Die Insel der Orchideen
besten Frau verheiratet, die sich ein Mann wünschen kann, und was machst du? Rennst zu den Huren, betäubst dich mit Opium, verschleuderst das Geld. Und was ist mit deinen Kindern?« Henry redete sich in Rage. »Kümmert dich überhaupt, was aus ihnen wird? Machst du dir jemals Gedanken, wie sie zurechtkommen sollen?«
»Sie kommen ja zurecht«, sagte Friedrich trotzig. »Meine Firma wirft noch immer genug ab.«
»Es ist nicht deine Firma, Friedrich, begreife das endlich.
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wirft genug ab, weil ich über die Firma Geschäfte abwickle, die ich genauso gut über mein eigenes Haus laufen lassen könnte. Wir hatten uns damals geeinigt, dass du
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als Geschäftsführer eigenständig lenken solltest, um deine Anteile möglichst bald wieder zurückzukaufen, doch was ist passiert? Nichts! Du ruhst dich auf dem Geld aus, das ich dir erwirtschafte. Manchmal frage ich mich, ob ich nicht doch Johanna davon in Kenntnis setzen sollte, dass
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de facto mir gehört, um dieser Farce endlich ein Ende zu machen.«
Je länger Henry sprach, desto blasser wurde Friedrich. »Mein sauberer Freund Henry ist also hinter dem Rock meiner Frau her. Du bist es, der gegen mich intrigiert, du!« Seine Stimme überschlug sich, er hustete. »Du wirst mich nicht kleinkriegen, o nein. Und eines verspreche ich dir: Bevor du deine dreckigen Hände auf Johanna legst, bringe ich sie um. Sie und die Kinder.«
»Du bist von Sinnen!«, brüllte Henry.
»Gib es doch zu! Du willst Johanna, wolltest sie immer.« Friedrich sprang auf, Speichel spritzte aus seinem Mund.
Henry starrte ihn sprachlos an. Ein Rascheln ließ ihn aufhorchen. In der Tür stand Amelia, einen triumphierenden Ausdruck im Gesicht.
»Was für eine aufschlussreiche Unterhaltung«, sagte sie, drehte auf dem Absatz um und verschwand in den Tiefen des dämmrigen Hauses.
Eine böse Vorahnung bemächtigte sich Henrys. Früher oder später würde Amelia ihr Wissen ausspielen, und nicht zum Guten.
* * *
Amelia verlor keine Zeit. Gleich am nächsten Tag stand sie im Garten von Friedrichs Bungalow. Überrascht eilte Johanna auf die Veranda und bat die seltene Besucherin zum Tee.
»Keinen Tee. Ich bleibe nur kurz«, sagte Amelia, setzte sich jedoch auf einen der Rattanstühle.
Johanna nahm ihr gegenüber Platz, ohne auf den Affront einzugehen. Allein die Tatsache, dass Amelia sie aufsuchte, machte sie wachsam. Sie hatte Henrys Frau seit jener dramatischen Nacht im August nicht mehr gesehen. Amelia wirkte dürr, beinahe ausgezehrt, und unter ihren Augen lagen tiefe Schatten. Die Augen selbst glänzten jedoch angriffslustig.
»Was führt Sie her? Sind Oscar und Milicent gesund?«
»Natürlich sind sie gesund. Aber wissen Sie das nicht längst von meinem Mann?« Amelia beugte sich vor. »Viel zu lange habe ich Ihr Treiben geduldet, doch damit ist nun Schluss.«
Johanna wurde eiskalt. »Mein Treiben? Amelia, Henry und ich sind einander freundschaftlich verbunden, das ist alles.« Halt, dachte sie. Verteidige dich nicht. »Henry liebt meinen Mann wie einen Bruder. Selbst als ich schon dachte, Friedrich sei tot, und mich mit Bowie verlobte, hat er noch nach ihm gesucht. Sieht so Betrug aus? Henry hat Friedrich geholfen, seine Firma aufzubauen.«
»Den Zahn muss ich Ihnen leider ziehen, werte Frau von Trebow. Ihnen gehört nichts, gar nichts. Ihr Friedrich«, sagte Amelia genüsslich, »ist arm wie eine Kirchenmaus. Sie leben von Henrys Almosen.«
»Wie kommen Sie denn auf so etwas?«
»Mein Mann hält achtzig Prozent der Anteile von
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. Aber das ist noch nicht alles: Gestern hat Ihr Mann eine chinesische Dirne totgeschlagen, und nur der Intervention meines Mannes verdanken Sie es, dass diese unselige Geschichte keine Kreise ziehen wird.«
Johannas Magen krampfte sich zusammen. Sie wusste um Friedrichs schlimmen Lebenswandel, aber diese Nachrichten brachten den Boden unter ihren Füßen zum Schwanken. »Warum erzählen Sie mir das?«, flüsterte sie, obwohl sie den Grund ahnte.
Amelia lehnte sich zurück. Sie war die Ruhe selbst. »Ich werde Henry ein Ultimatum stellen: Entweder er geht mit mir und den Kindern zurück nach England, oder ich mache die Geschichte publik. Was dies nach sich zöge, brauche ich Ihnen nicht zu erklären.«
»So weit würden Sie gehen?«
Amelia musterte sie nur kalt. Dann erhob sie sich. »Ich schulde Ihnen nichts. Aber Sie schulden mir meinen Mann. Überlegen Sie sich Ihre nächsten Schritte
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