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Die Insel der Dämonen

Die Insel der Dämonen

Titel: Die Insel der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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zu seinen heimlichen Treffen aufbrach. Nun gut, Mitternacht also.
    Marguerite hatte die Begegnung ihres Onkels mit Cartier vom Achterdeck aus verfolgt. Sie spürte deutlich die ungeheure Spannung zwischen den beiden Männern, eine Spannung, die weit tiefer ging, als es der offene Streit an Deck ausdrückte.
    Als Cartier das Schiff verließ, konnte sie in seinem Gesicht grimmige Entschlossenheit entdecken. Er mochte für den Augenblick nachgegeben haben, doch Marguerite war sich sicher, daß er sich bei der nächsten Gelegenheit wieder gegen ihren Onkel auflehnen würde.
    Als sein Boot von der Anne ablegte, blieb ein ungutes Gefühl zurück. Jedermann an Bord wirkte gereizt, auch Hauptmann de Pousier, der sich grußlos an Marguerite und Damienne vorbeischob und unter Deck verschwand.
    »Welche Laus ist dem denn über die Leber gelaufen?«, fragte Damienne.
    »Ich glaube, du hast ihn gekränkt.«
    »Ach, er soll sich nicht so anstellen! Was manche Männer sich auch immer gleich einbilden, kaum hat man mal ein freundliches Wort für sie!«
    Marguerite seufzte. Sie fühlte sich unbehaglich und wußte nicht recht, warum. Sie blickte über die Bucht. Rund um die Grande Hermine herrschte rege Betriebsamkeit. Die Kapitäne der anderen Schiffe setzten mit Booten zu ihrem Flaggschiff über. Vermutlich würden sie gleich die Befehle Cartiers entgegennehmen.
    Einige der Fischerboote waren bereits bei den Neuankömmlingen längsseits gegangen. Sie hofften vermutlich auch hier auf ein gutes Geschäft.
    In der Abendsonne leuchteten die Segel gelb auf. Der Himmel über der Bucht zeigte den ersten rötlichen Schimmer der Dämmerung, Möwen und andere Seevögel kreisten über der Bucht, am Ufer brannten Lagerfeuer. Es war ein schönes Bild, aber Marguerite konnte es nicht genießen.
    »Was ist denn los, du wirkst bedrückt«, erkundigte sich Damienne .
    »Ich weiß es nicht, aber es ist ein wenig so, als würde ein Gewitter kommen, verstehst du?«
    »Nein, eigentlich nicht.«
    »Du weißt schon, wenn du an einem sonnigen Tag plötzlich unruhig wirst, und eine Stunde später ist aus heiterem Himmel das Unwetter da.«
    »Meine Knochen merken aber nichts davon und normalerweise spüre ich jeden Wetterumschwung einen Tag vorher.«
    »Das meine ich nicht.«
    »Sondern?«
    »Ach, keine Ahnung.«
    »Vielleicht bist du einfach nur müde. Der Tag war lang und anstrengend. Du solltest zu Bett gehen.« Damienne senkte ihre Stimme zu einem Flüstern: »Und dort bleiben!«
    Marguerite sah sie an. Ihre gute Freundin hatte natürlich recht. Es wäre bei der Unruhe, die im Schiff herrschte, nicht klug, sich mit Henri zu treffen. Aber sie fühlte sich allein und verloren ohne ihn. In seinen Armen würde sie sicher das ungute Gefühl, die Unruhe und die Angst vergessen können. Wenn nicht in seinen Armen, wo sonst?
    Durch das Eintreffen Cartiers war der gewohnte Tagesablauf auf der Anne durcheinandergeraten. Das Abendessen wurde mit erheblicher Verspätung gereicht. De Roberval ließ es jedoch ebenso aus wie Hauptmann de Pousier, der sich angeblich nicht wohl fühlte .
    Auch in der Offiziersmesse spürte Marguerite eine gewisse Gereiztheit, die seit Cartiers Ankunft die ganze Bucht erfaßt zu haben schien. Kaufmann Rambures versuchte, Kapitän de Xaintonge über das Gespräch in der Kabine und vor allem über den Inhalt des geheimnisvollen Beutels auszufragen. Aber de Xaintonge war schweigsam und stocherte nur nachdenklich in seiner Mahlzeit.
    »Es ist sicher Gold, nicht wahr? Cartier hat Gold gefunden?«, fragte der Kaufmann ganz direkt, als seine vorsichtigen Andeutungen nicht fruchteten.
    »Ihr werdet es zu gegebener Zeit erfahren, Monsieur Rambures«, antwortete der Kapitän höflich, aber knapp.
    »Es muß Gold sein, was sonst könnte er gefunden haben?«
    »Vielleicht Silber?«, spekulierte Doktor d’Athies.
    »Das ist fast ebensogut!«
    »Ich hoffe, Ihr vergeßt über Eurem Hunger nach Gold die Bedürfnisse Eurer Seele nicht vollends, Monsieur«, warf Abbe Charles ein.
    »Ach, Ihr mit Eurer Frömmigkeit! Ich kenne keinen Priester, der sich nicht über ein goldenes Kreuz in seiner Kirche freuen würde.«
    »Zum Ruhme unseres Herrn errichtet! Das ist etwas anderes!«
    »Ach ja? Als wäre der Heiland nicht an einem Kreuz aus Holz gestorben! Das war Ihm gut genug!«
    »Monsieur, Ihr versündigt Euch!«, entgegnete der Abbe scharf. »Gewiß ist, daß Ihr zu jener Art Händler und Wechsler gehört, die unser Heiland Jesus Christus aus dem Tempel

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