Die Indoeuropäer: Herkunft, Sprachen, Kulturen
Westens genannten
Keltoi –
bei den Römern hießen sie
Celtae –
tatsächlich Kelten waren. Zahlreiche Orts- und Gewässernamen sprechen jedoch für die weite Verbreitung festlandkeltischer Stämme. Darin gehören die Formantien -
dunum
(‹befestigte Siedlung›) wie in Lugdunum (> Lyon), -
acum
wie in Mogontiacum (> Mainz) und -
magus
wie in Regomagus (> Remagen) zu den produktivsten Elementen. Vor der Verbreitung des Lateinischen in den Provinzen des Römischen Reiches war das Festlandkeltische mit seinen regionalen Varianten die am weitesten verbreitete Sprachgruppe Europas. Die größte Ausdehnung hatte das Siedlungsgebiet der Festlandkelten im 3. Jahrhundert v. Chr. Die meisten Festlandkelten habensich in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten ans Sprechlatein assimiliert.
Die keltischen Bevölkerungsgruppen haben zu keiner Zeit ein überregionales Bewusstsein ethnischer Gemeinsamkeit entwickelt, d.h. sie haben sich nie als ein Volk verstanden, wie – ungeachtet regionaler kultureller Unterschiede – die Griechen. Trotz der Unterschiede zwischen den keltischen Sprachen auf dem Festland, dem Gallischen, Keltiberischen und Lepontischen, schufen ähnliche mythische Vorstellungen und die religiösen Kulte ein Gefühl der Zusammengehörigkeit auch bei den regionalen Gruppen der Kelten.
14 Bild der Epona im Damensitz auf einem Pferd; Relief aus Ladenburg, Baden-Württemberg; um 150 n. Chr. (nach Müller 2009: 144)
Die Kunst der Kelten zeichnet sich sowohl thematisch als auch stilistisch durch starke regionale Variation aus. Im Westen kommt es zur Fusion keltischer und römischer Traditionen, im Südosten Europas wird die keltische Kunst von griechischen Vorbildern inspiriert. Die darstellende Kunst und das Kunsthandwerk bieten eine erstaunliche Vielfalt an Motiven, Formen und Materialien (s. Müller 2009: 270ff. zu einem Katalog mit mehr als 100 Motiven). Erhalten sind Objekte wie Skulpturen, Kleidungs- und Zaumzeugverzierungen, Reliefs und Gefäße aus Metall (Gold, Silber, Bronze), Stein, Holz u.a.
Wesentlich einheitlicher war das Kultleben der Kelten. Einer dieser Kulte war der der Pferdegöttin Epona, die bei den berittenen Kriegern besonders verehrt wurde. Darstellungen der Göttin – in Form von Statuetten oder als Reliefs – hat man an Pilgerstätten sowie in den Ställen von Garnisonen gefunden. Die Römer kannten keine Pferdegöttin. Es scheint, dass dies im Kontrastmit dem keltischen Götterpantheon als Mangel empfunden wurde, denn der Epona-Kult verbreitete sich auch bei den italischen Siedlern, die sich als Nachbarn der Kelten in Gallien und Germanien niederließen (Abb. 14).
Festlandkeltische Sprachen sind zwischen dem 3. Jahrhundert v. Chr. und dem 4. Jahrhundert n.Chr. in vier Schriftarten inschriftlich überliefert: in griechischer Schrift (Gallisch in Südfrankreich), in lateinischem Alphabet (Gallisch in Frankreich), in einer Variante der etruskischen Schrift (Luganer Alphabet) zur Schreibung des Lepontischen und in einer Variante der iberischen Schrift zur Schreibung des Keltiberischen in Spanien. Eine kontinuierliche Schriftlichkeit setzte bei den Inselkelten erst im 4. Jahrhundert n. Chr. in Irland ein, zunächst in der einheimischen Ogham-Schrift, seit dem 5. Jahrhundert auch in Lateinschrift.
Gliederung der keltischen Sprachen
Festlandkeltisch (ausgestorben): Gallisch, Keltiberisch, Lepontisch, Galatisch
Inselkeltisch: Gälisch (Irisch, Manx, Schottisch-Gälisch), Britannisch (Kymrisch, Kornisch, Bretonisch)
Germanen. Seit mindestens der Mitte des 2. Jahrtausends v. Chr. setzte der langandauernde Abspaltungsprozess der germanischen Sprachkultur ein. Er war zunächst auf ein kleines Areal begrenzt, neuere Forschungen zu Orts- und Gewässernamen weisen auf das südliche Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Der allgemeine Eindruck von der Konzentration germanischer (nordischer) Sprachen in Skandinavien bezieht sich auf einen späteren Zeitpunkt, als germanische Populationen ihr Siedlungsgebiet von Süden her ausgeweitet hatten.
Erst aus der Mitte des 1. Jahrtausends v. Chr. gibt es nähere Informationen über die Wohnsitze der Germanen. Damals bereits siedelten sie in einem weiten Areal, das sich über Dänemark, das südliche Norwegen und Süd-Schweden erstreckte und sich an den Küsten von Nord- und Ostsee von Flandern im Westen bis ins Flusstal der Weichsel im Osten ausdehnte. Im Westen drängten die Germanen keltische Stämme ab. Im Ostseeraumstanden sie
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