Die Insel der Krieger
hatte, sich so schnell zurückzuziehen. »Das wäre geschafft«, meinte Rigo und steckte die Axt in die Halterung an seinem Gürtel. Seine auch jetzt noch recht große Schildkröte zog bereits Bl i cke auf sich. »Ist jemand verletzt? « , wollte Aro wissen und besah sich die Gruppe. »Nicht ernsthaft«, gab Stella Auskunft, Rigo wischte nur rasch über seine blutende Lippe und Nalig schüttelte den Kopf. Er bemerkte allerdings, dass sich sein rechter Handschuh langsam mit Blut füllte. »Wollen wir hoffen, dass Kaya und die anderen genauso viel Glück hatten. « Aro warf den Dörflern einen Blick zu. »Ich denke, wir sind hier fertig. « Die vier machten sich bereit für den Rückflug. Nalig sprach kein Wort. Kaya war noch nicht zurück, als sie im Inne n hof des Tempels landeten. »Du solltest Jiro möglichst bald deine Rü s tung reparieren lassen«, riet Rigo dem Jungen. Doch Naligs erstes Ziel war das Badehaus. Dort legte er rasch zwei Holzscheite in das Feuer, das stets unter einem großen Marmorbecken brannte. Dieses befüllte er mit Wasser, das bei Regen auf dem Dach gesammelt wurde, indem er eine Kette über dem Beck en zog. Dann legte er e ndlich seine b e schädigte Rüstun g ab, um Luft zu bekommen. Er warf all seine Kle i dung von sich und stieg ins Wasser, um den Tod, der an ihm haftete, fortzuspülen. Von seiner Hand sickerte noch immer Blut. Zitternd begann Nalig, sich zu waschen. Die Bilder der vergangenen Stunden liefen wieder und wieder vor seinen Augen ab. Ganz gleich, ob er sie mit beiden Händen verdeckte oder mit dem ganzen Kopf unter Wa s ser tauchte, er wurde dieses Grauen einfach nicht los. Da er ganz alle i ne war, ließ er den Tränen der Verzweiflung freien Lauf. Merlin flog auf den Rand der Wanne und sandte ihm ein beruhigendes Gefühl, das der Empfindung nahekam, sachte auf einer leichten Brise über die Bäume zu gleiten. Es dauerte einige Zeit, bis die Bemühung Wirkung zeigte, doch dann begann Nalig ruhiger zu werden und schaffte es, die ängstigenden Bilder zu verdrängen.
Auf dem Weg zu seinem Zimmer schlich der Junge an Arkas’ Tür vorbei. Im Tempel herrschte bereits tiefe Nacht . Nalig h atte Angst, sich zur Ruhe zu legen. Er fürchtete sich vor seinen Träumen. Seine Hand hatte er notdürftig mit einem Taschentuch verbunden. Mira würde sich noch einmal darum kümmern müssen, doch noch wollte Nalig keine Linderung. Der Schmerz half ihm, nicht an das zu denken, was auf dem Festland geschehen war. Der Junge warf sich auf sein Bett und drückte das Gesicht fest ins Kissen. So hörte er das Klopfen an seiner Tür kaum. Als er sich nicht rührte, trat der Besucher ungeb e ten ein. Mit einem Zusammenkrampfen seines Magens erkannte Nalig Stella. Die hatte ihm gerade noch gefehlt. Er hatte eher mit Zalari gerechnet und wurde sich peinlich bewusst, dass er sich nach dem Baden noch nicht vollständig wieder angezogen hatte. »Kann ich kurz reinkommen? « , fragte Stella mit einem Tonfall, der ihr gar nicht äh n lich sah. »Jetzt bist du ja schon drin«, murmelte Nalig und schnappte sich sein Nachthemd. Stella schloss die Tür hinter Aila und setzte sich auf sein Bett. Nalig glaubte, es nicht zu ertragen, wenn sie ihn jetzt auch noch für sein Versagen maßregelte. »Was war denn heute nur mit dir los? « , fragte sie und Nalig war überzeugt davon, dass Besorgnis in ihrer Stimme mitschwang. Schweigend starrte er auf das Muster seiner Bettdecke. Sollten das Blumen sein? Oder Vögel? Dann spürte er plötzlich Stellas Hand auf seiner. Er blickte zu ihr auf. »Ich war einfach nicht darauf vorbereitet«, meinte er kopfschüttelnd. »Vorbereitet? Worauf? « Nalig rang mühsam die erneut aufsteigenden Tränen nieder. »Darauf, wie es ist, wirklich zu kämpfen. Ich hätte nicht damit gerec h net, dass es so… « Er suchte vergeblich die richtigen Worte. »Ich dac h te, ich soll Menschen helfen und sie nicht töten. « Stellas Augen weit e ten sich überrascht. »Leider beinhaltet das eine oft auch das andere. Dachtest du, die Männer, die dein Volk bedrohen, verschwinden ei n fach, wenn du sie höflich darum bittest? « Es war kein Hohn in Stellas Stimme, als sie das sagte. »Ja, womöglich habe ich das gedacht. Was wir hier lernen, hat nichts mit dem zu tun, was ich heute in Eda ges e hen habe. Hier spielen wir nur Kämpfen. Macht man einen Fehler, dann hat man im schlimmsten Fall ein paar blaue Flecken. « »Nun, es wäre nicht hilfreich, wenn wir uns hier gegenseitig umbringen wü r
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