Die Insel der Krieger
die massive Eiche auf dem Marktplatz krachte, die unter dem Wesen zusammenbrach. Aufgeregte Dörfler liefen schreiend davon. Nalig, der wusste, dass die Menschen die Krieger und ihre Begleiter nicht sahen, versuchte sich vorzustellen, wie befremdlich dieser A n griff auf sie wirken musste. Nalig hatte die anderen Krieger fast e r reicht, als eines der finsteren Wesen sich von Aro abwandte und auf ihn zuschoss. Merlin reagierte schnell. Ein einziger flinker Flügelschlag brachte ihn aus der Reichweite des Angreifers. Nalig krallte sich an den Federn fest, als der Ruck des Manövers ihn beinahe von seinem B e gleiter warf. Ängstlich presste er sich an Merlin, als dieser erst steil in die Höhe stieg und dann in einem halsbrecherischen Sturzflug auf seinen Gegner hinabflog. Die Luft rauschte so schnell an Nalig vorbei, dass er nicht einmal atmen konnte. Als Merlin seine Klauen in den Rücken des Untiers schlug und somit seinen Sturz abrupt abbremste, klammerte Nalig sich so heftig an das Federkleid des Falken, dass er plötzlich ein paar der Daunen in Händen hielt. Unter sich hörte er das Rückgrat der monströsen Kreatur in Merlins Griff brechen. Als der schuppige Körper zu fallen begann, erhaschte Nalig einen Blick auf den unverletzten Reiter des Wesens. Er hatte eine annähernd mensc h liche Statur. Das Gesicht lag unter einer Kapuze verborgen, doch die Augen leuchteten ebenso rot wie die der Flugrösser. Mit einer Han d bewegung schleuderte er etwas zu Nalig herauf, das aussah wie ein bläulicher Blitz. Der Junge spürte, wie seine linke Wange heiß wurde und roch verbrannte Federn. Merlin erbebte und sackte ein Stück ab, ehe er sich fing. Soweit Nalig sah, war die Verbrennung nicht allzu schlimm. Weiter unten wurde der fallende Angreifer vom Flugross eines anderen aufgefangen. Gewonnen hatten sie dadurch allerdings nichts, denn ein Feuerball Kayas fegte beide vom Rücken des Wesens. Sie landeten auf dem Boden, wo ihre Körper sogleich scheinbar zu Staub zerfielen. »Was um alles in der Welt hast du hier verloren? « , rief Kaya, die nun dicht neben Nalig war. »Ich bin hier, um zu helfen. « Die Göttin schien zwar erfreut über Merlins Verwandlung, doch gleiche r maßen wütend über Naligs Starrköpfigkeit. »Deinen Falken zur Ve r wandlung zu bringen bedeutet noch lange nicht, dass du so weit bist, uns zu helfen. Fliegt zurück! « »Nein, jetzt da ich endlich hier bin, we r de ich ganz sicher nicht wieder gehen. « »Du hast ja nicht einmal deine Waffe dabei. Und selbst wenn: Du kannst hier noch nichts ausrichten. « »Das hier ist meine Heimat und ich werde nicht gehen, solange die Menschen Hilfe brau chen«, erwiderte Nalig stur. Eine de r Kreaturen schoss auf ihn und Kaya zu. Kartax und Merlin wichen in verschied e ne Richtungen aus. »Wenn du helfen willst, dann hilf den Dorfleuten, die Verletzten zu bergen und sich in Sicherheit zu bringen«, forderte Kaya ihn auf und wandte sich dem Angreifer zu. Nalig sah ein, dass es wohl das Beste war, ihrer Aufforderung zu folgen. Merlin segelte zum Marktplatz hinab und landete. Nalig rutschte über seinen Rücken hinab, als der große Vogel die Flügel faltete und eine aufrechte Ha l tung einnahm. Als das goldene Leuchten verschwand und Merlin wieder wie ein gewöhnlicher Falke aussah, fragte sich der Junge, wie die Menschen wohl auf seine Anwesenheit reagieren würden. Doch waren die Dorfleute, die ihm begegneten so in Aufregung, dass sie ihn kaum wahrnahmen. Manche flohen kopflos aus dem Dorf, andere hatten Habseligkeiten gepackt und ihr Vieh damit beladen. Wieder andere brachten Verletzte auf den Marktplatz. Nalig hielt nach Ilia, seinem Vater, dem Schmied oder jemandem Ausschau, der ihm sagen konnte, wo sie waren. Doch es waren zu viele Menschen in den Ga s sen. Viele kannte Nalig, doch er hatte nicht die Möglichkeit, in dem Gedränge zu ihnen durchzukommen. Nalig mischte sich unter die Dörfler. Er half, Verletzte aus der Reichweite des Kampfgeschehens am Himmel zu bringen. Dann entdeckte er die Kathedrale. Eine tiefe Spalte klaffte dort im Boden, wo einmal der Weg zum Portal gewesen war. Das Dach war eingestürzt, wie auch zwei der Mauern. Rauch stieg von den Überresten des zerstörten Gebäudes auf und der Junge glau b te, Laute aus den Trümmern zu hören. Gab es einen Brand oder einen Überfall, so war es üblich, in die Kirche zu fliehen. Das Gebäude war aus massivem Stein gebaut und daher weniger leicht zu zerstören als die Häuser der Dörfler.
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