Die Insel der Krieger
harter Schlag zu erfahren, dass Stella nicht mehr lebte. Doch hatten sie einige Zeit gehabt, sich gegen diese Nachricht zu wappnen und sie alle rechneten es Nalig hoch an, dass er die tote Mitstreiterin und ihr Begleittier zum Tempel gebracht hatte. Trotz des schweren Verlusts wurde zu Naligs und Zalaris Ehren ein Fest veranstaltet, sodass Nalig endlich Zalaris Geschichte zu hören bekam und die Gelegenheit hatte, seine eigene zu erzählen. Nun, da das Grauen und mit ihm all die Anzeichen für seine frühere Macht verschwunden waren, erschien Nalig alles so unwirklich, als er schi l derte, wie er in die Welt des Grauens eingetreten war und dort die absonderlichsten Dinge gesehen hatte. Er berichtete, wie er Stella gefunden hatte und wie erfolglos der Kampf gegen das Grauen z u nächst verlaufen war. Seine Zuhörer merkten erschrocken auf, als er berichtete, wie er schließlich erkannt hatte, auf welche Weise das Grauen zu bannen war. »Ich hatte das Bewusstsein schon fast verl o ren, als Stella mir mit ihrer Peitsche den Stab entriss, gerade als ich zu Boden ging. Ich habe eine geraume Zeit gebraucht, bis ich mich wi e der rühren konnte und da war das Grauen schon gänzlich in dem Smaragd verschwunden und Stellas verbliebene Kräfte aufgezehrt. « Am Tisch herrschte betroffenes Schweigen. »Weshalb hat Stella das getan? « , wollte Thorix schließlich wissen. Auch Nalig hatte sich diese Frage gestellt. Nachdem er wieder zu sich gekommen war und es g e schafft hatte, zu Stella hinüberzukriechen, hatte er noch ein paar Sätze mit ihr sprechen können. Sie hatte ihre Tat damit erklärt, dass sie nichts mehr zu verlieren hatte, nun, da Aila tot war und dass es im Tempel jemanden gab, der auf Nalig wartete, was ihrer Meinung nach für sie nicht galt. Nalig glaubte jedoch eher, dass sie endlich hatte zeigen wollen, dass eine Frau das Gleiche vollbringen konnte wie ein Mann. Einerseits bedauerte Nalig, dass Kayas jahrelange und völlig unbegründete Geringschätzung und die Boshaftigkeit des Grauens sie so weit gebracht hatten, doch hatte sie ihm zweifelsohne das Leben gerettet und nun, da er hier mit seinen Freunden, Ilia und seiner Toc h ter saß, konnte er nicht anders als ihr zutiefst dankbar dafür zu sein. »Aber können wir denn wirklich sicher sein, dass das Grauen ve r schwunden ist? « , warf Aro ein. »Versteh mich bitte nicht falsch, ich bin froh, dass du am Leben bist. Aber wenn dein Tod die Bedingung dafür war, dass das Grauen verschwindet, wie kann es dann sein, dass es fort ist und du noch lebst? « Nalig verstand Aro nicht falsch. Auch diese Frage hatte ihn beschäftigt. Doch letztlich glaubte er, dass es nicht wichtig war, ob er lebte oder nicht. Er war bereit gewesen, für die Vernichtung des Grauens zu sterben und er war sich sicher, dass diese Bereitschaft entscheidend war. Schließlich hatte er nicht wissen kö n nen, dass Stella ihn retten würde. Und er war nicht so eitel zu glauben, dass sein Opfer mehr Wert war als das Stellas, auch wenn sie es aus anderen Beweggründen gebracht hatte. »Was die Rückkehr des Gra u ens anbelangt, so halte ich es auf jeden Fall für ein gutes Zeichen, dass die sich immer wiederholende Geschichte dieses Mal einen anderen Ausgang gefunden hat. Dass gleich zwei Menschen bereit waren, sich für andere aufzugeben, ist vielleicht ein stärkerer Bann für das Grauen als das Opfer eines Einzelnen. Und falls es doch zurückkehrt, dann müssen wir den Kampf wieder aufnehmen. Wir wissen ja jetzt, dass es möglich ist, ihn zu gewinnen. « Da am Ende doch niemand mit Siche r heit sagen konnte, welche Vermutung der Wahrheit entsprach, beli e ßen die Inselbewohner es dabei und feierten weiter die großen Siege, die sie errungen hatten. »Wo ist eigentlich Kaya? « , fragte Nalig, als es schon spät war und von der Göttin noch immer jede Spur fehlte. »Ich habe sie noch nicht gesehen, seit ich zurück bin«, fiel Zalari plötzlich auf. »Ich glaube, sie fühlt sich schuldig, weil sie wusste, dass der Kampf gegen das Grauen dein Leben fordern würde und sie dich trotzdem gehen ließ«, erinnerte sich Ilia an ihre letzte Unterhaltung mit der Göttin. »Aber ich bin zurück und demnach gibt es nichts, was sie sich vorwerfen muss. Weshalb kommt sie nicht zu uns? Sie weiß doch sicher, dass wir hier versammelt sind. « »Womöglich ist sie nicht im Tempel. Sonst hätte sie sich bestimmt hier sehen lassen«, vermutete Zalari. »Dann sollten wir sie vielleicht suchen«, überlegte
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