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Die Insel der Orchideen

Die Insel der Orchideen

Titel: Die Insel der Orchideen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: white
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von sich aus ins Spiel zu bringen. Selbst seine Spielleidenschaft gab Cameron erst zu, nachdem Hermann ihm die Personen nannte, von denen er seine Informationen bekommen hatte. Johanna reichte es.
    »Mein lieber Cameron«, sagte sie, und es kostete sie enorme Beherrschung, freundlich zu bleiben. »Wir sind alte Weggefährten, und das meiste, was ich über Waren und den Handel weiß, habe ich von Ihnen gelernt. Aber ich weiß auch, wie schnell Schulden einen Mann korrumpieren können. Ich hoffe, Sie werden verstehen, dass ich Ihnen die Prokura für
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entziehen muss, bis Licht in diese Affäre gebracht ist.« Sie machte eine Pause. »Ich sehe mich außerdem gezwungen, Mr Farnell zu kabeln und ihm Gleiches zu raten.«
    Cameron prallte zurück. Alle Farbe verließ seine Wangen. »Das wagen Sie nicht.«
    »Warum nicht?« Johanna hob die Augenbrauen. »Natürlich werden mein Sohn und ich Stillschweigen bewahren, da ich nach wie vor glauben möchte, dass ich Sie zu Unrecht verdächtige. Sobald Ihre Unschuld bewiesen ist, werde ich mich offiziell bei Ihnen entschuldigen.«
    »Aber wovon soll ich leben?«
    »Ihr Gehalt wird selbstverständlich weiter ausgezahlt. Gönnen Sie sich eine Vergnügungsreise nach Kalkutta, segeln Sie nach Europa, und wenn Sie zurückkehren, hat sich alles in Wohlgefallen aufgelöst.« Sie fasste ihn scharf ins Auge. »So ist es doch, nicht wahr?«
    Er nickte verdattert, dann verabschiedete er sich hastig und verließ das Büro. Sie konnten ihn die Treppe hinunterpoltern und auf der Straße nach einer Jinrickshaw rufen hören.
    »Puh.« Hermann maß seine Mutter mit einer Mischung aus Staunen und Bewunderung. »Diese Seite von dir kannte ich noch nicht.«
    »Das Geschäftsleben ist hart.«
    »Was hättest du getan, wenn er alles zugegeben hätte?«
    »Ihm eine zweite Chance gegeben, unter Aufsicht natürlich. Das würde ich jetzt noch tun, er muss nur den Mut haben, zu mir zu kommen.« Sie seufzte. »Ich befürchte, dass er den nicht hat.«
    »Und Bowie? Was meinst du?«
    Sie zuckte die Schultern. »Mein Verlust ist der Gewinn eines anderen«, sagte sie.
    »Du meinst, es kommen alle Händler der Stadt in Frage?«
    »Es liegt in der Natur unseres Geschäfts, dass jeder Einzelne versucht, seinen Vorteil herauszuschlagen. Wir jagen uns gegenseitig die besten Posten ab, treiben die Preise in die Höhe oder hinunter, wie es gerade von Vorteil ist, aber all dies geschieht mit offenem Visier. Bis jetzt jedenfalls. Ich weiß es wirklich nicht, Hermann. Ich möchte weder an Camerons Verrat glauben, noch traue ich Bowie eine derartige Hintertriebenheit zu.« Sie ergriff ihren Sonnenschirm. »Komm«, sagte sie. »Auf dem Spaziergang zum Postamt können wir uns den Wortlaut des Telegramms an Henry Farnell überlegen.«

24
    Februar 1883 , vier Monate später
    D er Teller zersprang klirrend auf dem Boden, ein zweiter folgte, ein dritter. Wütend holte Johanna mit einem vierten aus, dann ließ sie den Arm sinken und stellte den Teller auf dem Tisch ab. Ihr Geschirr konnte nichts für die Überheblichkeit europäischer Gelehrter. Stattdessen knüllte sie den eben erhaltenen Brief zusammen und schleuderte ihn aus dem Fenster. Sie wollte ihn nicht noch einmal lesen, zumal der Inhalt fast identisch mit dem aller Briefe aus den letzten Wochen war. Lily von Trebow könne nicht Medizin studieren, hieß es dort. Frauen seien generell nicht zum Studium zugelassen, einmal aus moralischen Gründen, zum anderen aber, und dies wiege womöglich noch schwerer, weil das weibliche Geschlecht nicht in der Lage sei, die komplexen Anforderungen der Medizin zu begreifen. Die Absender konnten von Glück reden, dass sie ein ganzer Kontinent von Johanna trennte. Sie war so weit, dem nächstbesten der anmaßenden Kerle an die Kehle zu gehen. Mit jeder Absage verstand Johanna ihre rebellische Schwester besser: Es war, als wolle man mit bloßer Hand Mauern zertrümmern.
    Lily nicht klug genug? Ha! Johanna vermutete, dass Lily schon jetzt jede theoretische Prüfung im Bereich der Medizin bestehen würde, und auch die praktischen Seiten des Berufs waren ihr nicht fremd, da sie Doktor Welsh oft bei Operationen assistierte. Sie hatte sich all ihr Wissen aus eigenem Antrieb angeeignet und nicht eher Ruhe gegeben, bis sich sämtliche Schriften Florence Nightingales in ihrem Besitz befanden, von all den Fachbüchern und Artikeln über Krankheiten, Behandlungsmethoden, Hygiene und Chirurgie gar nicht zu sprechen. Zum Glück wusste

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