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Die Insel der besonderen Kinder

Die Insel der besonderen Kinder

Titel: Die Insel der besonderen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ransom Riggs
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wir begonnen haben«, antwortete Golan. »Mehr haben wir nie gewollt.«
    »Sie meinen das Experiment«, sagte Emma. »Sie haben es schon einmal probiert und wissen doch, was passiert ist. Alle haben sich in Monster verwandelt!«
    »Ja«, antwortete er. »Aber wie langweilig das Leben doch wäre, wenn alles auf Anhieb klappen würde.« Er lächelte. »Dieses Mal werden wir die Fähigkeiten der weltbesten Zeitmanipulatoren – so wie diese beiden Damen hier – nutzen. Wir werden nicht wieder scheitern. Wir hatten hundert Jahre Zeit, um zu prüfen, was schiefgelaufen ist. Wie sich herausstellte, müssen wir lediglich die Wirkung verstärken!«
    »Die Wirkung
verstärken?
«, fragte ich. »Das letzte Mal haben Sie halb Sibirien in die Luft gejagt!«
    »Wenn du schon scheitern musst«, antwortete er hochtrabend, »dann mit Pauken und Trompeten.«
    Ich erinnerte mich an Horaces prophetischen Traum von Aschewolken und verbrannter Erde. Plötzlich wurde mir klar, was er gesehen hatte. Wenn die Wights und Hollows abermals scheiterten, würden sie dieses Mal weitaus mehr zerstören als fünfhundert Meilen unbewohnten Waldgebiets. Und falls sie Erfolg hatten, würden sie sich in unsterbliche Halbgötter verwandeln. Ich schüttelte mich bei der Vorstellung.
    Der Lichtkegel fuhr herum und blendete Golan erneut. Ich konzentrierte mich, war bereit abzudrücken – aber der Moment war zu schnell vorbei.
    »Es spielt keine Rolle«, sagte Emma. »Ihr könnt so viele Ymbrynes entführen, wie ihr wollt. Sie werden euch niemals helfen.«
    »Doch, denn sonst töten wir eine nach der anderen. Und wenn das nicht hilft, töten wir
euch,
einen nach dem anderen, und lassen sie dabei zusehen.«
    »Sie sind krank, Golan«, sagte ich.
    Die Vögel kreischten. Golan brüllte über das Gezeter hinweg: »Nein! Krank ist, dass ihr euch vor der Welt versteckt, obwohl ihr sie beherrschen könntet. Ihr erliegt dem Tod, statt ihn zu überwinden, und ihr lasst euch von dem genetischen Müll der menschlichen Massen in den Untergrund treiben, dabei könntet ihr sie leicht zu euren Sklaven machen, nichts anderes verdienen sie.« Er begleitete jeden Satz mit einem Schütteln des Käfigs. »
Das
ist krank!«
    »Hören Sie auf!«, schrie Emma.
    »Sie sind dir also doch nicht egal!« Er schüttelte den Käfig noch heftiger. Plötzlich leuchtete die Lampe an den Stäben auf, heller als zuvor. Golan riss den Kopf herum und blickte suchend auf das dunkle Meer hinab. Dann sah er wieder Emma an und sagte: »Du willst sie? Hier!« Er holte aus und schwang den Käfig auf ihr Gesicht zu. Sie schrie und duckte sich. Wie ein Diskuswerfer vollendete Golan die Drehung und ließ dann los. Der Käfig flog über das Geländer und vornüber in die Nacht.
    Ich fluchte, und Emma stürzte an das Geländer. Golan nutzte den Moment, sprang vor und schlug mich zu Boden. Der erste Schlag landete in meiner Magengrube, der zweite an meinem Kinn.
    Benommen rang ich nach Luft. Golan griff nach der Waffe, und es kostete mich all meine Kraft, sie festzuhalten. Wenn er sie unbedingt haben wollte, musste sie noch geladen sein. Er durfte sie auf keinen Fall bekommen. »Bastard, verdammter Bastard!«, schrie Emma und legte ihre in Flammen getauchten Hände um seinen Hals.
    Ich hörte, dass Golans Fleisch schmorte wie ein Steak auf dem Grill. Er heulte auf und ließ von mir ab. Sein schütteres Haar ging in Flammen auf. Und dann legte er die Hände um Emmas Hals, als würde es ihm nichts ausmachen, zu verbrennen, wenn er sie nur ersticken konnte. Ich sprang auf die Füße, hielt die Pistole mit beiden Händen und zielte auf ihn.
    Für einen kurzen Moment hatte ich freie Schussbahn. Ich versuchte, an nichts zu denken und mich nur darauf zu konzentrieren, die Arme ruhig zu halten, schuf eine imaginäre Linie zwischen meinen Schultern und dem Ziel – dem Kopf eines Mannes. Nein, kein Mann, die faule Kopie eines Mannes. Ein Ding. Eine Macht, die den Mord an meinem Großvater arrangiert und all das in Luft aufgelöst hatte, was ich als mein Leben bezeichnet hatte, und wenn es auch noch so armselig gewesen war. Eine Kreatur, die mich an diesen Ort und in diese Situation gebracht hatte.
Entspann deine Hände, atme tief ein, halt die Luft an.
Jetzt hatte ich die Chance, zurückzuschlagen, der Hauch einer Chance, die mir bereits zu entgleiten drohte.
    Drück ab.
    Die Pistole ruckte in meiner Hand. Der Knall war so laut, dass ich dachte, die Erde würde sich auftun. Ich schloss die Augen. Als ich sie

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