihrer Grammatik (Haarmann 2006: 246f.).
    Das Gemeingermanische war spätestens im 1. Jahrhundert v. Chr. ausgegliedert in drei Hauptgruppen: Ost-, Nord- und Westgermanisch. Zunächst war das Nordgermanische beschränkt auf Norwegen und Schweden, während in Dänemark Sprecher des Westgermanischen siedelten. Mit der Abwanderung von Angeln, Jüten und Sachsen nach Britannien und der Langobarden nach Süden wurde Dänemark weitgehend entvölkert. Erst in der zweiten Hälfte des 1. Jahrtausends unserer Zeitrechnung wurde die Region wieder von Nordgermanen besiedelt. Die Oder war die ungefähre Trennlinie zwischen Westgermanen und Ostgermanen.
    Die Goten siedelten auf der Insel Gotland, die ihren Namen nach ihnen erhalten hat, im Gebiet der Weichselmündung, in dersüdrussischen Steppe, an der Nordküste des Schwarzen Meeres, auf der Halbinsel Krim, in Dakien, Pannonien und angrenzenden Gebieten auf dem Balkan, in Norditalien, im Südwesten Frankreichs und im Norden Spaniens. Und so war das zu den ostgermanischen Sprachen zählende Gotische die am weitesten in Europa verbreitete germanische Sprache. Es ist die einzige germanische Sprache, die in der Spätantike sowohl im Osten (Okuka 2002: 171ff.) als auch im Westen Europas (Ammon/Haarmann 2008: 385ff.) dokumentiert ist: zunächst im 4. Jahrhundert n. Chr. auf dem Balkan; nach mehr als hundert Jahren Zäsur dann wieder in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts n. Chr., und zwar in Norditalien.
    Gliederung der germanischen Sprachen
Westgermanisch: Deutsch, Englisch, Friesisch, Jiddisch, Letzeburgisch, Niederländisch, Afrikaans
Nordgermanisch: Dänisch, Norwegisch, Schwedisch, Isländisch, Färingisch
Ostgermanisch (ausgestorben): Gotisch, Gepidisch, Burgundisch, Vandalisch, Herulisch
    Ihre politische und kulturelle Hochphase erlebten die Goten in Westeuropa mit ihren drei Reichen, dem Tolosanischen Reich (418–507) in Frankreich, dem Ostgotenreich in Italien (488–555) und dem Toledanischen Reich (507–711) in Spanien. Die kulturell produktivste Periode für das Gotische war die Zeit, als Norditalien unter ostgotischer Herrschaft stand. In Frankreich ist möglicherweise einiges an Übersetzungsliteratur entstanden. Aus Spanien dagegen ist kein nennenswertes Schrifttum in gotischer Sprache überliefert, da dort eine rasche Assimilation an das Romanische stattfand.
    Von all den germanischen Bevölkerungsgruppen, die an der sogenannten Völkerwanderung in der Spätantike und im frühen Mittelalter beteiligt waren, werden die Vandalen am kontroversesten beschrieben. Sie hatten zudem die längste Migrationsroute: Im 2. Jahrhundert n. Chr. zogen sie in zwei Hauptstämmen, den Hasdingen und Silingen (daher der Name der Landschaft Schlesien), aus der Region zwischen Oder und Warthe ab, zunächst nach Süden, bald aber nach Westen, durch Mitteleuropa und durch Gallien bis auf die Pyrenäenhalbinsel. Die im 8. Jahrhundert dort eindringenden Araber benannten die Landschaft Andalusien nach ihnen (Al-Andalus).
    Der bekannteste Herrscher der Vandalen war König Geiserich (reg. 428–477), der im Jahre 429 mit rund 80.000 vandalischen und alanischen Gefolgsleuten nach Afrika übersetzte und in langen Kämpfen mit den Römern Teile des heutigen Tunesien undAlgerien eroberte. Hauptstadt des Reiches der Vandalen in Afrika wurde das 439 eroberte Karthago. Die Vandalen machten in der Folgezeit vor allem wegen der Raubzüge von sich reden, die sie mit ihrer Flotte in den Häfen der Anrainerstaaten des westlichen Mittelmeeres unternahmen.
    Dass die

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