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Die Insel der roten Erde Roman

Titel: Die Insel der roten Erde Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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nicht mithalten, fand sie – aber sie war ja auch voreingenommen.
    »Bitte sagen Sie Lance zu mir. Darf ich Sarah zu Ihnen sagen?«
    Amelia war einen Augenblick sprachlos. Sie hatte zwar gehofft, von den Ashbys akzeptiert zu werden, aber dass es so leicht wäre, hätte sie sich nicht träumen lassen. »Gewiss, Mr Ashby … ich meine, Lance.«
    »Haben Sie sich schon ein wenig eingelebt?«
    »Ja, aber die Kinder haben Sehnsucht nach ihrem Vater. Sie können es kaum erwarten, bis er da ist.« Lance starrte sie ungeniert an, und das machte sie verlegen.
    »Das glaube ich gern. Sie werden die Kinder doch sicher für den Unterricht bei Miss Strathborne anmelden, unserer Lehrerin?«
    Amelia schaute ihn verstört an. »Das kann ich nicht. Das schickt sich nicht für jemanden in meiner Stellung.« Wusste Lance vielleicht gar nicht, dass sie eine auf Bewährung freie Strafgefangene war?
    Lance merkte, dass ihm ein Fauxpas unterlaufen war, mit dem er sie in Verlegenheit gebracht hatte. »Entschuldigen Sie bitte. Ich … ich habe nicht mehr daran gedacht, dass …« , stammelte er. Beide wurden rot und wussten nicht, wohin sie blicken sollten.
    Er hatte ganz vergessen, dass sie ihre Reststrafe bei Evan Finnlay verbüßte. Sie war so hübsch, nett und zurückhaltend, dass er gar nicht erst auf diesen Gedanken gekommen war.
    Sissie hatte Lance’ Bemerkung gehört und meinte: »Gabriel könnte doch mit uns zur Schule gehen, Sarah. Und du könntest uns begleiten. Papa hat bestimmt nichts dagegen.«
    »Dein Vater wird in ein paar Tagen hier sein«, antwortete Amelia. »Es ist besser, wir warten auf ihn.« Sie wollte Evan nicht verärgern. Gingen die Kinder erst einmal zur Schule und fänden sich weitere hilfsbereite Menschen wie die Ashbys, würde Evan sie, Sarah, vielleicht nicht mehr brauchen und nach Van-Diemens-Land zurückschicken.
    Sissie erriet ihre Gedanken. Auch sie fürchtete die Wutausbrüche ihres Vaters und wollte auf keinen Fall, dass er Sarah wegschickte.
    Lance, der ganz durcheinander war, hielt es für das Beste, sich zu verabschieden. »Tja, ich muss weiter. Ich hoffe, ihr werdet euch hier wohl fühlen.« Er sah nacheinander die Kinder an, doch sein Blick glitt immer wieder zu Amelia, an deren bezauberndem Gesicht er sich nicht satt sehen konnte. Das Sonnenlicht spiegelte sich in ihren warmen braunen Augen, die ihn regelrecht zu hypnotisieren schienen. Er kam sich wie ein linkischer Schuljunge vor, den die Gegenwart einer schönen Frau völlig verunsicherte.
    »Danke, dass Sie vorbeigekommen sind und sich vorgestellt haben«, sagte Amelia. Da Milo zu quengeln anfing, weil er durstig war, ging sie mit ihm ins Haus.
     
    Bereits im Anbau von Hope Cottage stieg Lance der köstliche Duft von frisch Gebackenem in die Nase. Als er die Küche betrat, nahm Polly gerade ein Blech mit Muffins aus dem Ofen.
    »Mmm, die riechen aber lecker!« Er schnappte sich einen Muffin vom Blech und ließ ihn dann von einer Hand in die andere hüpfen, weil er noch viel zu heiß war.
    »Sie werden sich noch die Finger verbrennen, Mr Ashby!«, tadelte Polly kopfschüttelnd.
    Lance fiel plötzlich auf, dass Polly ihn noch nie beim Vornamen genannt hatte, aber Miss Jones hatte er spontan gebeten, ihn mit Lance anzureden. Mit einem Mal kam er sich töricht vor, dass er sich von ihrer Schönheit hatte blenden lassen. Schließlich war sie bloß eine Farmhelferin, die obendrein im Gefängnis gesessen hatte. Dennoch konnte er nicht leugnen, dass sie ihn in ihren Bann gezogen hatte.
    Edna und Charlton hatten die Stimme ihres Sohnes gehört.
    »Lance?«, rief Edna.
    »Ich bringe Ihnen eine Tasse Tee und noch ein paar Muffins, Mr Ashby«, versprach Polly, als er in den Salon zu seinen Eltern ging.
    »Guten Morgen«, grüßte Lance. Charlton hielt ein Buch in der Hand, und Edna hatte ihre Stickarbeit im Schoß liegen. »Wo ist denn Amelia?«
    »In ihrem Zimmer«, antwortete Edna.
    Nachdem sie die richtige Amelia gesehen hatte, hatte Sarah sich unter dem Vorwand, sie habe nicht gut geschlafen und wolle sich ein wenig hinlegen, in ihr Zimmer zurückgezogen. Sie musste die ganze Situation überdenken. Im tiefsten Innern wusste sie, es wäre das Beste, Kangaroo Island umgehend zu verlassen – eine Begegnung mit ihr könnte für Amelia Divine der Auslöser sein, zu ihren Erinnerungen zurückzufinden. Doch die Aussicht auf das bevorstehende Erbe war zu verlockend. Und dann war da noch Lance. Nein, nach allem, was sie in den vergangenen Wochen

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