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Die Insel der Roboter

Die Insel der Roboter

Titel: Die Insel der Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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hohem Druck und hoher Temperatur befassen sollte, krochen die Anzeiger für diese beiden Größen langsam und zitternd aufwärts. Bei Berta, vorgesehen für vakuumtechnische Arbeiten, sank der Luftdruck. Und Caesar, der kryotechnische Experimente ausführen sollte, hatte in seiner Kammer jetzt schon minus achtundfünfzig Grad Celsius. Für alle drei lagen bereits Auftragsarbeiten von verschiedenen Großforschungszentren vor, die zwar nicht die Kosten der Storos, aber doch die Einrichtung unserer INSEL decken würden.
    Unsere größte Sorge aber galt im Augenblick den Zeigern auf den Tafeln der Beobachtungskammern und der Stollenabschnitte. Denn wenn sich die Arbeitsbereiche nicht als absolut dicht erweisen würden, mußte der Prozeß abgebrochen werden, und die ganze Arbeit würde noch einmal von vorn losgehen – gar nicht zu reden von dem Zeitverlust für die Storos!
    Aber diese Zeiger blieben ruhig. Auch als die Anzeigen auf den Tafeln A, B und C ihre Extremwerte erreicht hatten und zitternd stehen blieben, regte sich auf den anderen Tafeln nichts.
    Sepp Könnecke wandte sich an den Professor. »Ich übergebe Ihnen die Anlage arbeitsbereit. Ich wiederhole bei dieser Gelegenheit und vor allen Mitarbeitern noch einmal die einfachen Sicherheitsvorschriften. Der Diensthabende im Stollen kontrolliert halbstündig die Anzeige, deren Duplikate in allen B-Kammern hängen. Jede Tür, insbesondere auch die der B-Kammern, ist nach dem Durchschreiten sofort wieder hermetisch zu verschließen.«
    »Ich danke Ihnen«, sagte der Professor, »und ich danke allen. Wir treten in den entscheidenden Abschnitt unserer Arbeit ein. Die diensthabende Schicht begibt sich in die B-Kammern, alle anderen verlassen den Stollen!«

    »Sehen Sie sich das an!« sagte der Professor bitter und gab uns einen Brief.
    Horst Heilig drehte das Schreiben hin und her und betrachtete es von allen Seiten. Ich sah ihm über die Schulter.
    »Die Unterschrift heißt: Flannigan O’Connor«, sagte der Professor. »Es war direkt an mich adressiert.«
    »Der Nobelpreisträger?« fragte Horst Heilig.
    »Ja. Lesen Sie.«
    Der Brief hatte folgenden Wortlaut:
    »Verehrter Herr Kollege,
    ich wende mich an Sie wie an eine Reihe anderer mir bekannter Gelehrter, von denen ich annehme, daß sie auf einschlägigem Gebiet arbeiten, mit der dringenden Bitte, die nachstehenden Überlegungen einer gründlichen Prüfung zu unterziehen.
    Kein Gelehrter kann heute mehr die Augen davor verschließen, daß er für die Folgen seiner Entdeckungen mitverantwortlich ist, und zwar unabhängig von der Ordnung, in der er gezwungen ist oder es vorzieht, zu leben und zu arbeiten.
    Es hat kein Jahrzehnt gedauert von der Entdeckung der Kernspaltung bis zu ihrer Verwendung in Gestalt der Atombombe, aber es hat fast ein halbes Jahrhundert gedauert, bis die ständige Gefahr einer atomaren Weltkatastrophe wenigstens auf ein erträgliches Maß herabgemildert werden konnte – ganz beseitigt ist sie ja heute noch nicht.
    Ich bin sicher, daß Sie, verehrter Herr Kollege, bis hierhin mit mir einer Meinung sind.
    Freunde, deren moralische Integrität für mich über jeden Zweifel erhaben ist, haben mich nun veranlaßt, meine Gedanken einem Problem zuzuwenden, das mir bisher zu unseriös erschien, weil es unter großem Geschrei und verbunden mit den unsinnigsten Redensarten überall breitgetreten wird. Ich meine die Gefahr, die in der neueren Entwicklungslinie der Automatisierung enthalten ist. Ernsthafte Studien haben mich zu der Überzeugung geführt, daß geistige Zurückhaltung gegenüber diesem Problem ein schwerer Fehler wäre.
    Ich gestehe, daß ich, um zu dieser Frage Stellung beziehen zu können, das Studium eines Gebiets habe aufnehmen müssen, das mir bisher durchaus fernlag, nämlich das Studium der Nationalökonomie. Aber ich bin mit einer eindeutigen und, wie ich meine, fundierten Position belohnt worden. Ich weiß heute, daß der darum entbrennende Wirtschaftskrieg nicht weniger schrecklich und opferreich als alle militärischen Kriege der Geschichte werden würde.
    Die Gefahr der militärischen Anwendung seiner Forschungen vermag heute jeder Wissenschaftler abzuschätzen. Aber die Geschichte wiederholt sich nicht, und um die Gefahr der wirtschaftlichen Anwendung einer Entdeckung zu durchschauen, sind fundiertere Kenntnisse nötig, als die meisten unserer Kollegen sie heute haben. Ich will Ihnen, verehrter Herr Kollege, meine Schlußfolgerungen nicht aufdrängen, obwohl ich nur zu gern

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