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Die Insel der Orchideen

Die Insel der Orchideen

Titel: Die Insel der Orchideen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: white
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offene Meer begeben. Nur wenige Meter neben Friedrichs Boot schoss ein zweites in aberwitziger Geschwindigkeit voran. Wie seines hatte es eine Überdachung, unter der sich etwa zwanzig Sklaven über die Ruder krümmten. Auf dem Dach saßen zwei Dutzend furchterregende Männer mit brauner Haut im Schneidersitz und punzten Löcher in ihre Säbel, für jeden Getöteten eines. Einer der Kerle sah herüber, Friedrich direkt in die Augen. Er war ein schöner Mann, mit ebenmäßigen Gesichtszügen und starken Muskeln unter der glatten Haut. Dann wurde Friedrich des Blutes auf seiner mehrfarbigen Tunika gewahr, und er wandte sich schaudernd ab. Welchen seiner Gefährten mochte der ruchlose Kerl auf dem Gewissen haben?
    Man hatte Friedrich in den hinteren Teil des Bootes gelegt, direkt neben zwei weitere Verwundete. Er erkannte den jungen Laskar Rashid und Collister, von allen anderen fehlte jede Spur. Weder Rashid noch Collister waren bisher wieder zu sich gekommen, doch beide atmeten gleichmäßig. Zu seinem größten Erstaunen entdeckte Friedrich einen blutigen Verband am Bein des Bootsmanns. Für dieses fürsorgliche Verhalten konnte es nur eine Erklärung geben: Die Piraten wollten in einem der nächsten Häfen ein Lösegeld für sie erpressen. Der Gedanke flößte Friedrich neuen Lebenswillen ein, und als ihm kurz darauf von einem nicht unfreundlichen Mann ein nahrhaftes und durchaus wohlschmeckendes Sagogericht gereicht wurde, blickte er der Zukunft etwas hoffnungsvoller entgegen.
    Doch sobald Friedrich, Collister und Rashid wieder bei Kräften waren, bekamen sie Plätze an den Rudern zugewiesen, und fortan bedeuteten ihre Tage eine endlose und eintönige Fron, nur unterbrochen von den Überfällen auf Küstendörfer und Handelsschiffe, aus denen ihre Entführer Sklaven und Silber schleppten, bis die Boote unter der Last kaum noch manövrierfähig waren. Die Sklaven wurden meist in den nächsten Häfen verkauft. Friedrich und Collister fieberten diesen Tagen entgegen, doch nie ergab sich eine Gelegenheit zur Flucht. Auf die Frage, wann die Fahrt beendet sein würde, bekamen sie keine Antwort, und so verschlangen ihre Ruder Seemeile um Seemeile, ihre Muskeln wurden härter und härter, und die Sonne gerbte ihre Haut, bis nur noch die hellen Haare sie als Weiße verrieten.
     
    Über seinem Grübeln war Friedrich unachtsam geworden. Sein Ruder platschte erneut, und diesmal folgte die Strafe sofort. Schmerz zuckte scharf durch seinen Körper, als die stumpfe Schneide des Kampilans ihn traf. Kaum konnte er einen Schrei unterdrücken, der weitere Strafen am nächsten Tag nach sich gezogen hätte. Das zu einer wütenden Fratze verzogene Gesicht seines Peinigers tauchte direkt neben ihm auf, zischend wies er Friedrich zurecht. Friedrich zog den Kopf zwischen die Schultern. Sein Rücken brannte, doch er musste stumm bleiben. Oh, wie hasste er diesen Kerl, der einem Affen ähnlicher war als einem Menschen, wie hasste er sie alle, diese braunen Wilden!
    Unentdeckt erreichten sie das kaum einen Kilometer flussaufwärts gelegene Dorf. Die Bewohner schliefen friedlich in ihren primitiven Hütten. Kaum waren sie angelandet, glitten die Piraten lautlos ans Ufer, mehr als hundert Gestalten schlichen sich zu den Hütten, ein Hund schlug an, und dann erhob sich ein markerschütternder Kampfschrei. Friedrich presste die Hände gegen die Ohren. Obwohl er es schon dutzendfach erlebt hatte, jagte ihm das teuflische Heulen noch immer eine eisige Kälte in die Glieder. Schon gingen die ersten der Bambusbehausungen in Flammen auf, stürzten die überrumpelten Bewohner ins Freie, wo sie mit blankem Eisen empfangen wurden. Ohnmächtig musste Friedrich das Wüten mit ansehen, den Tod der wehrhaften Männer, das Abschlachten der Alten, wurde Zeuge, wie junge Frauen an den Haaren gepackt und niedergerissen und kleine Kinder von den schreienden Müttern getrennt wurden. Niemals würde er gegen das Grauen dieser Nächte abstumpfen, im Gegenteil, jede weitere fachte seinen Hass auf die Peiniger umso heftiger an.
    Collister packte seinen Arm. »Los!«, schrie er. »Wir verschwinden.«
    Friedrich blickte über die Schulter. Der Platz des Aufsehers, der sie sonst bei Überfällen nicht aus den Augen ließ, war leer. Eine einmalige Gelegenheit, doch er zögerte. Das Boot konnten sie wohl verlassen, aber wohin sich wenden? Unheimlicher Dschungel umklammerte das Dorf, ein Wald so dicht und dunkel, dass ohne einen Parang kein Durchkommen war.
    Collister war

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