Die Indoeuropäer: Herkunft, Sprachen, Kulturen
römischen Kulturtraditionen und mit dem Lateinischen. Die Illyrer akkulturierten sich allmählich, nahmen römische Lebensweisen an und vollzogen den Sprachwechsel zum Lateinischen. Zur Zeit der Spätantike waren die illyrischen Bewohner im Küstengebiet der Adria zum größten Teil romanisiert. In Nachbarschaft der romanisierten Küstenbewohner ließen sich seit dem frühen Mittelalter Bewohner des Inlandes nieder, die ihre illyrische Muttersprache beibehalten hatten. Aus dieser Siedlungssymbiose ist im Gebiet des nördlichen Albanien das Volkstum der Albaner entstanden.
Die kulturelle und sprachliche Symbiose zwischen den romanisierten Illyrern an der Adriaküste und den illyrischen Bewohnerndes bergigen Inlands, die ihre einheimischen Traditionen gegen den Druck der römischen Welt behauptet hatten, scheint bis heute in der albanischen Sprache auf. Die Hinterlassenschaft der romanisierten Illyrer sind mehr als 600 Lehnwörter lateinischer Herkunft im albanischen Wortschatz sowie verschiedene Elemente der albanischen Wortbildung (Suffixe, Präfixe). Von der Sprache der vor-indoeuropäischen Bevölkerung, die an der Ethnogenese des Illyrertums beteiligt war, haben sich einige Substratelemente im Wortschatz des Albanischen erhalten (z.B. alban.
mal
‹Berg›).
Neuere lexikostatistische Untersuchungen zeigen, dass die Bevölkerungsgruppen, die an der Entstehung der albanischen Sprachkultur beteiligt waren, wohl schon lange vor der Zeitenwende im balkanisch-adriatischen Kontaktareal sesshaft waren (Holm 2009). Eine breite Schicht von Lehnwörtern und wortbildenden Elementen aus dem Lateinischen belegt das römische Kulturerbe.
Das historische Kernland albanischer Siedlung war das Hochland Nordalbaniens. Erst im Laufe des 12. bis 14. Jahrhunderts hat sich die albanische Bevölkerung auch nach Südalbanien und in das Kosovo ausgedehnt. Im Verlauf dieser Migrationen bildeten sich die beiden Hauptgruppen der albanischen Bevölkerung aus, die Gegen im Norden und die Tosken im Süden. Das Albanische in seinen Varianten wird seit dem 15. Jahrhundert als Schriftsprache verwendet.
Veneter. Die Kultur der Veneter (griech.
Evetoi,
latein.
Veneti
) hat sich im 9. Jahrhundert v. Chr. aus dem Kontinuum der über ganz Italien verbreiteten Proto-Villanova-Kultur ausgegliedert. Nach ihnen ist die historische Landschaft Venetien (italien. Veneto) im Nordosten Italiens benannt. Diese Veneter sind nicht identisch mit einer anderen indoeuropäischen Bevölkerungsgruppe, deren Siedlungsgebiet in Mitteleuropa lag (s. Abb. 13, S. 63). Die Veneter siedelten an der Adriaküste bis zur Mündung des Po und weiter im Binnenland. Die wichtigsten Zentren waren Ateste (Este), Patavium (Padua), Tarvisium (Treviso) und Bellunum (Belluno). Die Veneter konnten sich lange Zeit gegenden Expansionsdruck sowohl der Etrusker als auch der in Norditalien ansässigen Gallier behaupten. Aber ab 215 v. Chr. standen sie unter römischer Kontrolle; römisches Bürgerrecht wurde ihnen im 1. Jahrhundert v. Chr. zugesprochen. Zu dieser Zeit hatten sich die Veneter schon weitgehend an römische Lebensweisen assimiliert.
Das Venetische repräsentiert einen eigenen indoeuropäischen Sprachzweig, entfernt verwandt ist das Illyrische. Die mehr als 200 erhaltenen, meist kurzen Inschriften stammen überwiegend aus der Region um Ateste. Sie finden sich auf Stein- oder Bronzetafeln und auch auf Tongefäßen. Das Venetische wurde in einer Variante des etruskischen Alphabets geschrieben. Im Laufe seiner Geschichte entwickelte sich eine Besonderheit: ein Punktiersystem, mit dem Silben und Wörter voneinander getrennt wurden. In der ältesten Inschrift aus der Zeit um 550 v. Chr. (auf einem Kantharos-Gefäß von Lozzo) wird diese graphische Technik jedoch noch nicht verwendet. Die jüngsten venetischen Inschriften stammen aus dem 1. Jahrhundert v. Chr.
5. Migration nach Osten (ab ca. 2500 v. Chr.)
Die indoeuropäischen Viehnomaden dehnten schon früh ihre Weidegebiete in die östliche Steppenlandschaft im Südosten des Uralgebirges aus. Diese Region sollte sich zu einer wichtigen Drehscheibe für die verkehrstechnischen Verbindungen entwickeln, die sich zwischen der europäischen Steppe (südwestlich des Ural) und dem indischen Subkontinent öffneten (s.u. zur indo-iranischen Makrogruppierung). Durch die Steppen- und Wüstenlandschaft Zentralasiens führten Handelswege, die sich in zwei Hauptrichtungen abzweigten, und zwar nach Süden ins iranische
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