Die Insel der roten Erde Roman
achselzuckend. »Ich tue einfach meine Arbeit und kümmere mich sonst um nichts.«
Gabriel nickte. »Das ist das Beste.«
»Wie hat Edgar es aufgenommen, dass du weggehst?«
»Er versteht es.«
»Und Carlotta?«
Gabriels Miene wurde hart und abweisend. »Mir ist ein paarmal der Kragen geplatzt. Aber sie hat es geradezu herausgefordert.«
Hatte Carlotta versucht, ihn zu verführen? Obwohl Amelia schrecklich neugierig war, brachte sie es nicht über sich, ihn danach zu fragen.
»Als ich gestern Abend auf die Swordfish wartete, haben Edgar und ich offen miteinander gesprochen«, fuhr Gabriel fort. »Er war zufällig Zeuge einer Auseinandersetzung mit Carlotta am Abend meiner Rückkehr geworden. Da hat er erfahren, dass sie Milo Gift gegeben und dir unterstellt hat, ihren Ring gestohlen zu haben.«
Also hatte sie es zugegeben! Amelia war entsetzt über so viel Bösartigkeit; andererseits war sie froh, dass die Sache mit dem Ring sich aufgeklärt hatte.
»Edgar war außer sich.« Gabriel schüttelte den Kopf. »Das hat ihm die Augen geöffnet und ihm deutlich gemacht, dass er nicht mehr mit dieser Frau leben kann. Wahrscheinlich hat er auch gehört, wie ich zu Carlotta sagte, sie verschwende nur ihre Zeit, wenn sie versuche, mich zu verführen. Ich wünschte, Edgar hätte nie erfahren, wie schamlos sie sich hinter seinem Rücken benommen hat. Das ist demütigend für ihn. Er sagte, er wolle Carlotta nicht mehr in seinem Haus haben. Jetzt, wo ich fortginge, könne sie in mein Cottage ziehen. Und wenn seine Dienstzeit um sei, werde er nach England zurückkehren, und zwar allein.«
»Ich kann beim besten Willen kein Mitleid mit ihr haben«, sagte Amelia betrübt. »Was sie Milo angetan hat, ist unentschuldbar. Sie kann von Glück sagen, dass er wieder ganz gesund geworden ist. Edgar ist ein anständiger Kerl. Er hat etwas Besseres verdient als eine Frau, die anderen Männern schöne Augen macht und alles daransetzt, sie zu verführen.« Das Blut schoss ihr in die Wangen, als sie die Eifersucht aus ihren Worten heraushörte. Doch Gabriel zog nur die Brauen hoch, und seine Mundwinkel zuckten.
»Ich habe zwar nicht mitbekommen, dass die beiden sich gestritten hätten«, sagte er nachdenklich. »Aber Edgar hat in den letzten Tagen kaum ein Wort mit Carlotta gesprochen, und sie war ungewöhnlich still und zurückhaltend. Sie wolle fort von Cape du Couedic, hat sie mir gesagt. Ich weiß nicht, ob sie es ernst gemeint hat, aber ich habe sie jedenfalls gewarnt, sie solle sich auf keinen Fall in Kingscote blicken lassen.«
»Wird Edgar den Dienst im Leuchtturm allein schaffen?«
»Ganz bestimmt. Ich war den ganzen Winter allein, dann schafft er es im Sommer allemal. Sein Vertrag läuft nur sechs Monate, seine verbleibende Dienstzeit ist also überschaubar. Wie ich schon sagte, will er anschließend nach England zurück. Vielleicht geht Carlotta ja tatsächlich fort, dann hat er wenigstens seine Ruhe. Manchmal glaube ich, er hat ihre Wutausbrüche nur ertragen, um seinen Frieden zu haben.«
Amelia seufzte. »Ich hoffe, er findet eines Tages das Glück, das er verdient hat.«
»Ja, das wünsche ich ihm auch.« Nach einer kleinen Pause fuhr er fort: »Evan und Charlton wundern sich bestimmt schon, wo ich so lange bleibe. Ich mach mich besser wieder auf den Weg.« Da niemand in der Nähe war, gab er Amelia zum Abschied einen flüchtigen Kuss. Sie strahlte vor Glück.
Gabriel war kaum gegangen, als Sarah zurückkam. Amelia versuchte, ihren Blick aufzufangen, doch Sarah hatte eine hochmütige Miene aufgesetzt und tat, als wäre Amelia Luft für sie. So kann es nicht weitergehen, sagte sich Amelia, zumal wir jetzt Nachbarn sind. Sie nagte an der Unterlippe, holte dann tief Luft und sagte:
»Miss Divine, ich weiß, dass Sie mich für den Tod Ihrer Begleiterin verantwortlich machen. Aber meinen Sie nicht, es wäre an der Zeit, die Feindschaft zu beenden? Immerhin sind wir jetzt Nachbarn.«
Sarah, die zu stolz gewesen war, den ersten Schritt zu tun, erfüllte es mit Genugtuung, dass die andere den Anfang gemacht hatte. »Ja, mir ist auch schon der Gedanke gekommen, dass wir Frieden schließen sollten – natürlich vor allem um der Ashbys willen.«
Amelia freute sich, als sie das hörte.
»Ich kann Ihnen niemals verzeihen, was Sie Lucy angetan haben«, fuhr Sarah fort. »Aber ich bin bereit, wie ein erwachsener Mensch mit der Situation umzugehen.«
»Ich kann mich an nichts erinnern, das müssen Sie mir glauben«, sagte
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