Die Insel der Dämonen
über seine Schläfen. »Nicht, Liebster, es wird wieder gut. Wir bauen den Stapel wieder auf. Es werden Schiffe kommen und dann werden wir gerettet.«
Sie war sich aber nicht sicher, ob er ihre Worte hörte.
Wie erschlagen saßen sie auf der Kuppe und starrten hinaus auf das Meer und über die Insel. Sie hatten zu wenig gegessen, viel zu hart gearbeitet und für einen kurzen, aufregenden Augenblick zu sehr daran geglaubt, schon gerettet zu sein. Diese Hoffnung war jetzt erloschen. Marguerite fühlte sich ausgelaugt und leer.
»Eisberge im Sommer - das ist doch Teufelswerk«, sagte Damienne irgendwann und rappelte sich schließlich auf. »Es ist, wie ich sage. Diese Insel ist verflucht und in den Händen von Dämonen und nur Gott kann uns jetzt noch helfen.«
»Gott hilft nur denen, die sich selbst helfen«, sagte Henri matt. Es klang nicht sehr überzeugt, aber er stand nun auf und betrachtete die rauchenden Trümmer der Feuerstelle.
»Also bauen wir sie wieder auf. Viel ist ja nicht verbrannt.«
Die anderen beiden halfen ihm, die angekohlten Stücke, die er durch die Gegend geschleudert hatte, wieder zusammenzutragen und erneut aufzuschichten. Als sie fertig waren, rang er sich ein schwaches Lächeln ab. »Es wäre ja auch ein Wunder gewesen, wenn wir gleich heute schon gerettet worden wären.«
Marguerite nickte. Natürlich wäre eine so baldige Rettung einem Wunder gleichgekommen, andererseits . Vielleicht hatte Damienne recht und diese Insel war verflucht. Dann brauchten sie tatsächlich ein Wunder, um hier wegzukommen.
Es wurde ein trauriger Abend. Schweigend knabberten sie an ihrem Zwieback.
»Er geht zur Neige«, sagte Damienne, »morgen früh gibt es für jeden noch zwei Stück. Danach können wir nur noch essen, was wir hier finden.«
»Das sollten wir feiern«, sagte Henri bitter.
Er nahm den Krug mit Branntwein und schüttelte ihn leicht. »Er ist noch beinahe halb voll. Wird das für eine ordentliche Feier reichen?«
»Henri, bitte!«, sagte Marguerite, die seine aufgesetzte Fröhlichkeit kaum ertragen konnte.
»Es muß wohl reichen - zum Wohl«, sagte Henri und nahm einen großen Schluck. »Ich trinke auf diese verfluchte Insel und ihre unübertreffliche Gastfreundschaft. Prost! Möchten die Damen auch? Nein? Dann muß ich eben mit mir selbst feiern. Reicht sowieso kaum für einen.« Er nahm noch einen großen Schluck. »Aber was mache ich mir Sorgen? Madame Lafleur baut morgen eine Saline, vielleicht baut sie mir übermorgen ein Weingut?«
Er lachte bitter, offenbar reichte schon das bißchen Alkohol in seinem leeren Magen, um ihn betrunken werden zu lassen.
»Nein«, fuhr er fort, »übermorgen baut Madame Lafleur wahrscheinlich zuerst eine Bäckerei oder einen Hühnerstall. Oh, ich vergaß, hier gibt es keine Hühner. Aber vielleicht wissen Madame ja, wie wir welche herzaubern können?«
»Ich weiß nur, daß Ihr betrunken seid, Herr Leutnant! Es ist besser, Ihr gebt den Krug wieder her.«
»Keinesfalls, Madame. Ich habe nämlich die Hoffnung, daß auf dem Grunde des Kruges ein guter Geist wohnt, der uns hier herausbringt. Aber vielleicht finde ich auch ein Schiff?«
Wieder lachte er irr. Marguerite starrte ihn entsetzt an. War es nicht schon so schlimm genug?
Henri nahm noch einen großen Schluck und fiel dann von dem Baumstumpf, auf dem er gesessen hatte, rückwärts in Gras. Er lachte, schüttelte den Krug und rief: »Noch einen Schluck! Doch worauf soll ich jetzt trinken?« Er rappelte sich wieder auf und starrte die beiden Frauen mit glasigen Augen an. »Madame Lafleur, was meint Ihr, worauf soll ich anstoßen? Auf Eure Bäckerei? Oder das Weingut? Ein ordentliches Weingut mit Rotwein und Weißwein und was weiß ich für Wein wäre mir lieber, viel lieber! Oder baut Ihr vielleicht lieber eine Schreinerei? Das wäre sinnvoll, sehr sinnvoll! Da könnt Ihr ein paar Möbel für unser Prachtschloss schreinern.« Er zeigte auf ihre Hütte. »Betten, Schränke, Stühle, Schiffe, alles, was das Herz begehrt. Und vielleicht zuerst noch, zuallererst, ein paar Särge - drei dürften reichen, was meint Ihr? Das ist es! Darauf trinke ich!« Er setzte den Krug an und hielt noch einmal inne. Er grinste, blickte von einer zu anderen und sagte: »Ich trinke auf unseren Tod.«
Dann kippte er den letzten Rest Weinbrand hinunter und stand mühsam auf. »Wenn mich die Damen entschuldigen würden - ich bin müde und werde mich in unseren Palast zur Ruhe begeben. Hoffentlich verlaufe ich mich nicht
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