Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Insel der besonderen Kinder

Die Insel der besonderen Kinder

Titel: Die Insel der besonderen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ransom Riggs
Vom Netzwerk:
Lippen konnten sie nicht verhüllen und waren zurückgezogen zu einem schiefen Grinsen.
    Und dann öffnete sich dieses furchterregende Gebiss, ließ drei sehnige, armdicke Zungen herausschnellen. Sie schlängelten sich mindestens drei Meter durch den Raum, während die Kreatur stoßweise durch zwei lepröse Löcher atmete, als prüfe sie unseren Geruch und überlege, in welcher Reihenfolge sie uns fressen sollte. Dass wir noch lebten, lag nur daran, dass wir eine leichte Beute waren. Wie ein Gourmet, der sich auf ein Festmahl freut, hatte das Monster keinen Grund zur Eile.
    Im Gegensatz zu mir konnten die anderen nur den an die Wand geworfenen Schatten des Untiers sehen. Emma beugte den Arm, und die Flamme brannte stärker. »Was hat es vor?«, flüsterte sie mir zu. »Warum hat es noch nicht angegriffen?«
    »Es spielt mit uns«, sagte ich. »Es weiß, dass wir in der Falle sitzen.«
    »Tun wir nicht«, murmelte Bronwyn. »Ich brauche nur einen gutplazierten Treffer in sein Gesicht, um ihm die verdammten Zähne einzuschlagen.«
    »An deiner Stelle würde ich mich von diesen Zähnen fernhalten«, sagte ich.
    Der Hollow kam schwerfällig ein paar Schritte auf uns zugestapft, um den Abstand wieder wettzumachen, den wir zurückgewichen waren. Die Zungen schnellten vor und teilten sich, eine schlängelte in meine Richtung, eine zu Enoch und die dritte zu Emma.
    »Lass uns in Ruhe!«, schrie Emma und schlug mit der Hand um sich, als wäre es eine Taschenlampe. Die Zunge wich vor der Flamme zurück und näherte sich dann langsam wie eine Schlange wieder, als lauere sie auf eine Gelegenheit, anzugreifen.
    »Wir müssen versuchen, die Tür zu erreichen!«, schrie ich. »Der Hollow ist an der dritten Wanne links, haltet euch rechts!«
    »Das schaffen wir nie!«, jammerte Enoch. Eine der Zungen berührte ihn an der Wange, und er schrie laut auf.
    »Wir gehen auf drei!«, befahl Emma. »Eins …«
    Aber da stürzte Bronwyn los und heulte dabei wie ein Werwolf. Die Kreatur kreischte und bäumte sich auf, wobei sich die wulstige Haut straff spannte. Gerade als sie ihre drei Zungen auf Bronwyn schießen lassen wollte, schob diese die Arme unter Martins Eissarg, hob ihn hoch und warf ihn auf die Kreatur. Martins Leiche flog durch die Luft und landete mit einem fürchterlichen Krachen auf dem Berg aus Eis und Fischen, unter dem das Ungeheuer begraben lag.
    Bronwyn wirbelte herum und kam auf uns zugelaufen. »Weg da!«, schrie sie. Ich sprang zur Seite. Bronwyn prallte gegen die Wand und riss dadurch ein großes Loch in die Planken. Enoch, der Kleinste von uns, kletterte als Erster hindurch, gefolgt von Emma. Und bevor ich protestieren konnte, hatte Bronwyn mich an der Schulter gepackt und in die feuchte Regennacht gestoßen. Ich landete bäuchlings in einer Pfütze. Die Kälte versetzte mir einen Schock, aber ich war froh, etwas anderes zu spüren als die Zunge des Monsters um meinen Hals.
    Emma und Enoch zogen mich auf die Füße, und wir rannten los. Aber dann blieb Emma stehen und rief Bronwyns Namen. Wir drehten uns um und sahen, dass sie uns nicht gefolgt war.
    Wir riefen nach ihr und versuchten, in der Dunkelheit etwas zu erkennen, wagten jedoch nicht, zurückzulaufen. Plötzlich rief Enoch: »Da!« Bronwyn stand an der Ecke des Anbaus.
    »Was macht sie da?«, rief Emma. »Bronwyn! Lauf!«
    Es sah aus, als würde Bronwyn das Gebäude umarmen. Dann trat sie zurück, nahm Anlauf und rammte die Schulter gegen den Eckpfosten. Das Gebäude fiel wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Eine Wolke aus pulverisiertem Eis und gesplittertem Holz stieg auf und wurde von einem Windstoß die Straße hinuntergefegt.
    Wir jubelten, als Bronwyn mit einem diabolischen Grinsen im Gesicht auf uns zugelaufen kam. In dem strömenden Regen umarmten wir sie und lachten. Allerdings schwand unsere Freude, als uns klar wurde, was zuvor passiert war. Emma stellte mir eine Frage, die allen dreien auf der Seele lasten musste.
    »Jacob, woher wusste der Wight so viel über dich? Und über uns?«
    »Du hast ihn Doktor genannt«, sagte Enoch.
    »Er war mein Psychiater.«
    »Psychiater!«, fauchte Enoch. »Das ist ja großartig! Er hat uns nicht nur an diesen Wight verraten, sondern ist auch noch geisteskrank!«
    »Nimm das zurück!«, schrie Emma und schubste ihn. Bevor er zurückschubsen konnte, stellte ich mich zwischen die beiden.
    »Hört auf!«, befahl ich und hielt sie auseinander. Dann sah ich Enoch an. »Du irrst dich. Ich bin nicht verrückt. Er hat

Weitere Kostenlose Bücher