Die Insel der Roboter
nur Professor Dr. Hetz daran teil. Auf der Tagesordnung stand:
1. Bericht Horst Heilig
2. Bericht Werner Frettien
3. Bericht Dr. Jürgen Tischner
Ebenso formlos wie die Tagesordnung begann Horst Heilig: »Es steht so gut wie fest, daß über die üblichen Geheimdienstkanäle keine Aktion gegen uns läuft. Das kann nur bedeuten, daß der Gegner auf höchster Ebene eine selbständige Gruppe gebildet hat, die uns bearbeiten soll. Das hat Vor- und Nachteile. Die Nachteile sind: Erstens kommen wir nicht so schnell an diese Gruppe heran. Zweitens kennen wir ihre Ressourcen und Methoden nicht. Drittens können wir nicht damit rechnen, daß wenigstens der eine oder andere Agent bei uns aktenkundig ist. Es hat aber auch seine Vorteile: Außer zwei, drei alten Hasen an der Spitze muß die Gruppe aus neuen Leuten bestehen, die frisch von der Schule kommen, also noch keine oder nur wenig praktische Erfahrung haben. Und eventuell aus zwei oder drei Leuten, die bisher an der langen Leine gelaufen sind – also bei uns leben, aber noch nicht eingesetzt wurden. Doch damit hat der Gegner schlechte Erfahrungen gemacht – wenn die Leute eine Weile hier gelebt haben, wollen sie nicht mehr, und manche melden sich bei den Sicherheitsorganen. Er wird also nur im Notfall auf solche Typen zurückgreifen, um nicht die Aktion zu gefährden. Wir werden das alles berücksichtigen müssen. Daß aber etwas im Gange ist, das ist nicht nur selbstverständlich, sondern auch beweisbar. Ich habe hier Auszüge aus einem Artikel, der in der ›New York Times‹ erschienen ist und von dem Chef der Beratergruppe des vorigen Präsidenten und derzeit führenden Politologen Kenneth T. Clyde stammt. Bitte lest ihn aufmerksam.«
Ich möchte dem Leser den Spaß gönnen – denn heute, aus der Rückschau, ist es natürlich ein Spaß –, sich mit diesem Artikel selbst auseinanderzusetzen, und zitiere deshalb hier seine hauptsächlichen Passagen.
Gefahren der Vollautomatisierung
Jedes Jahrtausend hat seine Unterdrücker und Unterdrückten. Ein Volk unterdrückte das andere, eine soziale Gruppe herrschte über die andere. Das alles haben wir hinter uns gebracht. Was aber wird das kommende Jahrtausend bringen? Werden die Automaten die Unterdrücker und die Menschen die Unterdrückten sein? Die Frage ist nicht neu. Sie ist nur in Vergessenheit geraten. Der Amerikaner hat sich daran gewöhnt, mit den Automaten zu leben. Er denkt: Diese Maschine, die meine Wäsche wäscht, meinen Kaffee kocht, mein Bad bereitet, mein Auto steuert – die soll mich unterdrücken? Ausgestattet mit dem robusten Selbstbewußtsein einer technisch führenden Nation, die zudem in der Vergangenheit mit jeder Art von Unterdrückung fertig geworden ist, findet er diese Frage lächerlich.
Aber sie ist es nicht. Sie ist im Gegenteil höchst aktuell. Freilich droht die Gefahr nicht von jenen Automaten, denen wir persönlich gegenüberstehen. Ihnen dürfen wir getrost den Rücken zukehren. Aber leider schicken wir uns auch an, jenem Bereich den Rücken zuzuwenden, der jahrhundertelang die Mehrheit der Menschen ernährt hat: der Fertigung unserer Waren. Wir verlassen diesen Bereich leichten Herzens, weil man uns sagt, das sei der Fortschritt, und beachten nicht, was nun hinter unserem Rücken geschieht. Und da geschieht allerhand.
Bisher blieb die Vollautomatisierung aus vielen Gründen Ausnahme. Einer dieser Gründe war, daß es in jedem Fabrikationsprozeß Teilabschnitte gibt, deren Automatisierung einen solchen Aufwand erfordert, daß die Sache unrentabel wird. Menschliche Arbeit war dort also unentbehrlich. Diese Einschränkung hat sich segensreich ausgewirkt. Sie hat verhindert, daß die schlimmen Befürchtungen eintrafen, die bereits um die Mitte des Jahrhunderts diskutiert wurden.
Es scheint aber nun, daß diese Schranke fällt. Amerika hatte ebenso wie die Sowjetunion begonnen, sich mit dem Projekt von Robotern zu beschäftigen, die den menschlichen Arbeiter ersetzen können, und zwar bis zum Ingenieur hinauf. Wissenschaftlich ist das heute möglich. Es könnte auch rentabel sein, wenn ein genügend großer Absatzmarkt von vornherein gesichert ist. Aber Amerika hat, auch aus Einsicht in die Gefahren solcher Entwicklung, dieses Projekt verworfen und aufgehört, sich damit zu beschäftigen, während im anderen Teil der Welt die Forschungen verstärkt weitergetrieben worden sind.
Damit bekommt die kommunistische Gefahr heute ein neues Gesicht: das seelenlose, metallisch glänzende,
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