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Die Insel der Dämonen

Die Insel der Dämonen

Titel: Die Insel der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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wiedersehen?«
    »Es ist gefährlich«, sagte Henri.
    »Das ist mir gleich!«
    Henri schwieg und umarmte sie.
    »Was ist mit Damienne?«
    »Sie wird einsehen, daß wir uns nicht trennen können, sie muß es einfach einsehen!«
    »Aber du solltest ihr nicht sagen, daß wir uns wiedertreffen wollen.« »Ich soll sie anlügen?«, fragte Marguerite. Der Gedanke gefiel ihr nicht.
    »Es geht nicht anders. Es ist eine Lüge in der Not.«
    »Was soll ich ihr sagen, Liebster?«
    »Sag ihr, daß wir versucht haben, es zu beenden, daß es aber nicht möglich ist. Sag ihr, daß wir versuchen werden, vernünftig zu sein, auch wenn es uns das Herz bricht.«
    »Sie wird dich hassen, wenn sie die Wahrheit erfährt.«
    »Das wird sie ohnehin nach dieser Nacht, wenn sie es nicht schon vorher getan hat. Sie wird mißtrauisch sein. Deshalb müssen wir einige Tage warten, bevor wir uns wieder hier sehen können.«
    »Wie lange?«, fragte Marguerite.
    »Drei, besser vier - wieder hier, zur gleichen Stunde.«
    »Du hast recht, vier sind sicherer. Aber sie werden mir endlos lang erscheinen.«
    »Auch für mich ist jeder Tag - jede Stunde ohne dich verlorene Zeit!«
    Schweigend umarmten sie einander. Die Vernunft sagte ihnen, daß es besser war, sich bald zu trennen, aber sie wollten den Augenblick festhalten, solange es ging.
    Damienne kniete derweil in ihrer Kabine und betete zu allen Heiligen für einen guten Ausgang des Treffens. Sie gelobte, der Jungfrau Maria ein Dutzend Kerzen aufzustellen, wenn diese Geschichte - und zwar jetzt sofort - ein Ende nahm. Und sie bat darum, daß die Trennung nicht Marguerites junges Herz brechen möge. Vor allem aber betete sie, daß die beiden unentdeckt blieben.
    Endlos kam ihr die Zeit vor, die Marguerite fort war. Allmählich bekam sie Angst, aber gerade als sie selbst nachsehen gehen wollte, öffnete sich die Tür, und Marguerite huschte lautlos herein. Damienne sah ihr ins Gesicht, und noch bevor Marguerite ihr glücklich um den Hals fiel, wußte sie, daß ihre Gebete nicht erhört worden waren: Es war noch lange nicht zu Ende!
    Sie nahm das Mädchen ins Kreuzverhör und ließ Marguerite keine Chance, mit Andeutungen oder Halbwahrheiten davonzukommen. Schließlich wußte sie fast alles. Nur daß die beiden sich schon wieder verabredet hatten, das erfuhr sie nicht.
    Am nächsten Morgen stellte Damienne Henri in einem unbeobachteten Moment zur Rede. »Ihr habt mich angelogen, Leutnant Fourraine«, zischte sie.
    »Gewiß, Madame, und es tut mir leid«, sagte Henri kühl, »doch Ihr wißt, was man sagt: In der Liebe und im Krieg ist alles erlaubt.«
    »So? Dann achtet darauf, daß diese Liebe nicht in einem Krieg mit mir endet!«
    Henri setzte zu einer Erwiderung an, doch in diesem Moment tauchte Hauptmann de Pousier an Deck auf und sie mußten ihre Unterhaltung beenden. Der Hauptmann war sehr enttäuscht darüber, daß Madame Lafleur wieder keine Zeit für ihn hatte.
    Damienne war ratlos. Sie sah das drohende Unheil, das über allen Beteiligten schwebte, aber sie sah auch, daß Marguerite glücklich war. Sollte sie sich diesem Glück in den Weg stellen? Nein, sie sollte nicht, sie mußte! Eindringlich redete sie auf Marguerite ein, doch sie erreichte nichts. Sie fühlte deutlich, daß ihr die Kontrolle über das Mädchen entglitten war. Sie war Marguerites Amme, Kindermädchen, Gouvernante und Ersatzmutter gewesen, doch jetzt war jemand anderes wichtiger geworden. Was konnte sie also tun? Nicht mehr als beten und die Augen offen halten, sagte sie zu sich selbst, und sie wußte gar nicht, wie richtig sie damit lag.
    Sie schlief tief und fest, als Marguerite drei Tage später um Mitternacht leise aus der Kajüte schlich, um sich erneut mit Henri zu treffen, und auch als es weitere drei Nächte danach erneut geschah, bekam sie davon nichts mit.
    Marguerite lebte nur noch für diese kurzen Momente mit Henri. Die ruhigen und langen Tage auf See wirkten auf sie blaß und unwirklich - real waren nur die Augenblicke mit Henri, seine Umarmungen und Küsse, seine zarten Berührungen. Marguerite durchlebte dabei Gefühlsstürme, die sie erzittern ließen. Sie hatte bis dahin nicht einmal gewußt, daß solcherlei Gefühle möglich waren. Jede Berührung von Henri war so köstlich, daß sie darüber alles vergaß - fast alles.
    Bei einem ihrer Treffen stellte sie erschrocken fest, daß Henri mehr wollte als unschuldige Küsse. Aber sie sagte Nein. Sie waren nicht verheiratet, und es war Sünde, ohne das Sakrament

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