Die Insel der Dämonen
auch besser so. Jungverliebte brauchen Aufsicht!«
»Aufsicht? Es ist ja wie in einem Gefängnis hier! Vertraust du mir denn nicht?«
»Doch, mein Kind, aber deinem lieben Henri traue ich immer noch nicht. Er ist Soldat, und noch schlimmer: Er ist ein Mann! Und Männer sind alle gleich.«
»Henri ist anders!«
»Ich sage es noch einmal - du solltest ihn dir aus dem Kopf schlagen. Gerade nach dem, was heute geschehen ist. Was willst du tun? Zu deinem Onkel gehen und sagen: >Das ist der Leutnant Fourraine, wir wollen heiraten Es würde mich nicht wundern, wenn er ihn sofort über Bord werfen würde.«
»Ich hoffte, wenigstens du würdest mir helfen.«
»Ich helfe dir mehr, als du ahnst, nämlich indem ich auf euch beide aufpasse.«
In den nächsten Tagen wurde Marguerite schwermütig. Sie nahm an den gemeinsamen Mahlzeiten mit den anderen Passagieren in der Messe teil, aber sie aß nur wenig und sagte noch weniger. Damienne bemerkte es natürlich und wurde unruhig. Sie sagte sich immer wieder, daß das vorbeigehe - aber es wurde eher schlimmer als besser. Sogar Hauptmann de Pousier fragte sie irgendwann nach Marguerites Befinden - vermutlich aber nur, weil er auf seine unbeholfene Art einen Weg suchte, mit Damienne anzubändeln.
Eigentlich erkundigte sich jeder aus der Tischgesellschaft nach dem Grund für Marguerites offensichtliche Traurigkeit - mit Ausnahme von Doktor d’Athies, der immer noch beleidigt war, und de Roberval, der die Schwermut seiner Nichte entweder nicht bemerkte oder sie nicht bemerken wollte.
Eines Tages - Marguerite fühlte sich wieder einmal nicht wohl und hatte sich geweigert, mit an Deck zu gehen - entdeckte Damienne den Leutnant Fourraine, der allein an der Reling lehnte und aufs Meer hinausblickte. Die Gelegenheit war günstig. De Roberval war unter Deck und die Mannschaft mit Segelmanövern beschäftigt. Kurz entschlossen sprach sie ihn an.
»Guten Morgen, Herr Leutnant.«
»Guten Morgen, Madame Lafleur. Wie ist Euer Befinden?«
»Wir sind im Moment unbeobachtet, Ihr müßt also nicht so tun, als würdet Ihr Euch für meine Gesundheit interessieren. Bevor Ihr fragt - Marguerite geht es schlecht. Sie ißt nicht, schläft nicht, kurz: Ich mache mir Sorgen.«
»Ich bin ebenfalls besorgt um meine Marguerite, Madame. Was kann ich tun?«
»Nun, zunächst denke ich, es wäre gut, wenn Ihr einen Brief schreiben könntet. Das würde sicher helfen.«
»Das ist schwieriger, als Ihr annehmt, Madame. Es ist unmöglich, hier an Bord eine diskrete Ecke zum Schreiben zu finden, und es wäre unangenehm, beim Abfassen eines persönlichen Briefes an eine bestimmte Person erwischt zu werden.«
»Er muß nicht lang sein.«
»Ich will sie sehen«, sagte Henri ruhig, aber bestimmt.
»Das ist unmöglich, das wißt Ihr genau!«
»Dann grüßt sie einstweilen von mir. Ich werde mir etwas überlegen. Sagt ihr das!«
»Ihr bringt sie in Teufels Küche!«
»Danke, Madame«, sagte Henri plötzlich mit erhobener Stimme, denn es näherte sich einer der Maate der Anne. »Der Dienst eines Arkebusiers an Bord eines Schiffes ist wirklich langweilig. Da ist man für ein angenehmes Gespräch mit einer Dame von Welt wirklich dankbar.«
»Der Dank ist an mir, Leutnant«, sagte Damienne, »doch muß ich jetzt gehen. Ich wünsche Euch einen schönen Tag.«
»Den wünsche ich Euch auch.«
Einen Tag später setzten sie das Gespräch an derselben Stelle fort.
»Geht es ihr besser?«, fragte Henri.
»Ein wenig, doch ich muß leider sagen, daß sie sich nach Euch verzehrt.«
Henri lächelte.
»Da gibt es nichts zu lächeln, Monsieur Fourraine! Ihr seid dabei, ihr das Herz zu brechen. Ihr wißt genausogut wie ich, daß eine Verbindung zwischen Euch und Marguerite unmöglich ist. Das muß aufhören!«
»Unmöglich? Wir sind auf dem Weg in die Neue Welt! Dort ist alles möglich, sagt man.«
»Ja, zum Beispiel, daß ein gewisser Vizekönig der Neuen Welt Euch beide aufknüpfen läßt, Monsieur.«
»Sprecht bitte leise, Madame«, mahnte Henri. Doch es war niemand in der Nähe, der den letzten Satz hätte hören können.
»Nun, Herr Leutnant?«
»Ihr habt recht, Madame, es ist gefährlich, und ich will nicht, daß Marguerite etwas zustößt.«
Damienne warf ihm einen skeptischen Blick zu. So viel Einsicht hatte sie Henri gar nicht zugetraut.
»Also, was schlagt Ihr vor?«, fragte sie, immer noch mißtrauisch .
Henri starrte auf das Meer hinaus, dann sagte er tonlos: »Ich habe lange nachgedacht, Madame,
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