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Die Insel der Orchideen

Die Insel der Orchideen

Titel: Die Insel der Orchideen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: white
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Schnauben entlockte. »So viel! Damit hättest du problemlos die Differenz zwischen dem blauen und dem grünen Kleid begleichen können.«
    »Ein dummes Kleid ist aber nicht so wichtig wie Leahs Glück«, schnappte Johanna.
    Mercy starrte sie ungläubig an, dann verengten sich ihre Augen, und sie rauschte beleidigt aus dem Laden. Johanna stopfte das Wechselgeld ungezählt in ihren Beutel, verabschiedete sich hastig von Mr Little und eilte Mercy nach. Sie brauchte nicht lange zu suchen. Mercy stand unter den Arkaden und starrte verkniffen in den herunterprasselnden Regen. Da sie sich schreiend verständigen mussten, ging ihrem Streit bald die Luft aus. Als der Guss endlich vorbei war, lagen sie sich verzeihend in den Armen.
    Um die wiederhergestellte Freundschaft zu feiern, kaufte Mercy französische Kekse und lud Johanna zu sich ein. Vorher ließen sich die beiden Frauen zum Postamt kutschieren; das Postschiff war gegen Mittag angekommen, und Johanna musste die gesammelten Briefe der Frauen des Hauses Uhldorff an den Vater und Friedrich abgeben, bevor es am nächsten Morgen zurückdampfte. Das Schiff hatte auch Nachricht aus China gebracht. Voller Vorfreude drückte Johanna ein kleines Bündel Briefe an die Brust, als sie wieder in die Kutsche stieg.
    Kurz darauf ließ sich Johanna in einem der Korbstühle auf der Robinsonschen Veranda nieder. Während Mercy die Diener mit allerlei Aufträgen scheuchte und die Aufsicht über die korrekte Zubereitung des Tees übernahm, überflog Johanna die an sie persönlich adressierten Briefe, einen vom Vater, drei von Friedrich. Zwei weitere Briefe des Vaters galten der Mutter und Leah, so hielt er es immer.
    »Und? Wann holt er euch nach China?« Mercy ließ sich schnaufend neben Johanna nieder.
    »Gar nicht.« Johanna seufzte. »Papa hat beschlossen, im neuen Jahr nach Singapur zurückzukehren.«
    »Wie schön! Es hätte mir nicht gefallen, dich ziehenlassen zu müssen. Freust du dich denn gar nicht?«
    »Er ist noch immer in Kanton. Das beunruhigt mich sehr, bei all dem Kriegsgerede, das seit jener unseligen Affäre mit der
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herrscht.«
    »Unselige Affäre?«
    »Hast du es denn gar nicht mitbekommen? Die Chinesen haben in Kanton ein mit dem Union Jack beflaggtes Schiff beschlagnahmt und die Mannschaft verhaftet. Sie behaupteten, das Schiff würde Opium schmuggeln. Daraufhin hat der Gouverneur von Hongkong angeordnet, die Stadt zu beschießen.«
    »Doch, doch, ich habe davon gehört. Aber Politik ist so ermüdend! Das Kopfzerbrechen überlasse ich gern den Männern.«
    »Das solltest du aber nicht, schließlich geht es auch um uns.«
    »Um dich, Liebste. Ich habe schließlich nicht vor, in China zu leben.«
    »Aber Singapur ist auf den Handel mit China angewiesen. Stell dir vor, die Schiffe aus Kanton oder Amoy oder Schanghai würden leer zurückkehren. Dann müssten die Kaufleute um ihre Existenz bangen, und dein Andrew hätte nichts mehr zu tun.«
    »Du bist so anstrengend! Woher weißt du all das?«
    Johanna schüttelte den Kopf. Sooft sie versucht hatte, die Freundin für etwas anderes als Mode und Whist zu interessieren, war sie gescheitert. »Ich lese die Zeitung, außerdem hält Friedrich mich auf dem Laufenden«, sagte sie.
    »Kommt er mit deinem Vater zurück?«
    Johanna nickte. Tränen traten in ihre Augen.
    »Herzchen! Was ist denn?« Mercy sprang auf und nahm sie in den Arm.
    »Entschuldige. Ich bin so glücklich. Ja, er kommt.«
    »Wann?«
    »Sobald Vater zurück in Hongkong ist. Er will in der Zwischenzeit seine geschäftliche Verbindung mit Henry Farnell auflösen. Es ist in letzter Zeit immer häufiger zu Unstimmigkeiten zwischen den beiden gekommen, wobei sich Farnell sehr uneinsichtig zeigt. Es wundert mich nicht«, fügte sie hinzu.
    »Wohl nicht. So, wie du diesen Farnell beschrieben hast, muss er ein schrecklicher Mensch sein.«
    »Na ja«, lenkte Johanna ein, »als schrecklich würde ich ihn nicht bezeichnen, eher als wenig umgänglich, zumindest, was mich betrifft. Vater schätzt ihn, und auch Leah kam gut mit ihm aus. Die beiden schreiben sich sogar hin und wieder.«
    »Ach.« Mercy setzte sich auf. In ihre Augen trat jenes besondere, dem pikanten Tratsch vorbehaltene Glitzern. »Sollte sich da etwas anbahnen?«
    Jetzt musste Johanna doch lachen. »Mercy, du bist unglaublich!«, rief sie aus. »Aber du liegst falsch. Ich vermute stark, dass die beiden keine Liebesschwüre austauschen. Seinen Sendungen liegen gepresste Blätter und Blüten bei

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