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Die Indoeuropäer: Herkunft, Sprachen, Kulturen

Die Indoeuropäer: Herkunft, Sprachen, Kulturen

Titel: Die Indoeuropäer: Herkunft, Sprachen, Kulturen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Haarmann
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aus. Verwandtschaftlich steht es in engeren Beziehungen zum baltischen Sprachzweig, so legt es u.a. der Göttername Perkos bzw. Perkon (Beiname des thrakischen Reitergottes Heros) nahe, der im litauischen ‹Donnergott› Perkunas seine Parallele hat. An regionalen Dialekten können das Dakische im Westen, das Moesische im Süden und das Getische im Osten identifiziert werden.
    Thrakisch wurde nur sporadisch als Schriftsprache verwendet. Von den in Bulgarien gefundenen kurzen Inschriften sind nur vier unumstritten thrakisch (in griechischer Schrift). Die längste dieser Inschriften ist auf einem in Ezerovo gefundenen goldenen Ring eingraviert.
    Hochkünstlerische Objekte aus Gold – gefertigt nach den Standards der zeitgenössischen griechischen oder persischen Ästhetik, jedoch mit den zentralen Motiven der thrakischen Mythologie – sind die wesentliche materielle Hinterlassenschaft der Thraker, die ältesten Funde datieren ins 13. Jahrhundert v. Chr. Sie wurden in unzähligen Tumulusgräbern gefunden, und immer wieder machen die Archäologen sensationelle Funde von goldenen Totenmasken, Gefäßen, Gerätschaften, Statuen, Schmuck. Auffallend sind reich verzierte Trinkbecher oder Trinkhörner (griech. Rhyton) aus Gold oder Silber (Abb. 15). Diese Becher spielten eine zentrale Rolle im Kult des Dionysos, der bei den Thrakern ebenso wie bei den Griechen beliebt war.
    Sozialstruktur, Technologien, Mythologie und Brauchtum der Thraker lassen sich allein über diese Objekte erschließen, da es ja(fast) keine schriftlichen Überlieferungen gibt. Sie waren «vornehmlich Insignia, Symbole sozialer Auszeichnung und Macht» (Marazov 2005: 8). Die Machtstrukturen der thrakischen Herrscher basierten auf dem Dualismus von Himmel und Erde. Der König, der edle Reiterkrieger, war gleichzeitig weltlicher Herrscher und oberster Priester, dem die korrekte Ausführung der Rituale oblag, die erforderlich waren, um das kosmische Gleichgewicht aufrechtzuerhalten. Als Sohn und Gatte der Großen Göttin, mit der er sich rituell in der heiligen Hochzeit vereinte, war der König eine mythisch verklärte Figur.
    15 Goldener Trinkbecher (Rhyton) mit Pferdeprotome, Schatzfund von Borovo/Bulgarien, Ende 5. Jh. v. Chr. (aus: «Gold der Thraker», 1979: 27)
    Die symbolische Funktion der Goldschmiedekunst war die Verherrlichung des Hohepriesters und der kosmischen Ordnung. Diese Ansammlung kostbaren Reichtums v.a. in den thrakischen Herrschergräbern ähnelt in ihrer mythisch-religiösen Motivation an die goldenen Beigaben der Gräber von Varna aus der späten Kupferzeit (Mitte des 5. Jahrtausends v. Chr., s. Kap. 3). Es ist sicher nicht abwegig, hier ein kulturhistorisches Erbe der alteuropäischen Ära zu vermuten, dem die thrakischen Goldschmiede letztlich auch ihr Know-how im Umgang mit diesem Metall verdankten. Über welche Zwischenstadien die alte Goldschmiedekunst tradiert worden ist, darüber kann man derzeit nurspekulieren. Jedenfalls existieren keine antiken Berichte, wonach das Metallhandwerk nach Thrakien importiert worden wäre.
    Teile der thrakischen Bevölkerung assimilierten sich schon in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung an griechische Lebensweise und Sprache, andere wurden romanisiert und nahmen das Lateinische als Muttersprache an. In abgelegenen Regionen des Rhodopen-Gebirges hielt sich das Thrakische in einigen Sprachinseln bis ins 6. Jahrhundert. Danach assimilierten sich die letzten Thraker an die Slawen, die seit dem 5. Jahrhundert n. Chr. das thrakische Siedlungsgebiet übervölkert hatten.
    Illyrer und Messapier. Die Illyrer (griech.
Illúrioi,
latein.
Illyrii
) siedelten im Nordwesten der Balkanregion. Ihr Verbreitungsgebiet erstreckte sich von der Adriaküste Dalmatiens bis nach Makedonien. Die Siedlungsdichte illyrischer Bevölkerungsgruppen war im Gebiet des heutigen Albanien und Bosnien am größten. Die Volksstämme jener Region werden in den Berichten römischer Autoren (so bei P. Mela, II 56, und bei Plinius dem Älteren in seiner «Naturalis historia» 3.144)
Illyrii proprie dicti
(‹Illyrer im eigentlichen Sinn›) genannt. Die Illyrer waren kein ethnisch homogenes Volk, sondern eine Konföderation verschiedener Stämme. Dazu gehörten Dalmater, Liburner, Taulantier, Breuker, Iapoden u.a. Von den Dardanern wird angenommen, dass sie vielleicht ursprünglich ein Stamm der Thraker waren, deren Kultur von der illyrischen überformt wurde. Seit dem 3. Jahrtausend v. Chr.

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