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Die Insel der Orchideen

Die Insel der Orchideen

Titel: Die Insel der Orchideen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: white
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Sklaven und Beute auf den Meeresgrund sandte.
    Friedrich blieb ein Jubelschrei im Hals stecken, als ihm klarwurde, dass ihm das Schiff keine Rettung brachte. Er sackte über seinem Ruder zusammen. Voller Bitterkeit wurde ihm bewusst, dass er selbst jetzt, im Angesicht des Todes, nicht fähig war, sein Schicksal in die eigene Hand zu nehmen.
    Ein Geschoss schlug neben ihrem Korokoro ein und brachte es zum Kentern. Friedrichs letzter Gedanke, bevor er von der Last des Boots unter Wasser gedrückt wurde, galt Johanna.

7
    Februar 1858 , drei Monate später
    J ohanna strich über die weit aufspringenden Ärmel ihres Hochzeitskleides. Es war wirklich schön, ein perlweißer Traum aus Volants und Spitzen, tief dekolletiert, gerüscht, gerafft und beinahe à la mode. Immer häufiger fanden Pariser Modemagazine ihren Weg in den Osten, und Mercy kaufte alle, derer sie habhaft wurde. Natürlich hatte die Freundin es sich nicht nehmen lassen, Johannas Brautkleid auszusuchen. In einem kaum vier Jahre alten Journal namens
Les Modes Parisiennes
war sie fündig geworden. Johanna hatte zu allem genickt. Es interessierte sie herzlich wenig, wie sie aussehen würde. Die bevorstehende Hochzeit war eine reine Formalität. Ein Geschäftsabschluss.
    Mercy steckte den Kopf zur Tür herein. »Nun komm schon mit hinunter. Die Diener haben meinen großen Boudoir-Spiegel gerade in den Salon gestellt. Willst du dich denn gar nicht bewundern?«
    »Gib mir bitte noch einen Moment. Ich muss mich gegen den Anblick wappnen.«
    Mercy runzelte die Stirn, zog sich aber zurück. Trotz aller Aufregung, die die Hochzeitsvorbereitungen mit sich brachten, wusste sie natürlich, dass ihre Freundin den Gang zum Altar fürchtete. Johanna presste sich die behandschuhten Finger gegen die Stirn und atmete tief durch. Sie tat das Richtige. Mehrmals wiederholte sie die Worte, ein Mantra, das sie durch die letzten drei Monate getragen hatte. Da der Mann, den sie liebte, nicht mehr unter den Lebenden weilte, war ein Ehemann so gut wie der andere, warum also nicht der begüterte Ross Bowie?
    Johanna stieß einen tiefen Seufzer aus, dann verließ sie ihr Zimmer. Ihr letzter Blick, bevor sie die Tür hinter sich zuzog, fiel auf das Bett. Eine Gänsehaut lief über ihre Arme. Bald würde sie nicht mehr allein schlafen und Ross Bowie seine ehelichen Pflichten bei ihr einklagen, was auch immer darunter zu verstehen war. Mercy hatte unaufgefordert mehrere Anläufe unternommen, sie über diese Pflichten in Kenntnis zu setzen, war dabei aber zu Johannas höchstem Erstaunen jedes Mal rot angelaufen und hatte es schließlich aufgegeben. Zumindest hatte die Freundin ihr versichert, dass es nicht schlimm sei.
    Im Salon zerrte Mercy sie umgehend in Position. Bisher hatte Johanna die unzähligen Anproben leidenschaftslos über sich ergehen lassen und kaum einmal einen Blick in den Spiegel geworfen. Als sie sich nun so abrupt mit ihrem lebensgroßen Abbild konfrontiert sah, prallte sie zurück. Dort stand wahrhaftig eine Braut. Eine schöne noch dazu, trotz der leichten Bräune und der Sommersprossen, die Johannas Protest gegen die wiederholten Ratschläge der Mutter und Mercys waren, sie möge doch mehr auf sich achtgeben und nicht dauernd den Hut vergessen. So würde sie also aussehen, wenn sie in zwei Wochen in Keasberry’s Church zum Altar schritt. Andrew Robinson hatte sich bereit erklärt, sie anstelle des Vaters in die Kirche zu geleiten. Sollte ich anfangen zu heulen, kann ich es immerhin auf die Abwesenheit meines Vater schieben, dachte Johanna bitter. Niemand wird ahnen, dass ich meine Zukunft beweine.
    Mercy tätschelte tröstend ihre Wange. »Bowie wird dir ein guter Ehemann sein.«
    »Und deinen Kindern ein guter Vater«, fiel Alwine Uhldorff ein.
    »Ja, das wird er«, murmelte Johanna. Sie meinte, was sie sagte. Ross Bowie trug sie auf Händen, seit sie seinen Antrag vor nunmehr drei Monaten angenommen hatte. Geldsorgen hatten sie keine mehr, denn er bestand schon jetzt darauf, die Miete für den Bungalow und die Unterhaltskosten sowohl für sie als auch für Leah und die Mutter zu bestreiten. Leah und er verstanden sich prächtig, was Johanna kaum verwunderte. Im Grunde hätte ihre jüngere Schwester eine passendere Ehefrau für ihn abgegeben. Nun, wahrscheinlich hegte er wie die meisten Männer – und Frauen – in der Kolonie seine Zweifel, ob Leah einen Haushalt zu führen imstande war.
    Wie auf ein Stichwort stand Leah in der Tür, mit wachsbleichem Gesicht.

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