Die Insel der Krieger
die alten Gö t ter Kijertas erzählt. « »Und du fühlst dich wohl dabei? « »Ja. Weshalb auch nicht? « »Ich dachte nur, du fühlst dich vielleicht dazu gedrängt, Kayas Nachfolge anzutreten. « Das Mädchen schüttelte den Kopf. »Eldo ist das Beste, was mir je passiert ist. Abgesehen natürlich von dir. « Nalig lächelte. »Eldo? « , fragte er. »Ja. Kaya meinte, ich kann ihm einen Namen geben, wenn ich möchte. « Ilia streichelte den Wolf, der vor ihr im Gras lag. »Der Name deines Bruders«, stellte Nalig fest. »Findest du das kindisch? « »Nein. Ich finde es ist eine schöne Geste. « Er legte eine Hand auf Ilias Bauch. »Und wie geht es ihm? « »Wieso ihm ? « »Wieso denn nicht? « Das Mädchen stand auf und lächelte. »Es geht uns beiden bestens und du hörst gefälligst auf, dir Sorgen zu machen. « »Ich habe das gleiche Recht, mir Sorgen zu machen wie du«, rief Nalig ihr nach, während sie ging.
Am Nachmittag kam Lina in Jurays Zimmer. Arkas war mit Nino nach draußen gegangen. Nalig war geblieben, damit ihn nicht jeder in seinem Nachthemd bewunderte. »So, mehr war von dir nicht unten. « Lina legte einen Stapel Wäsche auf das Bett. »Und das hier hat in einer deiner Taschen gesteckt. Ich hätte es beinahe mitgewaschen. Du sol l test besser auf deine Sachen aufpassen. « Sie reichte dem Jungen ein kleines Buch. Es dauerte einen Augenblick, bis Nalig es wieder erkan n te. Zaris Tagebuch. Vor einer gefühlten Ewigkeit hatte er es in der Bibliothek gefunden und mitgenommen, um darin zu lesen. Danach war es einfach in Vergessenheit geraten. Nalig blätterte in den Seiten. Willkürlich hielt er nahe dem Ende des Buches inne und begann zu lesen: Ich mache mir ernsthafte Sorgen um Kaya , schrieb Zari hier. Seit Xatrak sie unter Einsatz seines Lebens gerettet hat, will sie ihr Zimmer nicht verlassen. Zum Glück hat sie ihren Begleiter bei sich. Vielleicht schafft er es, ihr Vernunft beizubringen. Wir haben unterdessen ein wirksames Mittel gegen die Flugrösser der Ferlah gefunden , schrieb Zari weiter und Naligs Herz schlug plötzlich schneller. Wir sind durch einen Zufall darauf gestoßen. Es ist so simpel, dass man es fast nicht glauben mag: Hektisch blätterte Nalig auf die nächste Seite und zerriss sie beinahe. Stumm betete er zu der toten Göttin, dass sie aufgeschrieben hatte, was gegen die Ferlah half. G e bannt starrte er auf das erste Wort der folgenden Seite. »Kornbl u men? « , las er laut und seine Augen weiteten sich ungläubig. Er blätterte noch einmal zurück, um sicherzugehen, dass er keine Seite überspru n gen hatte. Doch es gab keinen Zweifel. »Kornblumen«, wiederholte er noch einmal und überlegte, ob sich vielleicht ein Rätsel dahinter ve r barg. Doch weshalb sollte Zari ihr Tagebuch in Rätseln schreiben? Nalig hatte nie viel für Blumen übrig gehabt und unter einer Kor n blume konnte er sich nicht viel vorstellen. Nach einer derart tödlichen Pflanze klang sie für ihn jedoch nicht. Andererseits hielt er womöglich den Schlüssel zum Sieg in Händen. Dann fiel ihm Mira ein. Wenn die Kornblume tatsächlich ein Geheimnis barg, dann musste sie es ke n nen. Nalig sprang vom Bett und lief los. Er war schon fast an der Treppe, als er kehrtmachte, um sich zuerst umzuziehen. Mira stand gerade am Feuer und rührte in ihrem Kessel, als Nalig hereinstürmte. Vor Schreck ließ sie ihre Kelle in die Glut fallen. »Bist du noch ganz bei Trost? « , zürnte sie und fuhr herum. »Ich hoffe, du hast einen guten Grund, mich zu Tode zu erschrecken. « »Den habe ich«, versicherte Nalig. »Ist jemand verletzt? « »Nein. Aber ich muss wissen, wie eine Kornblume aussieht und welche Wirkung sie hat. « Die Kräuterfrau zog die Brauen hoch. Dann verfinsterte sich ihr Blick. »Ich bin nicht in der Stimmung für kindische Späße. « Sie nahm den Schürhaken und angelte damit ihre Kelle aus dem Feuer. »Das ist kein Scherz und ich bin nicht hier, um Euch zu verärgern. Sind Kornblumen giftig? « Mira schnaubte. »Giftig? Du hast wohl überhaupt keine Ahnung von dem, was in der Erde wächst. « »Deshalb bin ich hier«, bestätigte Nalig. Mit einer unverständlichen Geste trat Mira aus der Hütte. Der Junge war nicht sicher, ob sie wollte, dass er ihr folgte oder ob sie seiner einfach überdrüssig war. Er entschied sich dafür, hartnäckig zu bleiben und ihr nachzugehen. Weit ging sie nicht. Neben ihrer Hütte blieb sie am Waldrand stehen und deutete auf eine blaue Blume. »Das ist eine
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