Die Insel der Dämonen
sehen. Es mußte qualmen, das war die einzige Chance, die sie hatten!
Die Rettung war greifbar nah, nur das Feuer mußte brennen, brennen und qualmen!
Henri hatte endlich ein Büschel Gras in Brand gesteckt. Er legte es zwischen die Scheite. Eilig rissen Marguerite und er weiteres Gras von der Kuppe. Es fing schnell Feuer - und war ebenso rasch verzehrt, wie es entflammt war. Marguerite gab, so gut es ging, Windschutz. Endlich fingen ein paar dünnere Zweige Feuer. Es konnte klappen! Das Feuer kam in Gang. Zweige und Äste brannten und dünner weißer Rauch stieg auf. Atemlos standen Henri und Marguerite vor der Flamme - und Damienne?
Damienne war die ganze Zeit stehen geblieben und hatte den weißen Punkt nicht aus den Augen gelassen. Zunächst dachte sie, sie würde ohnmächtig vor Aufregung. Was für eine glückliche Fügung, daß gerade an dem Tag, ach was - in dem Moment, als sie das Leuchtfeuer auf der Kuppe errichteten, ein Schiff kam, um sie von der verfluchten Insel zu retten! Aber irgend etwas stimmte nicht.
Damienne war ein Kind der Küste und hatte ihre Jugend in einer Hafenstadt verbracht. Sie hatte in ihrem Leben viele Schiffe gesehen - aber schneeweiße Segel? So etwas gab es einfach nicht. Vielleicht im Märchen, aber im wirklichen Leben waren Segel vergilbt, beige, sandfarben oder braun, manchmal auch bunt bemalt oder blutrot, aber schneeweiß waren sie nie. Auch schien das Schiff eher mit der Strömung zu treiben als vor dem Wind zu fahren. Als hinter ihr die Flammen endlich am Holz ihres Rettungsfeuers emporleckten, wußte sie, daß sich da unten im Meer alles Mögliche, nur sicher kein Schiff befand. Sie starrte hinüber zu dem seltsamen weißen Ding und hatte nicht das Herz, es den beiden anderen zu sagen. Sie stöhnte.
Marguerite und Henri konnten ihr Glück nicht fassen – das Feuer brannte, Rauch stieg auf. Bald waren sie gerettet. Wenn das Holz nicht genug qualmte, würde Marguerite einen ihrer Unterröcke opfern, ja, das würde sie, ohne mit der Wimper zu zucken, tun! Sie würde alles geben .
Dann hörte sie das enttäuschte und gequälte Stöhnen Damiennes.
Sie hatte so sehr mit dem Feuer gekämpft, daß sie die ganze Zeit keinen Blick für das Schiff übrig gehabt hatte. Jetzt drehte sie sich um, und sie sah, wie sich Damienne mit einer Geste der Verzweiflung ins Gras fallen ließ. Was hatte das zu bedeuten? Sie trat vor an die Steilküste - das Schiff schien kaum näher gekommen zu sein. Das Schiff? Jetzt erkannte auch sie, daß es kein Schiff war. Es war ein weiß-bläulich leuchtender Berg, der langsam im Wasser trieb. Sie hatte im Frühjahr, wenn die Oise Eisgang hatte, so etwas schon einmal gesehen, viel kleiner und flacher, nicht so riesig und majestätisch, aber sie wußte trotzdem, was es war. Kapitän de Xaintonge hatte Geschichten davon erzählt. Ein Eisberg.
Ihr schossen die Tränen in die Augen. Sie drehte sich zu Henri um, der immer noch das Feuer schürte. Inzwischen konnte der Wind es nicht mehr ausblasen. Aus den kräftigen Asten schlugen helle Flammen und das Gras brannte lichterloh und erzeugte immer dichter werdenden Rauch. Marguerite trat zu Henri und legte ihm zart die Hand auf den Arm: »Liebster, es ist kein Schiff.«
Henri sah sie verstört an.
»Es ist nur Eis - ein Eisberg.«
Henri schüttelte den Kopf, dann drehte er sich um und stolperte die zwei Schritte zum Steilhang. Der Eisberg war noch nicht wesentlich näher gekommen. Langsam und vollkommen gleichgültig gegenüber den Geschehnissen auf der Kuppe, ließ er sich vom eisigen arktischen Meeresstrom nach Süden treiben.
Henri starrte hinab auf den kalt schimmernden Eisriesen und war unfähig, sich zu bewegen.
Damienne saß im Gras und jammerte. Marguerite hätte sich nur zu gerne zu ihr gesetzt und mitgeweint. Doch dann durchfuhr es sie wie ein Blitz. »Henri, das Feuer!«
Aber Henri rührte sich nicht. Also lief sie selbst zu dem brennenden Scheiterhaufen und begann, ihn auseinanderzuziehen, um das Feuer zu löschen. Plötzlich war Henri neben ihr. Er riß, trat und schleuderte das Holz aus dem Haufen, daß es Marguerite angst und bange wurde. Sie mußte sich ducken, um nicht von brennenden Ästen getroffen zu werden.
Als der Stoß zerstört war und nur noch schwache Glut aus den untersten Scheiten zuckte, sprang Henri schreiend hinein und trampelte das Feuer wie ein Irrsinniger aus. Dann sank er inmitten der Trümmer auf die Knie und weinte lautlos. Marguerite trat zu ihm, streichelte sanft
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