Die Insel der Krieger
unbewaffnet war, überhaupt keine Angst vor ihm hatte, war er nicht gewohnt. »Ich würde doch zu gerne wissen, was in diesem Sack ist, den du da mit dir rumschleppst«, meinte ein anderer mit einer Nase wie eine Kartoffel. »Nun, es gibt Dinge, die ihr Geheimnis wahren sollten. Findest du nicht auch? « , erwiderte Zalari und fragte sich, was die Kerle erwarteten. Dass ein Junge seiner Statur einen Sack voll Gold und Edelsteine durch das Land trug? Doch was auch immer die Männer erwarteten, sie wollten sich ganz sicher nicht von einem Heranwachsenden zum Narren ha l ten lassen. Einer von ihnen packte Zalari am Kragen und zerrte ihn vom Boden. Er hob den Jungen auf Augenhöhe, sodass seine Füße in der Luft baumelten. »Dir sollte mal jemand eine ordentliche Abreibung verpassen«, beschloss der Mann und erntete zustimmendes Gemurmel seiner Kumpane. »Das würde ich dir nicht raten«, erwiderte Zalari so würdevoll, wie es mit einer Riesenpranke am Hals, die ihm die Luft abdrückte, gerade noch möglich war. »Und warum nicht? « »Weil selbst dir klar sein müsste, dass da etwas nicht stimmen kann, wenn ein Ju n ge wie ich alleine fernab jeder Stadt am helllichten Tag am Rande eines Feldwegs schläft. « Noch ehe der Mann sich einen Reim auf diese B e merkung machen konnte, schoss Kir aus Zalaris Kragen hervor und grub die kleinen, giftigen Drachenzähne in seinen Zeigefinger. Mit einem Aufschrei ließ der Mann Zalari los. Der Junge wusste aus eig e ner Erfahrung, wie schmerzhaft ein Drachenbiss war und dass der Mann in den nächsten Wochen nichts zu Lachen haben würde. Unter Gebrüll schüttelte dieser seine Hand, an der noch immer Kir hing. Der Drache ließ im rechten Augenblick los und landete im Gestrüpp. Schon jaulte der nächste der Männer auf und Zalari stellte verwundert fest, dass der fremde rote Drache sich an seinem Knöchel festgebissen hatte. Der Junge rief im Geiste nach Kir und gerade, als die Räube r bande sich ihm zuwandte, verhalf er ihr zur Verwandlung. Die Männer konnten das monströse grüne Tier nicht sehen, doch sie staunten nicht schlecht, als der Junge plötzlich verschwand und sie spürten sehr wohl die Hitze des Feuerstrahls, den Kir neben ihnen auf den Boden spie. Hals über Kopf stürzten sie davon und verloren dabei einen Teil ihres eigenen Gepäcks. Kir verwandelte sich zurück und kroch aus den Brombeersträuchern hervor. Der rote Drache kam heran und umru n dete sie ehrfürchtig. Zalari untersuchte das verlorene Gepäck der Rä u ber. Er hatte nicht die Absicht, sich daran zu bereichern. Wer wusste, welchem armen Tropf sie es abgenommen hatten? In dem Bündel befand sich etwas Proviant, den Zalari für die Tiere verstreute und ein Säckchen mit Goldmünzen. Er schüttete die Münzen in seine Hand und warf sie in die Brombeersträucher. Irgendwer würde sie beim Beerensammeln dort finden und hoffentlich war es jemand, der es verdiente. »Ich denke, wir sollten weiterfliegen«, beschloss Zalari dann. »Sag deinem Freund Lebewohl«, forderte er Kir auf. Den nächsten Halt machten sie erst, als es dunkel wurde. Mit der Dunkelheit kam auch die Kälte und Zalari begann, für die Nacht einen kleinen Unte r stand zu bauen. Sollte es regnen, musste wenigstens das Kornblume n pulver trocken bleiben. Zalari wählte als Nachtlager einen Wald, der recht unzugänglich wirkte. Denn auch wenn ihnen nichts geschehen war, wollte er bei Nacht nicht noch einmal von Räubern überrascht werden. Besonders nicht von solchen, die vielleicht etwas klüger waren und ihm sofort die Kehle durchschnitten. Der Junge zerrte Äste durch den Wald und legte sie gegen einen kleinen Hang, sodass sie eine Art Dach bildeten. »Kein Kunstwerk, ich weiß«, gab Zalari zu, als Kir in die behelfsmäßige Behausung kroch. Einem richtigen Gewitter würde dieses Gebilde nicht Stand halten. Doch wenigstens schützte es vor dem kalten Wind. Kir zog es vor, Unterschlupf in Zalaris Ärmel zu suchen. Der Junge war kaum eingeschlafen, als ihn ein Donnergrollen weckte. »Wir haben einfach kein Glück, mein Mädchen«, stellte er fest. Kir gefiel die Aussicht auf ein Unwetter gar nicht. Sie liebte das Wasser keineswegs. Es wurde kurz hell, als ein Blitz über den Himmel zuckte. Zalari wartete und lauschte nach dem Donner, der eine Weile auf sich warten ließ. »Das Gewitter ist noch weit weg. Vielleicht zieht es vo r bei«, machte er sich Hoffnung. Dann klang neben dem Donner noch ein anderes Geräusch durch die Nacht. Es war
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