Die Insel der Krieger
warten. Was sind da noch sechs Jahre? « »Aber unsere Hilfe wird doch benötigt. In einer so langen Zeit kann viel geschehen. « »Stimmt schon«, räumte Zalari ein. »Aber es ist auch ein unglücklicher Zufall, dass so viele von uns noch so jung sind. L e ben sieben erwachsene und voll ausgebildete Krieger auf dieser Insel, ist es nicht so schlimm, wenn es bei einem etwas länger dauert. Dafür kann ein ausgebildeter Krieger dann auch hundert Jahre und länger über sein Reich wachen. Wobei Eda wohl noch keinen Krieger beso n ders lange behalten hat. « »Es ist trotzdem schwer vorstellbar, dass Thorix’ Büffel die letzten sechs Jahre darauf gewartet hat, dass er Greon über den Mund fährt. « Zalari strich eine seiner braunen Haa r strähnen aus dem Gesicht und fingerte sie zurück in den Zopf. »Du bist noch nicht lange genug hier, um das zu wissen. Aber seit Greon vor fünf Jahren auf diese Insel kam, gab es keinen Tag, an dem sie nicht zusammen waren. « »Das waren wir auch nicht, seit ich hier bin. Wie auch? « »Das ist nicht dasselbe. Wir schlafen jeder in unseren Zimmern und verbringen Zeit miteinander, weil wir das gerne tun. « Nalig zog die Brauen hoch. »Das wird bei Greon und Thorix wohl kaum anders sein. « Zalari schüttelte den Kopf. »Da bin ich mir nicht so sicher. Sie verbringen sehr viel Zeit damit, sich gegenseitig bei i r gendetwas zu überbieten und sei es nur beim Kirschkernweitspucken. Dabei haben sie auch mehr als nur einmal ihre Ausbildung vernachlä s sigt. Außerdem waren sie oft ziemlich gemein zu Arkas. Das ist nicht gerade die Grundlage für das Knüpfen einer lebenslangen magischen Verbindung und dass sich Thorix von dieser hinderlichen Kamera d schaft distanziert hat, kann für seinen Begleiter durchaus Anlass gew e sen sein zu handeln. « »Ich habe noch nie mitbekommen, dass Thorix gemein zu Arkas war. Das scheint eigentlich eher Greons Lebensziel zu sein«, wandte Nalig ein. »Mag sein. Aber es ist mindestens genauso schlimm, immer mit zu lachen und nichts zu sagen. « »Weshalb hat Kaya nie etwas unternommen, wenn die, nennen wir es mal Freun d schaft, zwischen Greon und Thorix ihrer Ausbildung im Weg stand? « »Vermutlich wollte sie, dass Thorix selbst zu dieser Erkenntnis g e langt. « »Trotzdem wäre Arkas einiges erspart geblieben«, beharrte Nalig. »Ja, vermutlich. Allerdings bin ich sicher, dass hinter Kayas Handeln meist ganz bestimmte Absichten stehen. Außerdem musst du bedenken, dass sie 800 Jahre alt ist. Da wird man irgendwann ve r schroben und seltsam. « Zalari grinste. »Das ist keine Entschuldigung«, widersprach Nalig, musste jedoch ebenfalls grinsen. Wie erschreckend die Attacke auf Thorix auch gewesen war, sie hatte doch immerhin Naligs Sorge um Serefil ein wenig in seinen Hinterkopf gedrängt. Die beiden Jungen saßen bis zum Mittagessen draußen. Anschließend besuchten sie Arkas, der inzwischen ausgeschlafen hatte und sich zu langweilen begann. Nach dem Abendessen legte Nalig seine Rüstung wieder an, nahm seine Waffe und machte sich auf den Weg zu seinem Training mit Stella. Er war viel zu früh bei der Lichtung, hatte die Zeit jedoch eingeplant, um endlich das Muster in seinen Stab zu schnitzen. Er hockte sich ins Gras und zog Jiros Messer aus der Tasche. Merlin saß dicht bei ihm auf einem kleinen Felsen und wachte über seine Arbeit. Die Augen fest geschlossen, rief Nalig sich das Muster über der Tür seines Elternhauses in Erinnerung. Es war erstaunlich, denn o b gleich Nalig so weit vom Hof seines Vaters entfernt war und ihn so lange nicht betreten hatte, erinnerte er sich nicht nur in jeder Einze l heit an das Muster über der Tür, sondern auch daran, wie das Holz roch, wie sich die schwere metallene Klinke in seiner Hand anfühlte und das Knistern, welches das Haus von sich gab, wenn an warmen Sommertagen die Sonne darauf schien. Das Holz de s Goldzedernstabs war hart u nd etwas hineinzuschnitzen nicht einfach. Auch behinderte die Verletzung seiner Hand immer noch Naligs Fingerfertigkeit. Doch auch wenn er sich noch nie ernsthaft im Schnitzen versucht hatte und es deutlich schwerer war, ein Muster in einen Stab zu bringen statt auf ein ebenes Stück Holz, war der Junge mit dem Ergebnis recht zufri e den. Er steckte das Messer ein, erhob sich und drehte den Stab in den Händen. Das Gefühl, etwas vollendet zu haben, beflügelte ihn. Alle r dings ließ der Anblick Stellas, die soeben erschien, dieses erhebende Gefühl rasch abflauen. Wie
Weitere Kostenlose Bücher