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Die Insel der Orchideen

Die Insel der Orchideen

Titel: Die Insel der Orchideen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: white
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haben.
    Über der Arbeit, die sie oft zwölf und mehr Stunden von ihrem Haus fernhielt, hatte Johanna kaum bemerkt, dass sie kaum noch Einladungen zu nachmittäglichen Bridgerunden, zum Tee und anderen Zerstreuungen bekam, mit denen die Damen der Singapurer Gesellschaft die Langeweile bekämpften. Im Grunde war sie froh darüber, enthob es sie doch dem lästigen Schreiben wohlformulierter Absagen. Mercy war immer wieder in sie gedrungen, sie möge sich nicht so absondern, doch sie hatte den Warnungen der Freundin keine Bedeutung beigemessen. Bis heute.
    Solange es nur um ihre Person gegangen war, hatte sie die unterschwelligen Anfeindungen mit einem Achselzucken abgetan, doch nun wurden ihre Kinder in Mitleidenschaft gezogen. Johanna fasste einen Entschluss. Auch wenn es einem Gang nach Canossa gleichkäme, musste sie sich bei Mrs Harrington für Lilys Betragen entschuldigen und gleichzeitig um Verständnis für ihre Sache werben. Immerhin engagierten sich auch die anderen Damen in karitativen Projekten, wenn auch nur durch die Ausrichtung von Wohltätigkeitsbällen und Ähnlichem. Selbst anzupacken hielten die meisten für unter ihrer Würde; der Umgang mit Krankheit, Tod und nicht zuletzt mit den Gestrauchelten der Stadt erschreckte sie.
     
    Victoria Harrington erwartete sie in ihrem Salon. Im Gegensatz zu Johanna, die ihre Polstermöbel schon vor Jahren gegen luftiges Rattanmobiliar ausgetauscht hatte, mochten die Harringtons, ungeachtet des von ihnen ausgehenden, durch die feuchte Tropenluft hervorgerufenen sauren Schimmelgeruchs, nicht auf ihre Kanapees und Sessel verzichten. Sobald Johanna Platz genommen hatte, entschuldigte sie sich in aller Form für das Verhalten ihrer kämpferischen Ziehtochter, was von Victoria Harrington mit einem herablassenden Kopfnicken quittiert wurde. Johanna knirschte mit den Zähnen. Es fiel ihr unendlich schwer, die Contenance zu wahren, aber hier ging es nur am Rande um sie.
    »Ich würde mich freuen, Georgia wieder einmal bei uns begrüßen zu dürfen. Alice natürlich auch. Unsere Töchter haben sich doch immer gut verstanden, und sicherlich würde ein Nachmittag mit lustigen Spielen die Kinder ihren kleinen Zwist vergessen lassen.«
    Victoria Harrington hob die Brauen. Sie musste lange vor dem Spiegel geübt haben, bis sie eine derart blasierte Miene beherrschte, dachte Johanna gehässig.
    »Den kleinen Zwist? Nun, das sehe ich anders, Mrs von Trebow. Meine Töchter haben mir zu verstehen gegeben, sich nicht mehr mit Dinah und Lily treffen zu
wollen.
Es haftet ihnen zu sehr der Ruch nach … wie soll ich es nennen? … Straßenschmutz an.«
    Johanna fuhr auf. »Was erlauben Sie sich!«
    Ihre Gastgeberin hob abwehrend die Hände. Dabei lächelte sie maliziös. »Kein Grund zur Aufregung, Verehrteste. Natürlich ist mir bewusst, dass Ihre Kinder über alle Zweifel erhaben sind. Missverstehen Sie mich nicht, sowohl ich als auch die anderen Damen hegen die größte Bewunderung für Sie.« Ihr Lächeln wurde noch falscher, falls das überhaupt möglich war. »Natürlich habe ich meinen Mädchen ins Gewissen geredet, versucht, ihnen klarzumachen, wie wertvoll Ihr Engagement für den Abschaum …« – sie verbesserte sich, bevor Johanna erneut auffahren konnte – »… für die Armen ist, aber was soll ich tun? Ich kann sie nicht zur Freundschaft mit Ihrer Tochter zwingen, noch weniger mit Lily, deren Herkunft gänzlich im Dunkeln liegt.« Sie senkte die Stimme zu einem vertraulichen Flüstern und schaffte es, einen affektierten Seufzer in ihre Rede einzubauen. »Wissen Sie, was Alice mich kürzlich fragte? Ob denn Lily die Tochter einer dieser buntbemalten Chinesinnen sei. Nun frage ich Sie, ob es richtig ist, dass das Kind überhaupt von der Existenz dieser losen Frauen weiß, wenn es auch, Gott bewahre, nichts vom eigentlichen Charakter des Gewerbes ahnt? Leider sehen wir diese Frauen ja jetzt häufiger hier in der Gegend, seit Sie Ihre Klinik betreiben.«
    Johanna verschlug es vorübergehend die Sprache. Sie musste mehrmals tief Luft holen, bevor sie antworten konnte: »Warum sagen Sie mir nicht ins Gesicht, dass Sie meine Kinder für schlechten Umgang halten? Dass meine Familie Ihnen nicht fein genug ist?«
    Victoria Harringtons freundliche Maske löste sich in Luft auf. »Das haben Sie gesagt«, sagte sie kalt. »Ich würde mich niemals zu einer derartigen Unhöflichkeit versteigen. Aber da Sie offensichtlich eine Freundin klarer Worte sind, bitte sehr: Veranlassen

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