Die Insel Der Abenteuer
brachte einen kleinen Tisch und Jacks Koffer herauf. Er stellte die Sachen ins Zimmer und sah aus dem Fenster. »Er scheint sehr schlechter Laune zu sein«, dachte Philipp. Nicht daß er jemals guter Laune gewesen wäre, aber heute sah er noch mürrischer aus als sonst.
»Was ist los, Jo-Jo?« fragte Philipp, der sich nicht im mindesten vor dem verdrießlichen Diener fürchtete.
»Siehst du wieder ,Wesen'?« Die Kinder hatten oft über Jo-Jos Einbildung gelacht, daß nachts ,Wesen' herum-wanderten.
Jo-Jo machte ein böses Gesicht. »Frau Polly sollte dieses Zimmer nicht benutzen«, sagte er. »Ich habe es ihr auch gesagt. Es ist ein schlechtes Zimmer. Man kann von hier aus die Toteninsel sehen, wenn die Nebel hochge-hen. Und es ist nicht gut, auf die Toteninsel zu sehen.«
»Ach, sei nicht albern, Jo-Jo«, sagte Philipp lachend.
»Ach, sei nicht albern, Jo-Jo«, wiederholte Kiki sofort und ahmte Philipps Stimme genau nach. Jo-Jo blickte die beiden Knaben und den Vogel finster an.
»Hör auf meine Worte, Philipp«, sagte er, »und sieh nicht mehr nach der Toteninsel hinüber als nötig. Dies ist das einzige Zimmer, von wo aus man sie sehen kann, und deshalb ist es ein schlechtes Zimmer. Es kam noch nie etwas Gutes von der Toteninsel. Schlechte Männer lebten dort, und schlechte Taten wurden dort vollbracht.
Schlechtigkeit kam von der Insel, so lange man denken kann.«
Mit dieser unheimlichen Warnung verschwand der schwarze Mann die Treppe hinunter, und seine Augen rollten fürchterlich, als er auf die beiden Knaben zurück-blickte.
»Netter Bursche, was?« sagte Philipp zu Jack, während die beiden Jungen die Matratze ausbreiteten. »Halb verrückt, denke ich. Jedenfalls muß er doch verdreht sein, wenn er hier solche Arbeiten macht. Woanders könnte er bestimmt viel mehr Geld verdienen.«
»Was ist das für eine Toteninsel, von der Jo-Jo sprach?« fragte Jack und ging zum Fenster. »Ein seltsamer Name! Ich kann gar keine Insel sehen, Büschel!«
»Man kann sie fast nie sehen«, erwiderte Philipp. »Sie liegt gerade dort im Westen und ist von einem Felsenring umgeben, an dem sich dauernd die Wellen brechen, so daß der Gischt hoch in die Luft spritzt. Es scheint immer Nebel über der Insel zu hängen. Niemand lebt dort seit vielen, vielen Jahren.«
»Da möchte ich gern mal hin«, sagte Jack sehnsüchtig.
»Es müssen ja Hunderte von Vögeln auf der Insel sein, ganz zahm und zutraulich. Denk mal, wie wundervoll!«
»Zahm und zutraulich? Wie kommst du darauf?« fragte Philipp erstaunt. »Sieh dir die Vögel hier an, sie haben sogar vor Kiki Angst.«
»Ja, aber die Vögel auf der Toteninsel kennen doch keinen Menschen. Sie haben es nicht gelernt, ängstlich und vorsichtig zu sein. Ich könnte ein paar herrliche Aufnahmen machen. Wie gern würde ich dort hinsegeln!«
»Aber du kannst nicht«, sagte Philipp. »Ich selber war nie auf der Insel. Soviel ich weiß, war überhaupt noch niemals einer dort. Sieh mal, ist dies der beste Platz für die Matratze? Wir wollen sie nicht zu nahe ans Fenster legen, weil der Regen sie sonst naß machen würde. Es regnet hier sehr oft.«
»Lege sie hin, wo du willst.« Jack träumte von der ge-heimnisvollen Insel und ihren Vögeln. Er könnte dort vielleicht Vögel sehen, die er noch gar nicht kannte, er könnte seltene Nester und Eier finden. Er könnte die herr-lichsten Vogelaufnahmen der Welt machen. Jack war trotz der düsteren Warnung von Jo-Jo fest entschlossen, die Toteninsel zu besuchen, wenn er irgend konnte.
»Komm hinunter zu den andern«, sagte Philipp schließlich und legte das letzte Kleidungsstück in die Truhe.
»Man kann nicht behaupten, daß du viel geholfen hast, Jack. Komm, Kiki.«
Die Jungens gingen die enge Wendeltreppe hinunter.
Herrliche Ferienwochen lagen vor ihnen. Keine Arbeit, kein Unterricht, nur Baden, Klettern und Rudern! Es wür-de bestimmt wunderbar werden!
Die Tage vergehen
Die Mädchen hatten sich für beide Zimmer entschieden. Die Räume waren sehr klein, und es würde leichter sein, sie sauberzuhalten, wenn nicht so viel darin stand.
»In einem Zimmer würden wir niemals Platz genug für unsere Sachen haben«, sagte Dina, und Lucy stimmte ihr zu. Sie war oben im Turmzimmer gewesen, und es gefiel ihr sehr. Am liebsten hätte sie auch ein Zimmer ohne Glasscheiben gehabt. »Es ist fast so, als ob man unter freiem Himmel schläft«, dachte das Mädchen, als sie sich aus dem Fenster lehnte und den Seewind in ihrem Haar spürte.
Die
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