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Die Insel der Mandarine

Die Insel der Mandarine

Titel: Die Insel der Mandarine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Hughart
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wäre, die Schenkel in einer Marinade aus
Schweinefußbrühe, Honig und Weinsatz einzulegen, dann mit eingedickter
Erdnußpaste zu bestreichen und knusprig zu braten .«
    »Ein Feinschmecker !« bemerkte Meister Li. »Grgllgh!« sagte ich.
    »Ochse, wenn du schon dabei
bist, sieh doch nach, ob eingelegte Quallenhaut da ist !« rief mir Meister Li nach, als ich in die Speisekammer wankte. »Ich habe
entdeckt, daß sie wunderbar zu Bärentatzen paßt«, fuhr er, an Yen Shih gewandt,
fort. »Und da Bärentatzen meiner Meinung nach schmecken, als würden sie zu
sechzig Prozent aus Leim bestehen, ist sie vielleicht eine gute Beilage zu den
klebrigeren Teilen dieses Ekels .« »Grgllgh !« sagte ich.
    In einem der Regale fand
ich die Schweinefußsülze, und aus einem Wandschrank zerrte ich ein Glas
Quallenhaut zutage. Als ich zum Tisch zurückkehrte, schickte sich Meister Li
eben an, den Schädel mit einer Säge zu öffnen, und Yen Shih nahm an Schien- und
Wadenbeinen Maß für die geplanten Beilhiebe.
    Verstehst du, Flaccus, in
dieser Welt geschehen mehr Dinge, als sich der Nichtzivilisierte überhaupt
vorzustellen vermag, sagte ich im Geiste. Pock! Pock! Pock! »Grgllgh!«
    »Yen Shih, sollen wir das
Hirn in einer traditionellen Zwiebelsoße dünsten, oder würdest du Austernsud
vorziehen ?« brüllte Meister Li, um die Beilhiebe des
Puppenspielers zu übertönen. »Nun ja, Hirn pochiere ich eigentlich am liebsten
in Kokosnußmilch, sofern Ochse welche finden kann«, gab Yen Shih sinnierend
zurück.
    »Ausgezeichnet !« rief Meister Li bewundernd aus. »Ochse, sieh nach, ob sie
hier Kokosnüsse haben. Weißt du übrigens auch, warum unser belesener Freund
diesen Vorschlag macht? Vor langer, langer Zeit, so lautet die Überlieferung,
wurde der große König Nam Viet von Menchelmördern erdolcht, und als er merkte,
daß es ans Sterben ging, riß er sich den Kopf ab und spießte ihn als eine
letzte Gabe an sein Volk an einem Baum auf. Der Kopf verwandelte sich in eine
Kokosnuß, und weil der König zu jenem Zeitpunkt betrunken war, ist die
Flüssigkeit darin der gärungsfreudigste Stoff der Welt .« Ritsch! Ratsch! »Grgllgh !« sagte ich.
    »Ich will noch einmal
deinen unschätzbaren Rat einholen, bevor ich möglicherweise etwas verderbe«,
wandte sich Meister Li an den Puppenspieler. »Sollen wir die Zunge ganz lassen
und vielleicht in einem Walnußpastemantel backen, oder schneiden wir sie in Scheiben
und braten sie in Butter und Knoblauch ?« »Ich bin für
Butter und Knoblauch«, entgegnete Yen Shih. »Ochse, könntest du hier das Mark
herausholen ?« »Grgllgh-grgllgh-grgllgh !« sagte ich.
    »Laß sein, ich mache es
selbst. Wie wäre es mit einem Eintopf aus Zehen und Ohren ?«
    »Mit etwas Brustfleisch
verfeinert, vielleicht«, fügte Meister Li hinzu. »Langsam mit Bohnengallerte,
Fagara, rotem Pfeffer geschmort und am Schluß viele Pilze hinzugefügt .« »Klingt phantastisch«, bemerkte Yen Shih. »Bleibt uns
genügend Zeit, noch ein paar Würstchen zu machen ?« »Aber sicher. Schauen wir uns einmal an, wie sein Innenleben beschaffen ist .« »Grgllgh!«
    »Ochse, sieh nach, ob du
von dem Senf aus dem Süden findest, der so gut zu Würstchen schmeckt !« rief Yen Shih in meine Richtung. »Ich kannte mal einen
Burschen namens Meng Kuan, der behauptete, er hätte Senf aus Tan gekauft und
ihn dann zu Hause vergessen«, wandte er sich dann an Meister Li. »Das Zeug
begann zu wachsen, ein Torso, ein Kopf, ein Schwanz und vier Beine sprossen heraus,
und dann, so behauptet Meng Kuan, biß ihn das Biest, galoppierte zur Tür
hinaus, und er hat es nie wieder gesehen.« »Was pflegte er zu trinken ?«
    »Lösungsmittel, nehme ich
an. Ach ja, dabei fällt mir ein, gibt es eine Möglichkeit, seine Züge unkenntlich
zu machen, das Gesicht aber ganz zu lassen und dem Großen Gouverneur knusprig
gebak-kene Freundesbäckchen zu servieren ?« »Grgllgh !« sagte ich.
    Mit dem Senf und der
Kokosnuß in den Händen taumelte ich in die Küche zurück. Siehst du, Flaccus,
sprach ich in mich hinein, es gibt Zeiten, da müssen edle Männer Dinge tun, die
sie normalerweise -
    »Sieh dir nur die Nieren
und die Bauchspeicheldrüse dieses Kerls an !«
    »Prächtig! Und die Leber!«
    »Auberginen! Ochse, wir
brauchen Auberginen, Tomaten, Zwiebeln, grüne Paprika und mindestens zwei
Sorten Fruchtmark !« Ich warf Knochen in große Kessel
und kochte sie für den Fond, dann zerstampfte ich sie zu grobem, grauem Mehl,
das ich mit

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