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Die Insel der Orchideen

Die Insel der Orchideen

Titel: Die Insel der Orchideen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: white
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Sie, dass sich Ihre Kinder von meinen Töchtern fernhalten. Sollte das Chinesenmädchen jemals wieder Hand an Alice legen, werde ich ihren Schulausschluss veranlassen. Wozu gibt es Erziehungsanstalten für ihresgleichen?«
    * * *
    Es war keine große Hochzeit, doch mehr als üppig für ein ehemaliges Dienerehepaar. Johanna hatte Ping und Lim bekniet, einen Teil zu den Kosten beitragen zu dürfen, aber sie wollten nichts davon hören. Johanna hoffte, dass die Ang Pao, glücksbringende rote Umschläge, von den Gästen ordentlich mit Geld gefüllt worden waren, damit die beiden sorgenfrei in ihr neues Leben starten konnten.
    Die Feier fand in der Apotheke statt. Die in Alkohol eingelegten Schlangen, getrockneten Echsen und alles andere, was den Gästen auf den Appetit schlagen konnte, hatten ins Hinterzimmer ziehen müssen, wo gerade noch Raum genug für Apotheker Ahs Lager geblieben war. Es machte ihm nichts aus; frohgemut residierte er neben dem Brautpaar und sparte nicht mit guten, wegen seiner Schwerhörigkeit in enormer Lautstärke vorgetragenen Ratschlägen.
    Ping und Lim hatten in der Nachbarschaft Stühle und Tische geliehen, Johannas Geschirrschrank und den Inhalt von Dinahs Aussteuertruhe mit Beschlag belegt, Berge von siamesischem Reis gekocht, weiches weißes Brot und Nudeltaschen bestellt. Ping hatte sich bei der Zubereitung der raffinierten Nyonya-Gerichte selbst übertroffen. Der Duft von Schweinebauch mit Bambus und Koriander, Babi Chin genannt, Ngoh-Hiang-Röllchen, chilischarfem Huhn in Limettensaft, würziger Fischsuppe, Krabbentörtchen und Poh Piah überlagerte sogar den muffigen Geruch, der sich trotz intensiven Schrubbens nicht ganz aus der Apotheke hatte vertreiben lassen. Johanna ließ den Blick über die versammelten Gäste wandern. Ganz besonders freute sie sich über Mercys und Andrews Anwesenheit. Andrew pflegte seit jeher einen gelassenen und überaus höflichen Umgang mit Menschen aller Klassen, doch Mercy war ein anderer Fall. In Indien zu starrem Klassenbewusstsein erzogen, hatte sie sich lange Zeit schwergetan, in den sie umgebenden Asiaten mehr als Diener zu sehen, und auch nicht mit spitzen Bemerkungen gespart, wenn Johanna allzu freundschaftlich mit Ping und Lim verkehrte. Doch durch die Jahre engen Zusammenlebens sowohl mit Johanna als auch mit ihren eigenen Dienern hatte sie begonnen, den Asiaten gegenüber Vertrauen und, im Falle von Ping, sogar Zuneigung zu entwickeln. Zu Johannas Freude hatte sie die Freundin vor einiger Zeit, den Kochlöffel schwingend und angeregt mit dem Koch über die Verbesserung eines Rezeptes diskutierend, in der Küche ertappt. Johanna lachte, als sie an Mercys Gesicht dachte, die ihr heilige Schwüre abgenommen hatte, diese gesellschaftliche Entgleisung nicht herumzutratschen.
    Heute sprang Mercy endgültig über ihren Schatten. Aufgeräumt plauderte sie mit einem indischen Ehepaar, das, wie Ping Johanna zuflüsterte, seinen Lebensunterhalt mit Waschen verdiente und sich nur langsam von dem Schock erholte, mit den Sahibs an einem Tisch zu speisen.
    Natürlich hatte Ping auch Onkel Koh eingeladen, und selbst Friedrich war gekommen, wenn es auch massiven Druck von Johanna gebraucht hatte. An einem gesonderten Tisch neben dem Eingang saß die Kinderschar: Hermann, Dinah und Lily, Carl und Roy Robinson, ein indisches Mädchen und zwei chinesische Jungen von etwa acht und zehn Jahren, die Johanna nicht kannte. Laut ging es dort zu, selbst Dinahs sprödes Lachen ließ sich hin und wieder vernehmen.
    Angesichts der fröhlichen Kinder dachte Johanna an die unangenehme Unterredung mit Victoria Harrington zwei Monate zuvor. Mit Tränen in den Augen hatte sie den Mädchen und Hermann eingeschärft, nichts auf das Gerede der anderen Kinder zu geben. Die drei waren ihren Ausführungen stumm und, in Lilys Fall, mit kaum verhohlenem Widerspruchsgeist gefolgt, hatten aber versprochen, sich in Zukunft gesittet und wohlerzogen zu benehmen. Glücklicherweise stellte sich heraus, dass es durchaus Kinder gab, deren Gedanken nicht von ihren Eltern vergiftet worden waren, so dass Lily und Dinah nicht isoliert blieben. Hermann hatte, nach wie vor unter dem Schutz der streitbaren Robinson-Zwillinge stehend, ohnehin nicht viel auszustehen. Mercy hatte gefaucht wie ein chinesischer Drache, als sie von dem Affront erfuhr, und Victoria Harrington samt ihrem Zirkel von aufgeblasenen Claqueuren, wie sie es unfein ausdrückte, den Krieg erklärt. Johanna hatte große Mühe gehabt,

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